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Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Titel: Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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auf, sodass die beiden Frauen sich ins Gesicht sehen konnten. Beide hatten eine mehr oder weniger ausgeprägte Blutkruste über der Stirn.
    »Ist schon gut. Und jetzt lass uns da rübergehen und nach dem Lichtschalter suchen, sonst frieren wir noch hier an der Stelle fest.«
    Sie bewegten sich nebeneinander und mit kurzen Schritten in die Richtung, aus der sie sich eine Verbesserung ihrer Situation erhofften. Yoko bemerkte, dass ihr rechter Daumen, mit dem sie die Sperrtaste des Einwegfeuerzeugs herunterdrückte, heiß wurde. Zu heiß.
    »Warte, warte«, forderte sie. »Mir brennt der Daumen ab, ich muss die Hand wechseln.«
    Die Flamme ging aus, das Feuerzeug wanderte in die Linke, und kurz darauf erklang das vertraute Ratschen des Zündsteins. Der gellende, markerschütternde Schrei, der im gleichen Augenblick das Kühlhaus erbeben ließ, hätte selbst dem härtesten Mann einen Schauer über den Rücken laufen lassen.

25
     
    Die beiden Polizisten tauschten einen kurzen Blick, dann legte Hain den rechten Zeigefinger auf den Taster und schob ihn nach vorn. Es dauerte etwa zehn Sekunden, bevor eine Frauenstimme erklang.
    »Ja, bitte?«
    »Mein Name ist Thilo Hain, guten Abend. Mein Kollege und ich sind von der Kriminalpolizei Kassel und hätten ein paar Fragen an Sie.«
    Es entstand eine kleine Pause.
    »An mich? Warum? Um was genau geht es, bitte?«
    Nun war ein Akzent in der Sprache der Frau deutlich wahrzunehmen.
    »Es geht um …«
    Hain kramte sein Notizbuch hervor und öffnete es.
    »… eine gewisse Yoko Tanaka. Sie soll nach unseren Informationen hier wohnen.«
    »Ja, das stimmt schon«, kam es schnell aus dem kleinen Lautsprecher. »Yoko wohnt hier bei uns. Aber sie ist leider nicht zu Hause.«
    »Ist sie eine Angestellte von Ihnen?«
    »Ja … nein. Nun ja, doch, eigentlich schon. Sie arbeitet für uns. Aber sie ist auch eine Verwandte meines Mannes.«
    »Ist Ihr Mann auch zu Hause?«
    »Nein, er ist auf einem Empfang des Oberbürgermeisters.«
    Lenz und Hain tauschten einen weiteren Blick aus.
    »Gut, Frau …?«
    »Tondo. Mein Name ist Tondo.«
    »Ja, Frau Tondo. Wir hätten, wie gesagt, noch ein paar Fragen wegen Yoko Tanaka. Wäre es denkbar, dass wir Ihnen die Fragen im Haus stellen?«
    »Entschuldigung«, kam es nach einer kurzen Denkpause, »das habe ich nicht verstanden.«
    »Wir würden Ihnen unsere Fragen zu Yoko Tanaka gerne im Haus stellen. Wäre es möglich, dass Sie uns in Ihr Haus ließen?«
    Wieder eine Pause.
    »Eigentlich nicht, nein. Wenn mein Mann nicht zu Hause ist, ist mir das nicht recht.«
    »Bitte bedenken Sie, dass wir von der Polizei sind, Frau Tondo. Unser Anliegen ist wirklich dringend.«
    »Gut. Können Sie Ihre Ausweise kurz ins Licht halten?«
    Kurz nachdem die Beamten der Bitte nachgekommen waren, öffnete sich mit einem leisen Summen das Tor. Im Vorübergehen warf Hain einen kurzen Blick nach oben, dorthin, wo sich die nahezu winzige Überwachungskamera versteckte, die er bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal erahnt hatte. Die Beamten stapften durch den frischen Schnee, bis sie an einer Freitreppe angekommen waren, die zur Haustür hinaufführte. Dort wartete eine etwa 50-jährige, grauhaarige, griesgrämig dreinschauende Japanerin auf sie.
    »Guten Abend«, begrüßte sie zunächst Lenz und danach Hain mit überraschend festem Händedruck, wobei sich jeder vorstellte. Danach bat die Frau ihre Besucher ins Innere des Hauses, bog jedoch gleich hinter der Haustür nach links ab und betrat einen kleinen Raum, der offenbar für Anlässe wie diesen benutzt wurde. Bis auf den diffus beleuchteten Eingangsbereich bekamen die Polizisten nichts von dem Haus zu sehen.
    »Also, bitte«, begann die Frau, nachdem alle drei sich in edel anmutenden Freischwingern an einem kleinen Tisch niedergelassen hatten. »Was wollen Sie von mir wissen?«
    »Zunächst würde uns interessieren, wann Sie Yoko Tanaka zum letzten Mal gesehen haben.«
    Frau Tondo überlegte kurz.
    »Das war heute, am frühen Abend. Ich hatte in unserem Betrieb ein paar Dinge zu erledigen, dabei haben wir uns getroffen.«
    »Wann genau war das?«
    »Etwa um Viertel vor sechs.«
    »Ist Ihnen dabei irgendetwas Ungewöhnliches an Frau Tanaka aufgefallen?«
    »Nein, sie war wie immer.«
    »Was arbeitet sie in Ihrem Betrieb?«
    »Sie ist Rezeptionistin.«
    »Und sie hat hier im Haus eine Wohnung?«
    »Nein, keine richtige Wohnung. Sie bewohnt ein Zimmer im Untergeschoss. Wir haben öfter Verwandte aus Japan, die für eine Weile

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