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Menschenhafen

Menschenhafen

Titel: Menschenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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und füllte sein Glas von Neuem.
    Er machte sich weniger Sorgen um Marita in ihrer Eigenschaft als Ehefrau, sondern vor allem um Marita als seine Assistentin. Die Vorstellungen in Nåten begannen in drei Tagen. Wenn sie nicht auftauchte, würde er einige seiner besten Nummern streichen müssen: das Gedankenlesen und die Hut schachtel. Es ging auch ohne sie, aber er wollte in Nåten gute Vorstellungen geben.
    Simon nahm einen großen Schluck und seufzte. So hatte er sich sein Leben nicht vorgestellt. Es funktionierte, aber das war auch schon alles. Irgendwann war ihm die Freude daran abhandengekommen. Sein Blick ruhte auf dem Wasser, das in den Farben des Sommerabends seidenweich aussah. In weiter Ferne schrie eine Möwe.
    Ja, ja. Die Freude gibt es. Nur nicht hier.
    Hinter sich hörte er das Rascheln von Füßen und ein leises Knirschen. Mühsam wandte er sich auf seinem Stuhl um und sah Johan, der eine Schubkarre durchs Gras schob. Er trug über einer Badehose nur ein großes Hemd voller feuchter Flecken, und seine Haare waren nass.
    »Du bist das?«, sagte Simon. »Was hast du denn da?«
    Johan grinste und fuhr mit der Schubkarre heran, in der alle Ketten und Schlösser lagen, die Simon auf dem Meeresgrund zurückgelassen hatte. Johan kippte sie zu Simons Füßen aus.
    »Das wäre doch Verschwendung gewesen.«
    Simon lachte auf. Er hätte Johan gern über die Haare gestrichen, aber zum einen war er in diesem Moment nicht fähig aufzustehen, und zum anderen war er sich nicht sicher, ob das richtig gewesen wäre. Stattdessen nickte er nur und sagte: »Das wäre es in der Tat. Danke. Setz dich, wenn du willst.«
    Johan setzte sich in den zweiten Gartenstuhl und atmete durch.
    »Wie hast du das geschafft?«, fragte Simon. »Muss schwer gewesen sein.«
    »Stimmt«, erwiderte Johan. »Die Ketten anheben ging ja nicht, also musste ich einen Haken an ihnen befestigen und sie einzeln ans Ufer schleifen.«
    So machte Simon es sonst auch immer, und er hatte vorgehabt, es auch diesmal so zu halten. Das würde er nun jedoch tunlichst für sich behalten, und er war dankbar, dass ihm die Arbeit erspart blieb.
    »Nicht schlecht«, meinte Simon.
    »Nee«, sagte Johan und schob eine Hand in die Hemdtasche. »Und dann hab ich noch das hier. Das lag in dem Sack.«
    Johan übergab Simon ein dünnes, keilförmiges Metallstück und sah ihn verschwörerisch an. Simon hob die Augenbrauen und stopfte das Metallstück in seine Brusttasche.
    Johan lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sagte: »Ich kapier trotzdem nicht, wie du es machst.«
    »Willst du es wissen?«
    Johan setzte sich kerzengerade auf. »Ja!«
    Simon nickte.
    »Geh dir aus dem Kühlschrank eine Limonade holen. Mein Portemonnaie liegt auf dem Küchentisch. Du kannst dir für deine Mühe mit den Ketten einen Fünfer herausnehmen. Dann kommst du wieder raus, und ich erzähl es dir.«
    Johan schoss in die Höhe und flitzte ins Haus. Eine halbe Minute später war er zurück. Simon begriff nicht, warum er das gesagt hatte. Es war ihm einfach so herausgerutscht. Normalerweise enthüllte er seine Geheimnisse nie. Es lag bestimmt am Cognac, an der Stimmung. Außerdem hatte Johan ja schon das Einzige entdeckt, was daran Schummelei war.
    Also erzählte er. Als er schließlich verstummte, war die Limonade leer, und die Förde hatte sich zu einem tiefblauen Teppich verdunkelt, durch den das Licht von Gåvasten dünne Schrammen zog. Eine Fledermaus zuckte auf der Jagd nach nächtlichen Insekten durch die Luft.
    Johan rülpste Kohlensäure und sagte: »Ich finde, es klingt trotzdem ziemlich gefährlich.«
    »Mag sein«, sagte Simon. »Aber wenn man nur …« Ihm schoss ein Gedanke durch den Kopf, und er hob Johan zugewandt warnend einen Finger. »Das ist nichts, was du selbst ausprobieren darfst!«
    »Nein, nein.«
    »Versprichst du es mir?« Simon streckte seinen Daumen zu Johan aus. »Daumen drauf?«
    Johan lächelte und rieb seinen Daumen an Simons. Anschließend inspizierte er ihn, als wollte er nachsehen, ob es irgendwo in dem Fingerabdruck eine verbindliche Absprache gab, und sagte ruhig: »Ich glaube, Mama hat sich ein bisschen in dich verliebt.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    Johan zuckte mit den Schultern. »Ich glaube es einfach. Sie benimmt sich komisch.«
    Simon trank den letzten Schluck aus seinem Cognacschwenker und schenkte sich nichts mehr nach. Er hatte genug getrunken, sein Körper war angenehm warm. Er hielt das Glas hoch, sodass sich das Licht des Leuchtturms durch

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