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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Motta an).
    Einen Tennisplatz sollte es auf der Insel geben, das stand im Prospekt, und wenn es auch lange her war, seit ich ein Racket in der Hand gehalten hatte, so würde ich mir immer noch zutrauen, ein paar Bälle übers Netz zu bringen. Nur wegen der Kondition hatte ich gewisse Zweifel. Egal, emm we ess = man wird sehen.
    Ich nahm meiner dösenden Tochter das Buch aus der Hand – vor einer halben Stunde hatte sie zum letzten Mal umgeblättert – und legte es zur Seite. »Was hältst du davon, wenn wir mal die Insel inspizieren? Nicht bloß querdurch und ein bisschen am Rand, sondern ganz gründlich.«
    »Gar nichts. Vielleicht später, ist doch jetzt viel zu heiß.
    »Und wann ist es deiner Ansicht nach kühler?«
    »Abends.«
    »Richtig. Und was ist es abends noch?«
    »Zeit zum Essen.« Na ja, jeder muss wissen, wo er seine Prioritäten setzt.
    »Das auch, aber in erster Linie ist es dunkel, und im Dun keln sieht man nichts. Klar?«
    »Durchaus«, sagte Steffi und griff wieder zu ihrem Buch. »Ich will nämlich den Tennisplatz suchen.«
    »Und dazu brauchst du mich? So’n Platz ist dreißig Meter lang und mehr als halb so breit, den findest du auch ohne Brille!«
    Es gibt immer wieder Momente, in denen ich mich frage, was ich bei der Erziehung falsch gemacht habe!
    So zog ich allein los und entdeckte:
    Erstens: Ein neue Passage zu unseren Bungalows. Man brauchte nur ein Stück weiter am Strand entlangzugehen, dann musste man scharf links einbiegen und mehrere verrottende Baumstämme übersteigen, um die ersten Treppenstufen zu erreichen, wobei die Bezeichnung Treppe etwas zu hoch gegriffen ist. Sie erinnerte mehr an einen Gebirgssteig, der schon lange wegen Einsturzgefahr geschlossen ist. Immerhin sah der unerwartet steile Weg noch ganz solide aus, hatte auch eine Art Geländer, und selbst einen Absturz würde man überleben, denn der Berg – und es war tatsächlich einer, mindestens 20 Meter hoch!! – fiel ganz gemächlich zum Meer hin ab (für etwaige Blessuren war ja der Doc da!). Auf dem Gipfel stand eine Hütte, die ein bisschen an das Kartenhäuschen am Nebeneingang vom Zoologischen Garten erinnerte, unauffällig, aber trotzdem nicht zu übersehen. An der zwischen zwei Palmen befestigten Leine flatterte neben drei Oberhemden eine Miniaturausgabe der blau-rot-weißen Flagge mit der Sonne und den drei Sternen drumherum, also schien es sich um ein offizielles Bauwerk zu handeln.
    Entweder war niemand da, oder aber die Filipinos sind nicht neugierig, jedenfalls kam keiner und wollte von mir wissen, was ich denn hier oben mache. Es ging sowieso gleich wieder bergab, dann stand ich plötzlich am Wasser, hörte die Brandung rauschen, schob mich vorsichtig an einer ins Meer ragenden Mangrove vorbei und erblickte keine zehn Schritte entfernt meinen Bungalow! Heureka! Ich hatte einen wesentlich kürzeren Weg von den Restaurationsgebäuden zu unseren Quartieren gefunden! So ähnlich musste sich Fernando Magellan gefühlt haben, als er vor bald fünfhundert Jahren den Seeweg zwischen Südamerika und Feuerland entdeckt hatte! War der nicht sogar ein Filipino gewesen? (Dass »meine« Passage nur bei Ebbe begehbar war, stellte sich heraus, als die Mangrove plötzlich im Wasser stand und ich ein Affe hätte sein müssen, um mich durch das Geäst hangeln zu können. Wir zogen weiterhin den Landweg vor!)
    Zweitens: Eine mir unbekannte Schlange, die nach Auskunft nahezu sämtlicher Angestellten absolut harmlos gewesen sein sollte, obwohl ich keinerlei Angaben über Länge, Farbe und sonstige Merkmale machen konnte, weil ich – man erinnere sich! – einen Horror vor allem habe, was auf der Erde kriecht. Ich konnte mich zwar erinnern, dass Schlangen schlecht sehen können und deshalb auf Vibrationen reagieren, bin aber trotzdem wie eine Irre losgerannt und musste mir später sagen lassen, dass es vermutlich bloß eine Eidechse gewesen sei, denn auf der Insel gäbe es gar keine Schlangen.
    Es ist aber eine gewesen, den Unterschied erkenne ich auch ohne Brille! Eidechsen haben nämlich Beine!
    Drittens: Zwei heruntergefallene Kokosnüsse unter einer Palme, die kein Warnschild trug. Allerdings stand sie abseits der üblichen Verkehrswege, wodurch mögliche Schadenersatzansprüche hinfällig werden dürften.
    Viertens: Den Hubschrauber-Landeplatz, ein Beton-Rondell am nördlichsten Teil der Insel, offenbar wenig benutzt, denn er war fast ganz unter Sand und herabgefallenem Laub verborgen. Es gab jedoch einige Lampen, und

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