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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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sah Weiß. Er schloss die Augen wieder. In seinem Kopf
arbeitete eine Kompanie Presslufthämmer.
    Er wollte zurück in die Dunkelheit, aus der er gerade aufgetaucht
war. Ein Schrei hatte ihn hochgezogen. Aus dem finsteren Nichts ohne Schmerzen,
Gestank und Lärm.
    Wenn er Kinn und Kiefer bewegte, kniff die Haut um die Lippen, unter
der Nase, bis zu den Wangen. Wahrscheinlich hatte man ihn mit Klebeband
geknebelt. Seine Zunge tastete sacht den Mundinnenraum ab. Die Zähne waren noch
alle da. An der Unterlippe spürte er eine heiße Schwellung. Mit der
Zungenspitze stieß er mehrmals dagegen, umrundete sie sanft. Sie hatte die Form
einer Minikartoffel und sonderte Flüssigkeit ab. Er musste sich gebissen haben,
als der Schlag seinen Kopf traf.
    In seinem Hirn hörte der Presslufthammer nicht auf zu wummern. Der
Schmerz machte das Geflüster zu Geschrei. Er verzog die Nasenflügel nach links,
nach rechts. Atmete ein, aus. Seine Nase war frei. Der Mief schien überall zu
sein. Mehr als Blut. Grauenvoll mehr. Dieser Geruch flößte Angst ein.
    Er bewegte seine Zehen. Dann die Füße. Seine Glieder schienen
angeklebt. Sein gesamter Rumpf lag bewegungsunfähig da. Immerhin konnte er den
Kopf wenden und den Mund öffnen. Und die Augen. Wieder sah er Weiß. Er kniff
die Lider zu und wandte den Blick ab.
    »Er ist zu sich gekommen.«
    Am Fußende des Tisches stand eine große Gestalt, von oben bis unten
schwarz verhüllt. Unter dem Trikot zeichneten sich gewaltige Muskeln ab. Aus
einem Brusthalfter ragte der Griff einer Pistole. Auf Freund wirkte der Koloss
wie das überdimensionale Negativ zu dem Mann in Weiß, den er zuletzt in diesem
Raum gesehen hatte. Aus den Augenwinkeln erkannte er eine zweite schwarze
Gestalt neben dem Tisch. Wie lange war er bewusstlos gewesen? Wo war der Mann
in Weiß? Der Stuhl, auf dem der zweite Greis festgebunden gewesen war, stand
verwaist und schief im Dämmerlicht.
    Freund wusste nicht, was die Typen mit ihm vorhatten. Seine Gedanken
überschlugen sich. Wie lange lag er hier bereits? Langsam ging ihm die Luft
aus. Sein Kopfschütteln und Schnaufen weckte die Aufmerksamkeit des Häschers.
    Mit seiner Pranke fixierte er Freunds Stirn und löste das Band von
der linken Mundhälfte.
    Freund schnappte nach Luft.
    »Was soll das, was haben Sie vor? Ich bin Oberinspektor Laurenz
Freund von der Wiener Kriminalpolizei, meine Kollegen müssen jeden Moment hier
sein, binden Sie mich los, schauen Sie, dass Sie wegkommen, ich kann Ihre
Gesichter nicht erkennen, verschwinden Sie, machen Sie nicht alles noch
schlimmer, Sie haben keine …«
    »Halt das Maul«, herrschte ihn der Mann neben seinem Kopf an. »Sonst
klebe ich es wieder zu.«
    »Wie sollen wir genau vorgehen?«, fragte der Mann zu Freunds Füßen
und musterte den nackten Inspektor.
    Sein Partner antwortete, als ginge es um eine Bauanleitung oder ein
Kochrezept: »Zuerst in der Mitte teilen. Dann die neue Unterhälfte wieder
annähen. Ganz einfach.«
    Welche neue Unterhälfte? In einer unwillkürlichen Kontraktion
presste Freunds Zwerchfell sämtliche Luft aus seiner Lunge und hätte ihn zu
einem Embryo verkrümmt, wäre er nicht ausgestreckt an die Bank gefesselt
gewesen. Mit einem Mal wurde ihm klar, wie er sie bremsen oder wenigstens so
lange aufhalten konnte, bis die Kollegen ihn erlösten. Diese Hoffnung verlieh
ihm neue Kraft zum Atmen.
    »Warten Sie«, brüllte er aus seinem halb verklebten Mund. »So
einfach, wie Sie glauben, ist das nicht!«
    »Inspektor Freund«, rief eine Stimme, die Freund mit einem Schlag
das Blut aus den Adern trieb. »Sind Sie wieder bei Bewusstsein? Ich bin hier
unten!«
    »Klappe!«, brüllte der vermummte Anführer und trat unter den Tisch.
Vom Boden hörte Freund Röcheln und Spucken.
    Sie hatten auch die junge Inspektorin. Verflucht, nicht einmal nicht
erwischen hatte sie sich lassen.
    »Sind Sie meinen Anweisungen gefolgt?«, brüllte Freund durch den
Raum.
    Bevor sie antworten konnte, trat der Mann neben ihm noch einmal zu.
Statt etwas zu sagen, entfuhr der Inspektorin nur ein dumpfes Stöhnen, gefolgt
von Ringen nach Luft.
    An ihrer Stelle antwortete ihr Peiniger: »Machen Sie sich keine
Hoffnungen, Herr Inspektor. Ihre Kollegin war nicht besonders umsichtig da oben
in der Küche. Ich habe ihr Mobiltelefon einkassiert, bevor sie unnötige
Gespräche führen konnte. Rechnen Sie also nicht damit, dass bald ein paar Ihrer
Kollegen auftauchen.«
    So musste sich ein Ballon fühlen, den man anstach und der in

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