Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
Vom Netzwerk:
die Bewohner der Wohngemeinschaft
gewechselt. Freund blieb. Mit dem letzten Mitbewohner verabschiedete sich auch
ein Lebensabschnitt. Viele bezeichneten ihn als den besten ihres Lebens. Und
über den nächsten hatte man nicht nur Gutes gehört. Ein wenig sentimental war
er an dem Tag schon gewesen.
    So war er eines Tages Alleinmieter einer günstigen Altbauwohnung im
sechsten Bezirk geworden. Freund drehte eine Runde und öffnete alle Fenster.
Von draußen drangen die Geräusche der Stadt herein.
    Er duschte kalt. Nur mit einem Handtuch um die Hüften ließ er das
Wasser auf seiner Haut trocknen, während er die Post durchsah. Bei einer
zweiten Tour durch die Wohnung goss er die Zimmerpflanzen und schloss die
Fenster wieder.
    Ich versuche krampfhaft, Normalität in mein Leben zurückzubringen,
dachte er. Bloß nicht nachdenken über alles, was geschehen ist.
    Kaum erfrischt, aber immerhin sauber gekleidet und gut riechend nahm
er ein Taxi in die Zentrale.
    Für die Pressekonferenz standen alle bereit. Pepe, Roschitz, Furler,
Wagner, Obratschnik. Ihre erfolglosen Hausdurchsuchungen hatten sie bald ins
Einsatzzentrum zurückkehren lassen. Ungeduldig erwarteten sie den Nachzügler
Freund.
    Gern ließ er den Pepe unter Scheinwerferlicht und Blitzlichtgewitter
Pläne, Karten und Bilder präsentieren, während er daneben erschöpft in seinem
Stuhl zuhörte. Nach ein paar Minuten wurde ihm das Gerede zu
Hintergrundrauschen.
    Sie hatten ihren Täter gefunden. Und verloren. Die Medien feierten
die Kriminalisten als Retter des letzten Gefangenen. Von dessen
verbrecherischer Vergangenheit wussten die Journalisten noch nichts. Boderts
Motive für die Morde konnte die Polizei vielleicht nachweisen. Der genaue Grund
für die entsetzlichen Entstellungen würde ihnen wohl ewig verborgen bleiben.
Freund war nicht sicher, ob er ihn überhaupt kennen wollte.
    Wenn er in die schwarzen Linsen sah, die auf ihn gerichtet waren,
gewann er ohnehin das Gefühl, nur mehr Teil einer gigantischen
Unterhaltungsmaschine zu sein, die dem Publikum zum Abendbrot die Spiele
lieferte. Ein paar Minuten Nervenkitzel zur Nachspeise. Zurück zur Werbung. Die
Überraschungsfortsetzung würde folgen.
    In Freunds Kopf sprang der Motor wieder an. Noch war der Fall nicht
zu Ende. An den Gedanken musste er sich erst gewöhnen. Wer waren die Männer in
Köstners Keller gewesen? Woher waren die Angreifer da draußen gekommen? Und von
wem bekamen sie ihre Informationen? Noch einmal hieß es Schwung holen. Noch
einmal musste er Kräfte mobilisieren, Reserven wecken, von denen er bis dahin
gar nichts gewusst hatte.
    Erst als der Pepe ihn anstieß, hörte er von vielen Stimmen seinen
Namen rufen und die Fragen auf ihn einprasseln. Nüchtern beschrieb er Boderts
Gefangennahme und Köstners Befreiung. Fragen nach seinen Gefühlen bei Boderts
Tod und Flatz’ Verletzung wich er aus. Die gingen niemanden etwas an.
    In Freunds Büro saßen außer ihm nur mehr Spazier und Petzold.
Varic musste ihre Verbrennungen im Krankenhaus behandeln lassen, Wagner war
drüben in der Einsatzzentrale. Müde betrachtete Freund das armselige Häufchen
seiner verbliebenen Mitstreiter. Wir werden immer weniger, dachte er,
irgendwann gibt es niemanden mehr, der die Verbrecher verfolgt.
    »Der Fall des Chimärenmörders ist abgeschlossen. Das Theater für die
Öffentlichkeit wird beendet, die Soko aufgelöst. Aber der Fall ist noch längst
nicht zu Ende. Für uns bleibt die Frage: Wer hat uns da draußen angegriffen?
Wer hat Bodert ermordet und Bruno angeschossen? Und woher hatten diese Typen
ihre Informationen?«
    »Vielleicht haben sie uns einfach verfolgt«, schlug Spazier vor.
    »Möglich. Aber ich glaube es nicht. Wir sind wie die Irren durch den
Feierabendverkehr gerast. Dabei konnte uns kaum jemand verfolgen. Und einen
ganzen Schwarm von Motorradfahrern hätten wir irgendwann bemerkt.«
    »Dann fällt mir nur mehr eine Möglichkeit ein.«
    »Mir leider auch.«
    »Aber wie sollen wir einen Verräter bei uns finden? Die gesamte
Soko, die Führungsebene, mindestens hundert Menschen wussten von dem Einsatz
Bescheid.«
    »Alle zu überprüfen dauert zu lange«, stellte Freund fest. »Wir
müssen schneller dahinterkommen. Denken wir nach. Es ist jemand im Team. Er
steht in Verbindung mit diesen Menschen. Warum? Weil sie ihn bestechen. Oder
weil … Himmel, warum bin ich nicht gleich darauf gekommen. Weil sie ihn
erpressen können! Die alte Köstner-Masche.« Er sprang auf und holte die

Weitere Kostenlose Bücher