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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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bedeutete das sechzig Stunden pro Woche.
    Sie beide hatten Berufe, die viel Zeit in Anspruch nahmen. Keiner
hatte dem anderen jemals einen Vorwurf deshalb gemacht. Bis sein Vater ein
Pflegefall wurde. Das hieß, nein, seinen Beruf und sein Engagement warf sie ihm
nicht vor. Es war nicht immer leicht, fair zu bleiben unter dieser
Doppelbelastung. Er fasste ihre Hand und hörte zu.
    Als sie fertig war, schauten sie einfach zu den Sternen hoch. Die
Grillen lärmten. Vom Wald und den Weingärten sank eine angenehme Kühle in den
Garten. Er wachte auf, als sie ihn anstieß, weil er schnarchte.
    »Gehen wir hinein, bevor wir wieder hier draußen einschlafen.«
    »Bin ich ja schon.«
    »Eben.«

Das wissen wir, sobald du es findest
    Freund wurde von Vogelgezwitscher geweckt. Draußen herrschte
Nacht. In der Hütte hatte sich die Wärme gehalten. Neben ihm lag Claudia auf
dem Rücken. Das Mondlicht streifte ihre runden Konturen. Ihr Nacht-Top war
hochgerutscht und bedeckte gerade noch die Brust. Das Seidenhöschen spannte von
den Beckenknochen über zwei kleine Täler, bevor es auf den Bauch traf. Ruhig
und regelmäßig hob und senkte er sich im Rhythmus ihres Atems. Ihr Gesicht sah
er nur durch die wirren kastanienfarbenen Locken. Hinter den leicht geöffneten
Lippen blitzten die zwei vorderen Schneidezähne. Das Leintuch, mit dem sie sich
zugedeckt hatte, war am Fußende des Betts zusammengeknüllt. Er hätte sie gern
berührt.
    Die Vögel wurden lauter. Für Amselgesang war es noch zu dunkel.
Irgendwas brummte. In seinem Hinterkopf dämmerte Freund, dass er den Rufton
seines Telefons umgestellt hatte. Vogelgesang war ein vertrautes Geräusch hier
draußen. Claudia würde davon nicht sofort aufwachen. Der Vibrationsalarm ließ
das Gerät auf dem Nachtkästchen leise wandern. Er schnappte es und schlich auf
Zehenspitzen hinaus.
    In seinen Shorts war ihm auch vor der Hütte warm genug. Nicht weit
entfernt gurgelte der Bach. Weiter oben, über der Kuppe des Nussbergs, tauchte
die Dämmerung den Himmel bereits in Schwarzblau.
    »Guten Morgen.« Das war Lukas Spaziers Stimme.
    Freunds Augen fühlten sich dick an. Er schloss sie, während er
sprach. Sein Rücken schmerzte. »Ich hoffe, es gibt einen guten Grund, so früh
anzurufen. Wie spät ist es?«
    »Halb vier.«
    Er ließ sich ins Gras fallen. Es war nicht wirklich kühl. Durch
seine Lendenwirbelsäule fuhr ein Stich.
    »Willst du die gute Nachricht zuerst oder die schlechte?«
    »Woher nimmst du um diese Zeit die Energie?«, stöhnte Freund und
legte sich in die Wiese. Das war besser. »Also die schlechte zuerst.«
    »Du hast Marietta gestern Abend den Auftrag gegeben, dich zu wecken,
wenn es Neuigkeiten gibt.«
    Freund erinnerte sich. »Und jetzt die gute.«
    »Wir haben eine Identifizierung. Die Haare aus der Bürste von Frau
Rother gehören mit höchster Wahrscheinlichkeit zur selben Person wie jene aus
Alfred Wusters Leiche.«
    In einem bestimmten Moment am Frühmorgen, lange bevor die Sonne
aufgeht, hat der Himmel über Wien manchmal eine Farbe wie der Ozean ganz
draußen, dort, wo die blaue Oberfläche das Schwarz der Tiefe kaum übertünchen
kann. Noch lauerte die Sonne unter dem Horizont, doch schon überzog sie die
Dunkelheit des Alls mit einem hauchdünnen Schein. Vor diesem Hintergrund
wirkten die Straßenlaternen mit ihren großen, leuchtenden Köpfen auf Freund wie
eine zum Aussterben verurteile Tierart. Schon bald würden sie unter dem
übermächtigen Strahlen erlöschen. Ähnlich verloren, wie sie sich fühlen
mussten, kam sich der Oberinspektor an diesem Frühmorgen vor, während er auf
Lukas Spazier wartete. Lautlos hatte er sich aus dem Garten davongemacht.
Wieder war seine Familie allein mit dem Vater. Wenn Vater nur ruhig hielt bis
zum Frühstück! Was Freund danach mit ihm machen würde, wusste er jetzt noch
nicht. Heute Vormittag war kein Pflegerinnenbesuch vorgesehen. Im Gegensatz zur
Stadtwohnung gab es hier keine hilfreichen Nachbarinnen.
    Hermine Rother musste gute Geschäfte machen. Der Schreiberweg im
neunzehnten Bezirk galt als eine der exklusivsten und teuersten Adressen Wiens
überhaupt. Von hier genoss man einen Blick über die Weingärten auf die Stadt.
Vielleicht konnte er aus dem Haus sogar sein Gärtchen im Tal unten sehen.
Hinter der übermannshohen Mauer und dem breiten Einfahrtstor aus grün
lackiertem Metall sah Freund nur das Dach der Villa. Achtziger Jahre, vermutete
er.
    Von der Talseite der Straße näherte sich das Dröhnen

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