Menschenteufel
Ihre Fragen.«
»Handeln Sie mit Drogen und waschen Geld?« Freund hatte keine Lust
auf Höflichkeiten. Er wollte den Mann aus der Reserve locken.
Bashtrin lächelte freudig überrascht, als hätte Freund ihn nach
seinem Lieblingspferd gefragt.
»Selbstverständlich. Wie sollte ich mir ein Haus wie dieses sonst
leisten, meine Autos und Yachten, die Pferde?«
Offenherzig breitete er die Arme aus, als präsentierte er die eben
erwähnten Reichtümer. Dieser Mann fürchtete sich vor nichts, höchstens davor,
zu verlieren. Deshalb behielt er sein Lächeln.
»Scherz beiseite. Ich weiß natürlich, dass es diese Gerüchte über
mich und meine Familie gibt. Und Sie wissen, dass ich bis heute nicht einmal
ein Strafmandat für Falschparken bekommen habe.«
Er leugnete nicht einmal. Redete einfach um die Wahrheit herum wie
ein Politiker. Nun, Freund war nicht wegen Bashtrins krimineller Aktivitäten
hier. Nicht direkt. Er zweifelte daran, dass der Albaner etwas mit der Tat zu
tun hatte. Jemand wie er ließ Menschen verschwinden, öffentlich hinrichten oder
zerstückeln. Er verwandelte sie nicht in Teufel. Vielleicht, weil es für ihn
hieße, das Schicksal herauszufordern.
»In was für einer Verbindung stehen Sie zu Frau Rother?«
»Wir machen das eine oder andere Geschäft miteinander. Import von
Waren, vorwiegend aus Ost- und Südosteuropa, in letzter Zeit auch immer mehr
aus Asien. Ist alles in unseren Büchern festgehalten.«
»Um was für Produkte geht es dabei?«
»Verschiedenste. Lebensmittel. Technische Bauteile und Geräte. Sie
würden nicht glauben, was man von den Chinesen inzwischen alles bekommt.
Textilien. Und so weiter. Ich kann Ihnen gern eine Liste zusammenstellen
lassen.«
»Die haben meine Kollegen sicher schon.«
Für einen Moment blitzte in Bashtrins Lächeln ein spöttischer Zug
auf. »Davon bin ich überzeugt.«
»Haben Sie Frau Rother in letzter Zeit gesehen?«
Bashtrin legte die Stirn in Falten. »Zuletzt vor etwa zwei Monaten.
Aber wir stehen natürlich telefonisch und per E-Mail in Kontakt.«
»Hat sie sich in letzter Zeit ungewöhnlich verhalten oder geäußert?«
Bashtrin hielt einen Moment inne.
»Rother war tatsächlich nervös, ja aufgeregt. Sie rief mich an dem
Tag an, als sie verschwand.«
»Deshalb sind wir hier.«
»Sie sagte, sie fühle sich beobachtet. Jemand verfolge sie. Eine
dunkle Gestalt.«
»Und das erzählte sie ausgerechnet Ihnen«, warf Serena Tognazzi ein.
»Sie weiß, dass ich einen guten Sicherheitsdienst habe. Aber sie hat
nicht um Hilfe gebeten. Vielleicht hatte sie es vor.«
Bashtrins Einleitung zu dieser Erklärung zwang Freund, noch
misstrauischer zu sein, als er es ohnehin schon war. Gleichzeitig besann er
sich sofort auf die Erzählungen der brüllenden Frau Kohn. Ein schwarzer Mann.
Eine dunkle Gestalt.
Das war alles zu einfach. Aber manchmal war das Leben so.
»Ich weiß, Sie sind hier der Ermittler und stellen die Fragen. Darf
ich Sie trotzdem meinerseits etwas fragen?«
»Fragen dürfen Sie.«
Bashtrin ignorierte die Spitze. »Sie sind bei der Mordkommission.
Ich habe Sie im Fernsehen bei der Pressekonferenz wegen dieses irrsinnigen
Falls im Prater gesehen. Warum ermittelt die Mordkommission im Fall Rother?
Nimmt man das Schlimmste an?«
Auch wenn der neue Mordfall bereits alle Nachrichten beherrschte,
war Rothers Name von der Polizei noch nicht an die Medien gegeben worden.
»Kennen Sie Alfred Wuster?«
»Kannten, müsste es wohl heißen. Den Namen kennt inzwischen die
halbe Welt, nehme ich an. Ihr spektakulärster Fall bislang, Herr Inspektor. Den
Menschen persönlich kannte ich jedoch nicht.«
Wie seltsam das Wort »Mensch« in diesem Moment klang, dachte Freund.
Er hatte das verzerrte Gesicht des Alten vor sich. Den schlaffen, mageren
Oberkörper. Dann hörte der Mensch auf. Ungeheuerlich, was der Täter mit seiner
Entstellung angerichtet hatte: Im Gedächtnis der Allgemeinheit würde Wuster nie
mehr zum vollständigen Menschen werden. Ewig würde das Bild des halben Tieres
weiter bestehen.
»Und Martin Bram?«
»Ob ich ihn kenne? Natürlich.« Und wieder keinerlei Zeichen von
Verwunderung. »Aber das wissen Sie doch sicher auch.«
Freund wollte sich keine Blöße geben. Bashtrins unverfrorene
Offenheit regte ihn fast noch mehr auf als seine Lügen.
»Sie sind über die VidVim AG an
zahlreichen Unternehmen beteiligt«, sagte Tognazzi. »In einem davon war Alfred
Wuster Vorstand. Trotzdem kannten Sie ihn nicht?«
»Da sehen Sie
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