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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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die Arme
gegen die Flügel ausgetauscht, dann der Unterleib. Ihr Sekretär Lindl hat sie
identifiziert.«
    »War jemand von euch dabei?«
    »Lukas und ich.«
    »Wie hat er reagiert?«
    »Erschüttert nennt man das wohl. Aber gefasst.«
    »Mit wessen Haaren wurde sie genäht?«
    »Der Täter hat normale Nylonfäden verwendet, wie man sie in jedem
Super- oder Baumarkt bekommt.«
    »Keine Haare? Kein medizinisches Material?«
    »Er ist nicht blöd. Das könnte man leichter zurückverfolgen. Und für
seine Zwecke braucht er es nicht. Allerdings …« Sie zeigte auf eine der
hinteren Seiten des Berichts mit ein paar grässlichen Fotos. »Ganz hat er die
Haare auch diesmal nicht weggelassen. Doktor Wanek meint, er hatte nicht genug
brauchbares Material, um die gesamte OP damit
durchzuführen. Nicht weiter verwunderlich, falls er wirklich nur mehr zwei alte
Männer wie Murnegg-Weiss und Köstner als Spender zur Verfügung hat. Deshalb
verwendete er nur im Bauchbereich, auf einer Nahtlänge von etwa zehn
Zentimetern, weißgraue, relativ kurze Haare.«
    »Und wir wissen wieder nicht, von wem.«
    »Doch. Es wurde sofort ein DNS -Abgleich
mit Haaren aus Murnegg-Weiss’ Haus gemacht. Das Ergebnis war positiv.«
    »Dann war der Mann, den ich auf dem Kellertisch gesehen habe, mit
hoher Wahrscheinlichkeit Murnegg-Weiss. Ihm können wir nicht mehr helfen.«
    In diesem Moment schrie eine laute Stimme durch den Raum: »Es gibt
das nächste Opfer!«
    Alle Köpfe wandten sich zu dem Mann am Telefon. Wagner und
Obratschnik stürzten von zwei verschiedenen Seiten auf ihn zu.
    »Wo?«, brüllten sie im Chor.
    Wie Gespenster schlichen die Spurensucher hinter dem schmutzigen
Schaufenster auf und ab. Die schiefen Buchstaben darüber und der Staub darin
erzählten vom Scheitern eines Blumenladens.
    In den umliegenden Häusern leuchteten fast alle Fenster. An die
zugehörigen Wohnungstüren klopften bereits Beamte auf der Suche nach
Augenzeugen.
    Nur ein metergroßes Oval sauber gewischter Scheibe gewährte klaren
Einblick. Auf einem Stuhl saß Murnegg-Weiss oder was von ihm übrig war,
ausgestellt wie eine groteske Schaufensterpuppe. Die Bocksbeine ragten ihnen
entgegen. Die Arme baumelten an den Seiten herunter, der leere Blick starrte an
die Decke.
    Freund spürte ein Zittern in sich aufkommen, das er nicht
kontrollieren konnte. Er schob sich zurück an die Hauswand und lehnte sich an,
in dem Versuch, den Tremor zu verbergen. Eine heiße Welle überfiel ihn, dann
noch eine. Das da drüben hätte er sein können. Oder so ähnlich. Denk an eine
Blumenwiese. Mit Schmetterlingen. An deine Kinder, wie sie lachen. An Claudia.
Denk an irgendetwas, das dich ablenkt! Wieder lag er auf dem Tisch im Keller.
Das Messer stichelte in seinen Bauch. Die Blumenwiese! Das Messer senkte sich
tiefer, schien in seinem Fleisch zu glühen (Schwarte hatte der Arzt gesagt,
aber auch das brachte ihn nicht zum Lachen). Die hellen Fenster rundum. Dunkles
Blau zog am Himmel auf. Bald würden die Straßenlampen überflüssig. Die
Straßenlampen. An einer hatte Hermine Rother gehangen. Hatte sich langsam
gedreht, als betrachte sie die Welt unter sich sorgfältig, als könne sie so
doch noch entfliehen. Er spürte das warme Blut über seinen Bauch rinnen.
    Mit ein paar Schritten war er zwischen zwei Autos über einem
Gullygitter. Er beugte sich vornüber und spreizte seine Beine möglichst weit.
Dann war sein ganzer Oberkörper vom Magen bis zum Mund nur mehr zuckender
Krampf.
    Wortlos reichte Spazier ihm ein Taschentuch. Flatz einen Kaugummi.
Varic legte ihre Hand auf seine Schulter, bis er wieder atmen konnte. Langsam
fühlte Freund sich besser.
    »Geht hinüber und seht es euch auch an«, forderte er sie auf, als
Wagner und Obratschnik beim Schaufenster auftauchten.
    Auf Varics fragenden Blick antwortetet er: »Ich habe genug gesehen.
Es ist das Gleiche wie beim ersten Mal. Wieder ein Teufel. Oder ein Satyr. Er
wiederholt sich.« Er dachte nach. »Vielleicht, weil wir ihn beim ersten Mal
nicht verstanden haben?«
    »Oder es fällt ihm nichts anderes mehr ein«, meinte Spazier.
    »Möglicherweise gibt es auch verschiedene Rollen in der
Inszenierung, unterschiedliche Aufgaben der Figuren, Handlungen, Werte. Wuster
und Murnegg-Weiss hatten die gleichen, Rother eine andere.« Freund ahnte, dass
an seinem Gedanken etwas Richtiges sein konnte. Aber er bekam es nicht zu
fassen. Was für Rollen waren das? Zwei Männer als Teufel oder Satyrn. Eine Frau
als gefallener Engel

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