Menschenteufel
Schmerz schoss
durch ihre Brust. Ihre Arme und Beine waren an mehreren Stellen gepflastert
oder verbunden. Am Körper trug sie einen weißen Krankenhauskittel, der in ihrem
Nacken zusammengebunden war. Die Bewegung hatte das Pochen im Gesicht
verstärkt. Vorsichtig tastete sie es mit den Händen ab. Ihre Fingerkuppen
glitten über weiches Material, das nicht ihre Haut war. Ängstlich hob sie die
Füße aus dem Bett und stellte sie auf den Boden. Unter ihren nackten Sohlen
fühlte er sich kühl an. Sie versuchte aufzustehen. Gut, sie konnte sich stabil
und ohne Schwindel auf den Beinen halten. Im ganzen Raum entdeckte sie keinen
Spiegel. Sie gewöhnte sich an die Schmerzen, nur das Stechen bei jedem Atemzug
bereitete ihr Sorgen. Nach zwei vorsichtig tastenden Schritten ging sie sicher
und schnell in das kleine Badezimmer und schaltete das Licht an.
Aus dem Spiegel blickte ihr eine weiße Mumie entgegen. Obere und
linke Hälfte ihres Kopfes waren einbandagiert. Nur das linke Auge durfte durch
eine kleine Lücke über sein blau verschwollenes Ebenbild erschrecken. Auf der
Oberlippe hockten wie Fliegen zwei Nähte.
Petzold beugte sich vor und untersuchte ihre Entstellungen
eingehender. Eine kleine Narbe am Mund würde zurückbleiben. Sie wollte vorerst
nicht wissen, was sich unter dem Verband verbarg. Soweit sie sich erinnern
konnte, war nichts aufgeplatzt oder geschnitten gewesen nach dem Kampf im
Keller. Aber sie hatte ein paar böse Tritte abbekommen. Vielleicht war etwas
gebrochen. Unter dem Verband drängte ihr Haar in voller Länge und Fülle hervor.
Die Ärzte hatten also nichts abschneiden müssen, um Verletzungen zu behandeln.
Sie benutzte die Toilette und kehrte ins Zimmer zurück. Jetzt erst
entdeckte sie neben dem Bett Pantoffeln. Auf dem Nachttisch standen eine
Flasche Wasser und ein Glas mit Strohhalm. Sie füllte es und versuchte, ohne
Halm zu trinken. Bei der Bewegung schmerzte die Naht doch mehr, als Petzold
angenommen hatte.
Sie fühlte sich nicht gut, aber sie musste einiges wissen. Beim
Aufstehen raste wieder der Stich durch ihre Brust. Reflexartig schloss sie die
Augen und hörte auf zu atmen. Für einen Moment hielt sie inne. Vorsichtig sog
sie die Luft weiter ein und wartete auf den Schmerz. Als er ausblieb, zog sie
die Pantoffeln an und verließ das Zimmer.
Von der Decke schien kaltes Neonlicht und erinnerte sie an ihren
Besuch bei Colin Short vor wenigen Tagen. Auf ihrem Weg warf sie flüchtige
Blicke in die anderen Räume. Die meisten waren mit mehreren Betten und
Patienten belegt.
Im Schwesternzimmer erwartete sie eine robuste Fünfzigjährige mit
tadelndem Blick.
»Frau Petzold. Wie geht es Ihnen? Ausgeschlafen?«
»Wie spät ist es?«
»Acht Uhr.«
»Wie lange habe ich geschlafen?«
»Seit Sie hergebracht wurden.«
»Warum bin ich hier?«
»Da müssen Sie den Arzt fragen.«
»Wo ist der?«
»In seinem Zimmer nebenan.«
So einfach hatte sie sich das nicht vorgestellt. Petzold bedankte
sich und klopfte an der Nachbartür.
Auf die Einladung einer heiseren Stimme trat sie ein.
Seinen Drehstuhl dem Eingang zugewandt, erwartete sie ein junger
Mann in weißem Kittel und mit hoher Stirn, die von einem rötlichen Haarkranz
über den Ohren eingerahmt wurde. Provokant streckten sich ihr seine Füße in
unförmigen Trendplastikpantoffeln entgegen. Er sprang auf, reichte ihr die
Hand, stellte sich als Doktor Kosta vor und bot ihr einen Stuhl an.
Petzold blieb stehen. »Habe ich was Schlimmes?«
»Sie wurden heute Nacht gebracht, bewusstlos. Wir haben ihre
Verletzungen weiterversorgt und Sie geröntgt.«
Warum redete der Kerl so herum? Petzold hatte nie Angst vor Ärzten
gehabt, aber auf einmal bekam sie weiche Knie.
»Und? Das ergab was konkret?«
»Sie haben einen Haufen Abschürfungen und Prellungen, nichts
Ernstes, das ist in einer Woche alles wieder heil. Ihr Jochbein hat einen Riss,
ist aber nicht durchgebrochen, ebenso wie Ihr linker Oberkiefer. Wie es
aussieht, kommen Sie ohne Draht und Platten davon. Außerdem sind drei Ihrer
Rippen angeknackst. Würde mich nicht wundern, wenn Sie momentan beim Atmen ein
Stechen im Brustraum spüren.«
Als er ihr Nicken sah, fuhr er fort: »Das geht in ein paar Tagen
vorbei. Einige Wochen lang werden Sie es allerdings bei manchen Bewegungen noch
bemerken.«
Sofort bekam Petzold leichter Luft. Sie würde keine bleibenden
Schäden behalten.
»Ich muss meine Ermittlungen weiterführen«, sagte sie. »Dringend.
Kann ich gehen?«
Er beugte
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