Menschenteufel
auf den anderen Mappen ab,
die er übereinandergestapelt hatte.
»Dann haben wir hier erste Recherchen zur möglichen Bedeutung der
Gestalt. Sie könnte einen Teufel darstellen. Oder eine antike mythologische
Figur. Am ehesten in Frage kommen dabei Satyr, Faun und Pan. Da gibt es
natürlich zahlreiche Deutungsmuster in die unterschiedlichsten Richtungen. In
diesem Zusammenhang gibt es auch eine Sammlung Wiener Märchen, in denen der
Teufel eine Rolle spielt. Die anderen Figuren kommen dort nicht vor. Nächstes
Thema: die Telefonlisten. Sind sie endlich da?«
Ein älterer Polizist nickte und unterbrach sein Tippen. Mit Bruno
Flatz hatte Freund zwei Jahre lang im Kriminalkommissariat Süd
zusammengearbeitet. Seitdem trafen sie sich wenigstens einmal im Monat auf ein
Bier, wenn nicht ein Fall sie ohnehin zusammenführte. Er hatte ihn sofort zur
Verstärkung angefordert.
»Die Listen von Wuster sind vor einer Stunde gekommen. Wir haben mit
den Eingaben begonnen und eine erste Überraschung. Hermine Rothers Daten sind
eben erst eingetrudelt.«
»Was für eine Überraschung?«
»Das letzte registrierte Gespräch von Wusters Telefon war mit Frau
Rothers Mobiltelefonnummer.«
»Das sind allerdings Neuigkeiten! Ich war gerade bei dem
Geschäftsfreund, der sie vor ihrem Verschwinden angeblich angerufen hat. Er
bestreitet das. Deine Daten stützen seine Behauptung, jemand habe seinen Namen
missbraucht.«
»Wuster zum Beispiel.«
»Oder dessen Mörder.«
Freund legte die Namensliste, die Bram ihm überlassen hatte, einem
der Ermittler auf den Computer.
»Überprüft bitte trotzdem Brams Alibi. Ihr werdet bei der
Dateneingabe noch eine Verknüpfung entdecken: Sowohl Martin Bram als auch
Hermine Rother sind im Waisenheim Mariabitt aufgewachsen.«
»Darauf hätte ich dich als Nächstes hingewiesen«, sagte Spazier.
»Woher weißt du es schon?«
»Ganz einfach: Ich habe beide Lebensläufe gelesen. Manchmal braucht
man gar keine Datenbanken.«
»Das stimmt. Zumal die einen manchmal auch mit Müll versorgen, wie
in diesem Fall.«
»Wieso?«
»Wir haben Martin Brams Daten eingepflegt. Dabei kam ein Name hoch,
der zufällig in einem ganz anderen Fall auftaucht.«
»In welchem?«
»Erinnerst du dich an den zusammengeschlagenen Schwarzen, der ein
paar Tage vor unserem Mord kurz für Wirbel sorgte?«
»Klar. Ich glaube, gestern wurde er auch identifiziert. Er ist
Amerikaner, wenn ich mich recht erinnere.«
»Genau. Er wurde von einem gewissen Gerwald Köstner vor dessen Haus
gefunden, wie die ermittelnde Inspektorin vom Kriminalkommissariat West
festhielt.«
»Und dieser Köstner erscheint bei uns?«
»Gerwald Köstner war Gründer und langjähriger Geschäftsführer der
Tarson Unternehmensberatung.«
Freund musste kurz überlegen, wo er den Namen schon gelesen hatte.
Dann fiel es ihm ein: Martin Brams Lebenslauf.
»Bram war Gerwald Köstners Mitarbeiter«, erläuterte Spazier weiter.
»Bis Köstner vor dreiundzwanzig Jahren in Pension ging, Bram die Firma übernahm
und in ›Martin Bram Unlimited‹ umtaufte.«
»Das ist alles lange her.«
»Legen wir es demnach als Zufall ab?«
»Zumindest haben wir momentan Wichtigeres zu tun. Ihr könnt ihn ja
einmal anrufen, wenn ihr bei Bram nicht mehr weiterkommt.«
»Allerdings wäre da noch etwas mit Wusters Telefonaten, das ich hier
so langsam entdecke«, mischte sich Bruno Flatz ein. »Auch wenn mir noch nicht
klar ist, was es bedeutet.«
Neugierig umrundete Freund den Tisch und stellte sich hinter ihn.
Auf den ersten Blick war der Monitor ein Zahlenmeer und Liniengewirr. Eine
Grafik des Analyst’s Notebook. Er kannte solche Visualisierungen von der
organisierten Kriminalität, wo mit zahlreichen und häufig wechselnden Telefonen
und SIM -Karten gearbeitet wurde. Freund
dechiffrierte schnell. Die Besitzer einiger Telefone oder SIM -Karten waren polizeibekannt.
Flatz zeigte auf eine blinkende Nummer, von der zahlreiche Linien
wegführten.
»Das ist Wusters Handynummer«, erklärte er. Sein Finger huschte über
den Monitor zu den Nummern, die durch Linien mit Wusters verbunden waren.
»Hier sieht man, wann Wuster mit welcher Nummer Kontakt hatte. Mit
einigen kommunizierte er nur per SMS .
Interessanterweise immer nur einmal. Und ausgerechnet unter diesen sind
offenbar einige gestohlene Handys oder SIM -Karten.«
Spazier, Varic und Wagner hatten mittlerweile einen Halbkreis hinter
Flatz gebildet. Auch Serena Tognazzi gesellte sich dazu. Verlockend stieg der
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