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Menschenhafen

Menschenhafen

Titel: Menschenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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der man ein ganzes Bild stecken konnte.
    Wenn man sie zusammensetzt …
    Er suchte die Laubsäge aus der Werkzeugkiste und machte sich an die Arbeit. Als er die Ränder von neun Platten abgesägt hatte, schliff er sie mit Sandpapier ab, um glatte Flächen zu bekommen, auf denen der Leim hielt. Die Arbeit nahm sein ganzes Denken in Anspruch, und er bemerkte nicht einmal, dass sich vom Meer her die Morgendämmerung heranschlich.
    Erst als alle Ränder eben waren und er aufstand, um nach der ungeöffneten Tube Leim zu suchen, die seines Wissens noch irgendwo sein musste, warf er einen Blick aus dem Küchenfenster und sah, dass die Morgensonne das Licht des Leuchtturms auf Norrudden verblassen ließ.
    Morgen. Kaffee.
    Er schrubbte, bis er die schlimmsten Kalkablagerungen in der Kanne entfernt hatte, und goss Wasser in die Kaffeemaschine. In der Vorratskammer gab es ein ungeöffnetes Paket Kaffee, dessen Aroma höchstwahrscheinlich komplett verdunstet war. Er kompensierte dies, indem er doppelt so viel Kaffeepulver nahm wie sonst, und schaltete die Maschine ein.
    Er fand den Leim und verbrachte eine weitere halbe Stunde damit, Unebenheiten abzuschleifen und die Platten zusammenzufügen. Als er sein Werk betrachtete, schien die Morgensonne schräg zum Fenster herein.
    Neun Platten mit Platz für jeweils vierhundert Perlen waren jetzt zu einer einzigen zusammengefügt. Eine weiße, feinmaschig gelochte Fläche, die nun auf ihre 3600 Farbkleckse wartete. Anders nickte. Er war zufrieden mit sich. Jetzt hatte er etwas zu tun.
    Aber was soll ich stecken?
    Während er eine Zigarette rauchte und an dem Kaffee nippte, der wie nicht anders zu erwarten eher wie der Geist einer Tasse Kaffee schmeckte, betrachtete er die weiße Fläche und versuchte ein Bild zu finden, das er zusammenfügen würde.
    Man könnte eins von August Strindbergs wüsten Meergemälden aus Perlen stecken. Sicher. Aber dazu hatte er nicht genug Farbtöne. Etwas naiveres, wie ein Kinderbild. Kühe und Pferde, Häuser mit Schornsteinen. Aber das war keine Herausforderung.
    Kinderbilder …
    Er stierte zu Norruddens Leuchtturm hinüber und durchforstete sein Gedächtnis. Dann stellte er die Kaffeetasse ab und begann in den Schubladen zu wühlen. Er konnte sich einfach nicht mehr erinnern, was aus der Kamera geworden war.
    Er fand sie in der Krimskramsschublade, in der alles landete, was sich irgendwie noch verwenden ließ. Das Zählwerk zeigte an, dass zwölf Bilder gemacht worden waren. Mit einer Stiftspitze drückte er den Knopf zum Zurückspulen, und der Motor der Kamera begann träge und klagend zu kurbeln. Die Batterien waren so gut wie leer. Man hörte ein Klacken, woraufhin der Motor schneller arbeitete, weil er Leere kurbelte. Anders nahm die Filmrolle heraus und setzte sich wieder an den Küchentisch.
    Er schloss die Hand um den kleinen Blechzylinder, der kühl war, nachdem er so lange in der Schublade gelegen hatte. In seinem Inneren waren sie. Die letzten Bilder einer Familie. Er wärmte den Film in seiner Hand, wärmte die kleinen Menschen auf dem Eis, denen bald etwas Schreckliches widerfahren sollte.
    Er nahm die Filmrolle zwischen Daumen und Zeigefinger und studierte sie, als könnte er etwas davon sehen, was sich in ihr befand. Eine innere Stimme flüsterte ihm ein, dass er es besser nicht tun sollte, dass er diese Familie für immer glücklich unwissend in diesem Zylinder lassen, sie nicht freisetzen und in den Sumpf hineinziehen sollte, der sein Leben heute war. Dass er sie in ihrer kleinen Kapsel aus Zeit lassen sollte.
    Jemand hasst uns
    Mit der ersten Tasse Kaffee neben sich saß Simon am Küchentisch und starrte auf die halb geöffnete Streichholzschachtel herab. Dort lag die schwarze Larve und rührte sich nicht, aber Simon wusste, dass sie lebte.
    Er hatte die Lippen zusammengepresst und sammelte Spucke in seiner Mundhöhle. Als er genug beisammen hatte, ließ er sie in die Schachtel herabtropfen. Die Larve bewegte sich schwach, gleichsam schlaftrunken, als die Spucke ihre glänzende Haut traf, und Simon sah zu, während der Speichel langsam aufgesaugt wurde und verschwand.
    Er hatte erfahren müssen, dass es sich hierbei um ein morgendliches Ritual handelte, das so notwendig war wie pinkeln und Kaffee trinken.
    Eine Woche nachdem Spiritus in seine Obhut gelangt war, hatte er die Streichholzschachtel eines Morgens in der Küchenschublade liegen gelassen, ohne hineinzuspucken, und das Boot aufs Festland genommen, um dort einkaufen zu

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