Menschenhafen
eine Zeit lang an, tätschelte sie und versuchte ihr gut zuzureden, ihr einzureden, dass nichts an ihrem Vergaser oder etwas anderem war, woran er nichts ändern konnte. Dass es an der Zündkerze gelegen hatte und dieser Fehler nun behoben war.
»Weißt du, ich brauche doch Brennholz, wenn ich hierbleiben will. Wenn ich kein Brennholz habe, muss ich umziehen, und dann musst du leider draußen im Schuppen stehen und noch einen Winter vor dich hin rosten.«
Er trank einen Schluck Wein, dachte nach und erkannte, dass seine Argumentation nicht stichhaltig war. Die Säge würde auch dann draußen stehen müssen, wenn er Brennholz bekam.
»Okay, wir sagen Folgendes. Wenn du jetzt anspringst, darfst du diesen Winter im Warmen stehen, wo du besser auch schon früher gestanden hättest. Mein Fehler. Okay?«
Mit dem Absatz quetschte er die Zigarette in den Teppich aus altem Sägemehl, der den Erdboden bedeckte.
Ich rede viel. Ich rede mit allem.
Er hob die Säge an, zog den Choke, atmete tief durch und ruckte am Seilzug. Der Motor hustete kurz, ein Zylinder sprang an, und Anders drückte schnell den Choke rein, aber der Motor war schon wieder aus. Als er noch einmal zog, sprang er an. Anscheinend war die Säge offen für Argumente.
Die Kette war fast neu, und die Stämme ließen sich mühelos in passende Stücke zerteilen. Als der Tank leer war, hatte er ein Drittel des vorhandenen Brennholzes klein gesägt.
Als er den Ohrenschutz abnahm, rauschte es in seinem Kopf. Während der guten halben Stunde, die er mit der Säge über die Stämme gebeugt gestanden, gesägt und weitergerollt, gesägt und weitergerollt hatte, war sein Kopf leer gewesen. Keine schlimmen Gedanken, keine guten Gedanken, nichts. Nur das Brüllen der Säge und das Kitzeln des Sägemehls, das gegen die Schienbeine schlug.
Es wäre möglich, so zu leben .
Er war verschwitzt und sein Mund klebrig, aber statt seinen Durst mit Wein zu stillen, ging er ins Haus und trank eine große Kelle Wasser. Es war ihm schon lange nicht mehr so gut gegangen, er fand sich sogar ein bisschen lebenstauglich. Dieses Gefühl hatte er fast vergessen.
Als er wieder zu seinem Brennholz hinauskam, trank er zur Feier des Tages die letzten Schlucke aus der Flasche, rauchte eine Zigarette und holte die Axt. Mehr als die Hälfte des Brennholzes war Fichtenholz, das zwei Jahre getrocknet hatte. Damit fing er an. Es war harte Arbeit, bei den meisten Klötzen dauerte es Minuten, sie zu spalten. Zwischendurch entspannte er sich mit einem Stück Birke oder Erle. Er hatte eine knappe Stunde mit der Axt gearbeitet, seine Arme schmerzten, und er fühlte sich reif für den Feierabend, als das Gefühl wieder da war. Hinter seinem Rücken stand jemand und beobachtete ihn. Diesmal bekam er keine Angst. Mit der Schneide fegte er einen Birkenzweig herab, der auf dem Hackklotz lag, packte den Stiel der Axt fester und fuhr herum.
»Wer bist du?«, rief er. »Zeig dich! Ich weiß, dass du da bist!«
Die gelben Blätter der Espen raschelten, und er blickte mit zusammengekniffenen Augen auf die zitternden Blätter, als wären sie Metallplättchen auf einem Reklameschild. Jeden Moment würde eine Botschaft hervortreten oder ein Gesicht auftauchen. Aber es kam nichts. Nur das Gefühl einer dunklen Bedrohung blieb. Jemand, der ihn maß und sein Messer schliff.
Plötzlich hörte man ein Flattern, und ein dunkler Ball flog an seinem Kopf vorbei. Instinktiv hielt er schützend die Axt hoch, aber der Ball flog an seinem Kopf vorbei; und im nächsten Moment hörte man aus dem Werkzeugschuppen einen dumpfen Knall.
Ein Vogel. Das war ein Vogel.
Er senkte die Axt. Der Vogel fuhrwerkte im Schuppen, es ertönte ein panisches Zischen von Federn und Scharren von Krallen. Es war ein kleiner Vogel, das hörte man am Geräusch. Anders wartete. Das Gefühl, beobachtet zu werden, war verschwunden.
Der Vogel?
Nein, der Vogel hatte ihn nicht beobachtet. Es war etwas Größeres und Dunkleres gewesen. Der Vogel war nur zufällig vorbeigekommen. Anders machte zwei Schritte auf den Schuppen zu und lugte zur Tür hinein. Auch wenn es sich um ein klei nes Lebewesen handelte, gab es doch etwas an Vögeln in geschlossenen Räumen, das zur Vorsicht gemahnte. Die plötzlichen, schnellen Bewegungen, der Schnabel und die Krallen. Sie mochten klein sein, aber sie waren auch scharf.
Erst als er sich bis zum Türrahmen vorgewagt hatte, sah er ihn. Mit Vogelarten kannte er sich nicht aus, vielleicht war es ein Dompfaff. Oder
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