Menschenhafen
Treppe zum Laden stand. Anschließend sammelten sie gemeinsam die Trümmer ein. Als der Korb voll war, ging Göran zum Hafen hinunter, um einen leeren Behälter zu holen, während sich Simon auf die Treppe setzte und den Schweiß aus der Stirn wischte.
Das ist so verdammt unnötig. Eine Menge Ärger, nur weil jemand … hasst.
Er schnitt eine Grimasse und rieb sich die Augen.
Oh ja. Wenn jemand stark genug hasst, ist beim besten Willen nicht absehbar, wie viel Ärger daraus entstehen kann. Dann muss man wohl eher dankbar sein, wenn es nur bei Briefkästen bleibt.
»Simon?«
Simon blickte auf. Anders stand mit einem Brief in der Hand vor ihm und schaute sich um. »Wo sind denn die Briefkästen?«
Simon erklärte ihm, was passiert war und dass Anders seinen Brief Mats geben musste, der im Übrigen gerade mit dem blauen Postsack im Arm vom Hafen heraufkam. Hinter ihm gingen Göran und Holger.
Göran hatte eine Rolle schwarzer Plastiksäcke aufgetrieben und begann einen von ihnen mit den Bruchstücken zu füllen. Holger vergrub die Hände in den Hosentaschen und starrte Anders an.
»Ach, sieh einer an«, sagte er. »Wir haben fremden Besuch. Wann bist du gekommen?«
»Gestern.«
Dazu nickte Holger lange und ausgiebig. Sein Blick suchte erst bei Mats und anschließend bei Göran erfolglos Unterstützung. Als Göran ihm einen eher verärgerten Blick zuwarf, schien Holger sich wieder zu erinnern, wie die Dinge lagen.
»Ach ja, übrigens, mein Beileid«, brachte er heraus.
Man erörterte eine Weile, was man nun mit der Post anstellen sollte. An diesem Tag würde wohl Mats auf die Leute warten und ihnen erklären müssen, was passiert war. Anschließend würde sich jeder so schnell wie möglich einen neuen Briefkasten anschaffen müssen. In der Zwischenzeit konnte ein Plastikeimer mit Deckel oder schlimmstenfalls eine Tüte als Ersatz dienen. Man brauchte bloß seine Briefkastennummer darauf notieren.
Anders wedelte mit seinem Schreiben. »Und was mache ich jetzt mit dem? Es ist ein Film, der entwickelt werden soll. Ich möchte nicht, dass er verloren geht.«
Mats nahm den Brief entgegen und versprach, sich darum zu kümmern, dass er befördert wurde. Anschließend verteilte er die Post an die Anwesenden. Keine Briefe für Simon, nur die Norrtelje Tidning und Reklame für irgendeinen Rentenfonds.
Als Simon und Anders aufbrachen, um heimzugehen, sagte Göran: »Du vergisst es nicht?«
»Nein, nein«, antwortete Simon. »Ich komm die Tage mal vorbei.«
Sie nahmen den Weg am Ufer entlang. Die Bootsstege der Sommerurlauber lagen verwaist. Am Wochenende würde unter Umständen der eine oder andere noch herauskommen, aber ansonsten war die Saison für dieses Jahr vorbei.
»Was sollst du nicht vergessen?«, fragte Anders.
»Göran ist vor einer Weile auf die Insel zurückgezogen, als er in Rente gegangen ist. Aber er hat keinen Brunnen und will, dass ich mit der Wünschelrute gehe und Wasser für ihn finde.«
»Wie machst du das eigentlich?«
»Üben, üben und nochmal üben.«
Anders versetzte Simon einen leichten Schlag auf die Schulter. »Hör auf. Das ist doch keine Zauberei. Ich frag mich das wirklich.«
»Oh doch. Auch das ist eine Art Zauberei. Kommst du mit zu Anna-Greta?«
Anders ließ das Thema fallen. Simon war seit Jahren der Wassersucher für die ganze Gegend. Wenn jemand einen Brunnen bohren wollte, wandte man sich an Simon, um eine Wasserader zu finden. Simon kam, ging mit seiner Wünschelrute und bestimmte am Ende eine geeignete Stelle. Bis jetzt hatte er sich noch nie geirrt.
Anders schnaubte. »Holger scheint zu glauben, ich hätte das gemacht.«
»Du weißt, dass seine Frau letztes Jahr ertrunken ist?«
»Sigrid? Nein, das hab ich nicht gewusst.«
»Sie ist mit dem Boot rausgefahren, um Netze einzuholen, und nicht zurückgekommen. Das Boot hat man ein paar Tage später gefunden, Sigrid jedoch nicht.«
Sigrid. Einer der wenigen Menschen, vor denen Anders als Kind Angst gehabt hatte. Ein übervolles Fass, das ständig auf den Tropfen wartete, der es zum Überlaufen bringen würde, was alles Mögliche sein konnte. Das Wetter, das Geräusch von Fahrrädern, eine Wespe, die ihrem Eis zu nahe kam. Wenn Anders ihr Heringe verkauft hatte, war er immer sorgsam darauf bedacht gewesen, ihr die größten und schönsten herauszusuchen, und hatte ihr eher ein paar Hundert Gramm zu viel als ein Gramm zu wenig gegeben.
»Hat sie sich ertränkt?«
Simon zuckte mit den Schultern. »Manche glauben
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