Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer
saßen.
»Der Mann hieß, oder vermutlich heißt er immer noch so, Bum Kun Cha. Besser auch bekannt als Tscha Bumm.«
»Und wer soll das sein? Hat er was mit unserem Fall zu tun?«
Lenz lachte laut los.
»Nein, das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Bum Kun Cha war ein koreanischer Fußballspieler in Diensten von Eintracht Frankfurt. Er bekam vermutlich zu genau jener Zeit dort einen Vertrag, als die beiden Eberhardt-Brüder eben nicht genommen wurden. Deshalb konnte sich die gute Ilse auch noch an seinen Namen erinnern.«
»Und du mit deinem Lochfraß im Hirn hattest den auch noch auf dem Schirm?«, erkundigte sich Hain zweifelnd. »Das kannst du von mir aus deiner Großmutter erzählen.«
Wieder ein Lachen von Lenz, der sich jedoch eines widersprechenden Kommentars enthielt.
»Und was soll diese Tscha-Bumm-Nummer? Ist das dessen Spitzname?«
»Gut kombiniert, Watson«, gab Lenz zurück. »Ich glaube, es war die Bild-Zeitung, die ihn zuerst so genannt hat, und damit war die Namenskreation praktisch in Stein gemeißelt.«
Der Oberkommissar warf einen weiteren Blick nach rechts, diesmal allerdings einen anerkennenden.
»Du kannst dich scheinbar wirklich an den Knaben erinnern«, formulierte er vorsichtig. »Aber …«
Damit brach er ab.
»Eigentlich ist es sowohl für mich als auch für uns und unsere Ermittlungsarbeit völlig Banane, ob du mir nun die Taschen voll machst oder dich tatsächlich an einen koreanischen Fußballspieler aus den Achtzigern erinnerst. Mir jedenfalls hätte der Name absolut gar nichts gesagt.«
»Und deshalb bin ich auch der Boss und du der …«
»Vorsicht!«, stieß Hain warnend aus. »Überleg dir jetzt genau, was du sagst, alter Mann. Sonst lass ich dich beim nächsten Eierdieb, der stiften gehen will, hinterherflitzen.«
»Besser nicht«, bat Lenz, wurde dann jedoch wieder ernst.
»Die Mutter tut mir echt leid«, sinnierte er laut.
»Mir auch. Schon scheiße, wenn das Leben mit einem Schlag so in Trümmer gelegt wird.«
»Aber irgendwie war die Frage, ob wir uns jetzt um die Beerdigung kümmern, auch wieder charmant. Was die Leute sich immer so denken?«
»Na ja, das kommt, wenn man sich zu viele schlechte Krimis in der Glotze anschaut. Und davon gibt es ja nun wirklich nicht zu wenige.«
»Auch wieder wahr. Und jetzt lass uns losfahren, wir haben noch einen weiteren Besuch vor uns.«
»Leider, ja.«
Auf dem Hof der alten Industriebrache, direkt vor dem Haus, in dem die beiden Eberhardt-Brüder gemeinsam mit Regina Priester gewohnt hatten, parkte ein Notarztwagen. Die rotierenden Blaulichter wurden von den schneebedeckten Flächen reflektiert, sodass ein fast künstlerisch anmutendes Lichtspiel die Szenerie des grauen Wintertages erhellte.
»Verdammt«, murmelte Hain. »Hoffentlich ist ihr nichts passiert.«
Er parkte den Kombi in gebührendem Abstand zu dem Rettungswagen, drehte den Schlüssel um und sprang aus dem Auto. Lenz hatte bereits die Tür aufgerissen, als der Toyota noch rollte, und war schon auf der ersten Treppenstufe.
»Was ist passiert?«, wollte er keuchend von einem Rettungsassistenten wissen, der mit einer Zigarette in der Hand neben dem Notarztwagen stand.
»Nichts, was Sie interessieren sollte«, erwiderte er barsch. »Wer sind Sie überhaupt?«
»Kripo Kassel. Ist sie …?«
Der Mann in dem feuerroten Zweiteiler nahm einen tiefen Zug und warf die Kippe in den Schnee, bevor er sich zu einer Antwort bemüßigt sah.
» Hat sie als Fragestellung käme der Sache vermutlich deutlich näher«, stellte er seelenruhig fest.
»Was, hat sie … ?«
»Na, hat sie schon geworfen oder wird sie es erst noch machen?«
»Sie meinen, entbinden?«
»So kann man es auch nennen.«
»Robert!«, rief in diesem Augenblick eine Frauenstimme aus dem Haus. »Komm rein, wir müssen sie ins Klinikum einliefern.«
»Soll ich die Trage schon mitbringen?«
»Klar, oder willst du dir die Frau auf den Buckel schnallen?«, kam als genervte Antwort.
In der Tür wurde ein weiterer Mann sichtbar, der auf den Rettungswagen zuhielt und Lenz und Hain, die mittlerweile nebeneinander auf der unteren Stufe standen, keines Blickes würdigte.
»Komm, du fauler Sack«, keifte er stattdessen in Richtung seines Kollegen. »Die Tussi ist nicht gut beieinander und braucht dringend einen Gynäkologen.«
»Können wir trotzdem kurz mit ihr sprechen?«, mischte Lenz sich von der Seite ein.
Die beiden Sanitäter drehten sich um und zuckten parallel mit den
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