Menschenteufel
niederzukämpfen. Der Alte
konnte wirklich nichts für die Versäumnisse seines Sohnes in Sachen Pflege. Er,
Laurenz, hätte sich früher um die notwendige Betreuung kümmern müssen. Dann
wäre das alles nicht passiert. Sein Ärger auf den Vater hatte andere Wurzeln,
und das wusste er auch.
Ein kleiner, unregelmäßig geformter, dunkelroter Paradeiser mit
violetten Flecken schmeckte fast wie eine Kirsche.
Unsquare Dance.
Das sollte er als Erstes tun. Diese Melodie ändern. Er meldete sich.
Das slowakische Pflegerpärchen wartete vor der Gartentür und traute sich nicht
herein.
Er ging durch den schmalen Gang aus Heckenrosen. Aus ihren Blüten
übertönte das Summen der Bienen den Rest der Welt.
Jenseits des Holzgittertürchens lächelte eine blonde Dreißigjährige
mit rundem Gesicht Freund an. Der Mann hinter ihr wog mindestens das Doppelte
wie seine Frau. Mit seinen Baggerhänden konnte er einen Erwachsenen sicherlich
leicht heben, wenden und auf eine Toilette setzen. Im Gegensatz zu der
körperlichen Präsenz stand sein sanftmütiger Blick.
Freund bat sie herein und führte sie in den Garten. Im Schatten der
Markise ließen sie sich um den Tisch an der Hüttenwand nieder. Freund schenkte
Eistee aus.
Ludovica Feiler sprach fließend Deutsch mit leichtem Akzent. Ein
deutschstämmiger Großvater, erklärte sie, von Freund darauf und auf ihren Namen
angesprochen, Sprachunterricht in der Schule sowie viele Jahre Arbeit in
Deutschland und Österreich.
Freund fand sie von Beginn an sympathisch. Ihr Mann folgte dem
Gespräch schweigend. Sie hatten ihre bisherigen Kunden gemeinsam betreut,
erklärte Frau Feiler und legte unaufgefordert Zeugnisse vor. In acht Jahren
hatten sie vier Menschen rund um die Uhr und weitere zwanzig in Teilzeit
betreut. Die Referenzen überschlugen sich vor Lob. Die eine oder andere
angegebene Telefonnummer würde Freund auf jeden Fall anrufen.
Er schilderte den Zustand seines Vaters und verheimlichte nicht die
Voraussage der Ärzte, dass er sich verschlechtern würde. Bei dem Gedanken daran
spürte er zu seiner eigenen Überraschung Tränen hochsteigen. Er schluckte sie
weg und fragte, wann die Feilers mit der Arbeit beginnen könnten. »Sofort«,
erklärte die Frau. »Bisher sind wir immer bis zum Schluss bei unseren Kunden
geblieben«, fügte sie hinzu, »und weil der meistens nicht genau vorhergesagt
wird, kann man sich schlecht vorher schon einen neuen Auftraggeber suchen.«
Sofort. Wenn er sie beim Wort nahm, könnte er sie gleich mit dem
Vater allein lassen und seine Ermittlungen wiederaufnehmen. Er verwarf den
Gedanken so schnell, wie er gekommen war. Weder konnte er seinen Vater
Wildfremden überlassen, die er gerade ein paar Minuten kannte, noch hatte er
große Lust, so schnell in seine degradierte Position zurückzukehren.
Die beiden Feilers würden sich bei der Betreuung abwechseln. Dank
dieser Lösung entstanden keine Lücken durch freie Tage und Urlaub. Ihr Tarif
lag im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Da sind wir durchaus flexibel, meinte
Frau Feiler und nannte eine Summe, die immer noch Freunds halben
Monatsnettolohn fressen würde. Aber damit musste er rechnen. Die Miete der
Stadtwohnung war günstig, und Claudia verdiente gut.
Sie waren an einem Punkt des Gesprächs angelangt, wo es nichts mehr
zu sagen gab, als Oswald Freund in kurzen Hosen und Holzschlapfen in der Tür
erschien. Mit verschlafenen Augen blinzelte er ins Freie. Als er die zwei
Fremden sah, wollte er umkehren.
Ludovica Feiler stand ohne Hast auf und erreichte ihn, bevor er
wieder in der Hütte verschwinden konnte. Auf ihre Vorstellung und die
ausgestreckte Hand reagierte er für Freund überraschend offen.
»Ich würde mich freuen, wenn Sie auch mein Freund werden«, lachte
sie den alten Mann an.
Freund klärte seinen Vater über die mögliche Rolle der Feilers auf.
Misstrauisch musterte dieser den mächtigen Mann auf der Bank, der ihm lächelnd
zunickte. Frau Feiler kannte den ersten Eindruck ihres Mannes auf Fremde und
plapperte fröhlich auf Oswald Freund ein. Dabei berührte sie ihn immer wieder
wie zufällig am Arm oder an der Hand. Schließlich fasste sie ihn sanft am
Oberarm und bewegte ihn dazu, sich zu ihnen an den Tisch zu setzen. In seinen
Augen las Freund, dass sein Vater nicht genau verstand, worum es ging. Nach dem
Aufwachen hatte er nur mehr selten gute Momente. Instinktiv schien er positiv
auf Frau Feiler zu reagieren. Und nur darauf kam es in seinem Zustand an. Wo
sich der
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