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Menschliche Einzelteile (German Edition)

Menschliche Einzelteile (German Edition)

Titel: Menschliche Einzelteile (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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Bleihagel hindurch,
den Margit von der Waschküche aus auf ihn losließ. Kaum
eine Sekunde später hatte der Mann hinter der Tiefkühltruhe
Deckung gefunden und wechselte das Magazin seiner Waffe.
    „ Das
war's, Margit. Endstation.“ Das Grinsen im Gesicht des Mannes
reichte bis zu seiner Stimme. „Ich kenne den Grundriss dieses
Hauses in- und auswendig. Du befindest dich in der Waschküche.
Von dort aus geht es nur noch nach draußen – und da
wartet unser Scharfschütze auf dich. In dem Augenblick, in dem
du die Tür öffnest, pustet er dich weg.“
    Margit
antwortete zunächst mit einigen Schüssen. Dann rief sie:
„Ach ja? Etwa so, wie damals in Bielefeld? Und wer sagt
eigentlich, dass ich nach draußen will, Drache? Mir gefällt
es hier ganz gut. Komm doch einfach rein und versuch, mich
rauszuholen.“
    Drache?
Sören stutzte. Er hatte angenommen, der Kerl heiße Drago.
Oder Ausbeinschlachter. Aber nein, er hieß Drache. Das war
wohl eine ähnliche Sache wie bei dieser Buddha-Bock-Geschichte.
    Dann
war dies also der Kerl, der mit dem Megafon von draußen
gerufen hatte. Der hatte sich gar nicht gesund angehört. Sören
entschied, vorerst besser in Deckung zu bleiben, anstatt den
Polizisten um Hilfe zu bitten.
    Drache
lehnte sich ein Stück weit nach vorne und spähte hinter
der Tiefkühltruhe hervor, die MP feuerbereit in der Hand. „Ach
Margit, weswegen sollte ich mich wegen dir großartig
anstrengen? Ich muss doch nur eine Handgranate über die
Türschwelle kullern lassen, dann verlässt du den Raum
durch die Decke.“
    Margit
lachte auf. „Tolle Idee, Drache. Ich habe hier drin einige
Kilo C-4. Wenn sich dieses Zeug mit deiner Handgranate solidarisch
zeigt, dann wird das ein gewaltiger Bums. Wer weiß, vielleicht
der erste und gleichzeitig der letzte in Deinem Leben.“
    C-4?
Das hatte Sören schon in verschiedenen Kriegsfilmen gehört.
Das war doch Plastiksprengstoff. Und er hatte das Zeug für
Knetmasse gehalten! Himmel, wie blöd war er eigentlich? Aber
zum Glück hatte er dieser Verrückten das Feuerzeug
weggenommen – ansonsten hätte sie am Ende noch eine
Kamikazenummer abgezogen, die Zündschnur angezündet und
das ganze Haus in die Luft gejagt.
    Heinz-Maria
suchte sich genau diese Sekunde aus, um seine eigene Kamikazenummer
abzuziehen. Er kreischte: „Granaten! Nix wie raus hier!
Platoon!“
    Dann
sprang er auf und rannte los. Er schaffte es nicht einmal in die
Nähe der Treppe, denn Drache tauchte hinter seiner Deckung
hervor und schnappte den Kleinen aus vollem Lauf. Sören atmete
auf – wenigstens war Heinz-Maria nun bei dem Polizisten in
Sicherheit.
    Doch
was tat Drache?
    Er
schlang seinen Unterarm um die Kehle des Kleinen, hob ihn hoch und
hielt ihn wie einen Schutzschild vor sich. Gleichzeitig presste er
die Mündung seiner Maschinenpistole gegen Heinz-Marias Schläfe.
    „ He,
Margit. Schau mal, wen ich hier habe. War das nicht deine Geisel?“
    Diesmal
zögerte Margit, bevor sie antwortete: „Und wenn schon.
Die Kleine interessiert mich nicht. Wir haben schon, was wir
wollen.“
    Die
Kleine? Himmel, die dachten immer noch, Heinz-Maria sei ein Mädchen!
Um ein Haar wäre Sören aufgesprungen, um den Irrtum aus
der Welt zu schaffen. Gleichzeitig hätte er vermutlich auch
sich selbst aus der Welt geschafft, deswegen bremste er sich im
letzten Augenblick. Sollte die Sache ihren Lauf nehmen – ob
sie Heinz-Maria nun für Heinz oder für Maria hielten.
    „ Sag
mal, Kleine“, sagte Drache in Heinz-Marias Ohr, „stimmt
das, was die Schlampe da sagt? Haben diese Killer tatsächlich
die Daten gefunden?“
    „ Nee!“
Heinz-Maria strampelte. „Die haben gar nix, diese fiesen
Messerstecher.“
    Drache
lachte auf. „Dachte ich mir doch. Tja, Margit, jetzt habe ich
die letzte Geisel, aus der du noch etwas herausprügeln
könntest. Wenn ich der Kleinen das Gehirn aus dem Schädel
schieße, dann kannst du dir deine Informationen von der Wand
kratzen. Na, was hältst du davon?“
    Das
brachte Margits Geduldsfaden offenbar zum Reißen. Sie sprang
in die Türöffnung, die Waffe im Anschlag. „Das lässt
du schön bleiben, du Hochhauscasanova! Das ist meine Geisel und
die werde nur ich ausquetschen.“
    Sören
erkannte in Draches Blick beinahe so etwas wie Mitleid. „Ach
Margit, was hätte das mit uns beiden in Bielefeld so schön
werden können. Aber du bist einfach zu blöd.“
    Draches
Maschinenpistole wischte kurz zur Seite. Sören sah das
Mündungsfeuer, bevor er den Knall hörte. Ein

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