Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
Vom Netzwerk:
waren
vorbei.
    Draußen war es inzwischen finster. Claudia studierte immer noch
ihren Monitor und nippte am Glas.
    »Schläft er?«
    »Hoffentlich.«
    Sie schenkte ihm Wein ein.
    »Habt ihr irgendeine Ahnung, wer das getan haben könnte?«
    Freund nahm einen tiefen Schluck und schüttelte den Kopf.
    »Nein.«
    »Willst du darüber reden?«
    Zu Beginn seiner Arbeit bei der Mordkommission hatte er es
vermieden. Er hatte sie nicht belasten wollen. Doch Claudia hatte darauf
bestanden. »Viel mehr belastet mich, wenn du alles in dich hineinfrisst«, hatte
sie gesagt.
    Unsquare Dance. Die Melodie begann ihn zu nerven. Bei Gelegenheit
musste er sie austauschen. Es war Marietta Varic.
    »Wir waren bei Hermine Rothers Privatsekretär Norbert Lindl.« So wie
sie den »Sekretär« betonte, glaubte sie nicht ganz an dessen Rolle. »Würde mich
aber nicht wundern, wenn der gute Mann mehr für sie tut, als den Schriftverkehr
zu verwalten. Ein richtig hübsches Jüngelchen, fünfunddreißig Jahre jünger als
sie, würde ich auch nicht von der Bettkante stoßen. Er beteuerte allerdings,
dass da nichts liefe. Wohnen in einer schicken Bude, die zwei. Dagegen sieht
Wusters Häuschen arm aus. Besonders ergiebig war das Gespräch nicht. Über ihr
Mobiltelefon konnten wir sie nicht orten, obwohl sie es bei sich hat. Es ist
seit ihrem Verschwinden abgeschaltet.«
    »Wie bei Wuster. Hat ihr Verschwinden denn überhaupt etwas mit
Wusters Tod zu tun?«, fragte Freund.
    »Lindl kannte Wuster nicht. Bis heute. Er klang glaubwürdig«, sagte
Varic.
    »Hat er irgendeinen Verdacht, wo seine Freundin sein könnte?«
    »Nein. Er ist sehr beunruhigt. Vor allem, als wir ihn nach Wuster
fragten. Er hatte den Namen natürlich in den Nachrichten gehört.«
    »Was macht sie beruflich?«
    »Selbstständige Unternehmerin. Kauffrau. Handelt mit Zeug. Fädelt
Geschäfte ein. Ich glaube, Herr Lindl weiß nicht wirklich, womit seine Freundin
ihr Geld verdient. Und es interessiert ihn auch nicht, solange es reichlich
vorhanden ist. Oder er will es nicht sagen. Ich hatte das Gefühl, dass er uns
etwas verheimlicht.«
    »Kann er selbst mit ihrem Verschwinden zu tun haben?«
    »Schon möglich. Wir haben auf jeden Fall Haare aus der Bürste
mitgenommen, die er uns als jene von Hermine Rother gezeigt hat. Die haben wir
schon zu den Technikern geschickt. Mal sehen, ob sie zu denen aus Wusters
Leiche passen. Lindl haben wir natürlich nicht erzählt, wozu wir sie brauchen,
geschweige denn, wofür unser Vergleichsmaterial verwendet wurde. Sobald wir
etwas Neues wissen, melden wir uns.«
    »Danke, Spitzenarbeit. Gute Nacht.«
    Claudia hatte ihren Computer zugeklappt. Sie übersiedelten auf die
Deckchairs. Freund genoss den Wein und erzählte. Er spürte, wie er schwer
wurde. Heute Abend durfte er nicht so viel trinken. Als er fertig war, sagte
Claudia:
    »Das mit den menschlichen Haaren finde ich besonders gruselig. Und
beunruhigend. Vor allem, wenn ich an den zweiten fehlenden Bock denke. Was es
mit dem wohl auf sich hat?«
    »Dass der Täter mit einem nur geübt hat, hoffentlich.«
    »Die Alternative wäre …«
    »Dass der Besitzer der Tiere das zweite hat verschwinden lassen, als
er den Diebstahl des ersten bemerkte.«
    »Unsinn! Warum sollte er das tun?«
    »Versicherungsbetrug. Vielleicht war der andere alt und schwach, und
er wollte ein neues Jungtier.«
    »Das glaubst du doch selber nicht!«
    »Nein.«
    »Glaubt ihr auch, was ich fürchte?«
    »Wir schließen es nicht aus.«
    »Noch ein fehlender Ziegenbock. Und Haare einer Unbekannten oder
eines Unbekannten. Oder vielleicht sogar schon Identifizierten, die keine
Ärztin ist, die Tat daher nicht begangen haben kann. Man braucht nur eins und
eins zusammenzuzählen.«
    Freund wollte das nicht mehr heute Abend. In den vergangenen Stunden
hatte er so viele Hypothesen aufgestellt.
    »Und wie war dein Tag?«
    Keine Routinefrage, sondern echtes Interesse. Auch nach zwanzig
Jahren. Sie hatten sich während des Jurastudiums kennengelernt. Er war zur
Polizei gegangen. Claudia hatte in einer renommierten Anwaltskanzlei als
Konzipientin begonnen und sich zur Seniorpartnerin hochgearbeitet. Auch die
Geburten der Kinder hatten ihren Tatendrang nicht gebremst. Nach drei Monaten
hatten sie ein Kindermädchen eingestellt, und Claudia hatte bis mittags
gearbeitet. Was sie bis dahin nicht geschafft hatte, holte sie nach, sobald die
Kinder schliefen. Seit beide in die Schule gingen, arbeitete sie wieder
Vollzeit. In ihrem Fall

Weitere Kostenlose Bücher