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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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wirklicher
war dieser gewesen. Sie schwang die Füße aus dem Bett und stellte sie fest auf
den Boden. Spüren musste sie die Welt unter sich.
    Alles war so echt gewesen! Sie glaubte nicht an Wiedergeburt. Böse
Streiche konnte einem das Gehirn spielen. Benommen tappte sie ins Bad. Erst die
Dusche brachte sie endgültig zurück.
    Das übliche Frühstücksritual beruhigte sie. Espressomaschine
anwerfen, Kaffee mahlen und in den Halter. Pis Näpfe füllen, während die
schwarze, dampfende Brühe in die Tasse rann. Ein erstes Nippen verbrannte fast
die Lippen. In kleinen Schlucken runter damit. Daneben verzehrte Pi schmatzend
ihr Futter. Den nächsten Kaffee vorbereiten. Computer anschalten. Vor der
Wohnungstür die Zeitung aufklauben. Langsam verschwanden die dumpfen
Nachgefühle des Traums.
    Sie schnitt sich eine Banane und eine Birne auf. Während des zweiten
Espresso zentrifugierte sie aus einem halben Kilo Karotten ein großes Glas
frischen Safts. Dazu träufelte sie einen Tropfen Olivenöl.
    Sie setzte sich und blätterte durch die Zeitung, während sie das
Obst aß und den Saft trank. Der »Teufelsmord« belegte den halben Titel und die
zwei folgenden Doppelseiten. Neue Spekulationen wurden ausgebreitet. Die
Journalisten hatten im Leben des Opfers gewühlt. Einer hatte seine Exfrau im
Urlaub auf Madeira aufgetrieben. Sie war seit einer Woche dort und verweigerte
jeden Kommentar. Interessierte Petzold auch nicht.
    Auf Seite zwölf wurde sie fündig. Bravo, Doreen! Das Bild aus dem
Nachkriegswien spannte sich über zwei Spalten. Die Gesichter waren gut zu
erkennen. Ein kurzer Text erinnerte an Colin Short und stellte seine Suche vor.
Hinweise bitte an die Redaktion. Die Autorin hatte die Gelegenheit genutzt, in
einem zweiten Titel die Segnungen des Internets bei der Suche vermisster
Personen darzustellen und ein paar entsprechende Webseiten aufzulisten.
    Die Wettervorschau kündigte weitere Gewitter und Abkühlung an.
    Warum hatte sie geträumt, eine Trümmerfrau zu sein? Im Traum war sie
Witwe gewesen. Und Mutter. Sigmund Freud hätte seine Freude daran gehabt.
    Sie las die Zeitung in Ruhe zu Ende. Danach sah sie ihre E-Mails
durch. Was sagten die aktuellsten Nachrichten im Internet? Irrer Serienkiller
mordet nächstes Opfer!
    Gebannt fixierte sie den Monitor. Was, zum Teufel, war das? Im
Gegensatz zum ersten Opfer zeigten die Aufnahmen jedes Detail gestochen scharf.
Und wieder ärgerte sie sich. Dass die Bilder veröffentlicht wurden. Dass sie
hinschaute. Bewusst klickte sie die Bildserie nicht an.
    Die Schilderungen des Artikels jagten ihr Schauer über den Rücken.
Nun entstanden die Bilder in ihrem Kopf. Petzold war keine Spezialistin für
Serienmorde. Doch so viel wusste heute jedes Kind: Je kürzer der Abstand
zwischen zwei Opfern, desto größer die Gefahr, dass es weitere geben würde.
    Den Leiter der Sonderkommission, Oberinspektor Freund, kannte sie
nur dem Namen nach. In seiner Haut wollte sie jetzt nicht stecken. Das hieß –
eigentlich wollte sie nur zu gern. Sie wusste aber, dass es ihr dafür noch an
Wissen und Erfahrung fehlte. Wäre sie wenigstens Mitglied einer Mordkommission!
    Ausführlich diskutiert wurde die Entstellung der Opfer. Besonders
eines gab Petzold zu denken: Fast alle Serienmörder handeln zwanghaft aus
sexuellen Motiven. Immer heftiger und häufiger verlangt der Trieb Befriedigung.
Doch dieser hier war anders. Petzold glaubte nicht an ein triebhaftes Motiv.
Der Täter schien Bilder zu inszenieren. Symbole. Bewusst. Präzise.
Kontrolliert.
    Ein Glück in der Grässlichkeit war die Tatzeit nach
Redaktionsschluss. Morgen würde ihr Suchbild in keiner Zeitung eine Chance
haben. Von der ersten bis zur letzten Seite würden alle über die Chimären
schreiben. Heute würde es vielleicht wahrgenommen.
    Ihr fiel ein, dass sie ihr Handy noch nicht eingeschaltet hatte.
»Sie haben eine Nachricht.« Doreen.
    »Hallo! Aufwachen! Schläfst du noch? Mädchen, heute ist dein
Glückstag! Bei der Zeitung hat sich gleich heute früh ein pensionierter Kollege
von dir gemeldet. Zu deinem Bild hat er eine abenteuerliche Geschichte auf
Lager.«

Im siebten Kreis der Hölle
    »Bitte, lass die Kinder nach Papa schauen, bis die Pflegerin
kommt. Die löse ich dann zu Mittag ab. Oder ich kann sie dazu überreden,
ausnahmsweise länger zu bleiben. Ein zweiter Mord ist geschehen. Hier ist die
Hölle los. Ich mache das alles wieder gut, versprochen.«
    »Ein allerletztes Mal«, schnaubte Claudia und legte

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