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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Watzlawick
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Beziehungen seit jeher viel mehr Interesse geweckt als die der symmetrischen. Die Psychoanalyse nennt sie sadomasochistisch und sieht in ihnen die mehr oder weniger zufällige Verbindung zweier Individuen, deren Charakterdeformationen sich gegenseitig ergänzen.14 In diesen Beziehungen können wir zunehmende Gefühle von Frustration und Verzweiflung bei einem oder beiden Partnern beobachten. Klagen über immer beängstigender werdende Gefühle von Selbstentfremdung, über Abulie oder zwanghaftes Abreagieren werden dann nicht selten von Personen vorgebracht, die in der Außenwelt, d. h. außerhalb der Beziehung mit ihrem Partner, durchaus zufriedenstellend mit ihren Lebensaufgaben fertig werden und in Einzelinterviews den Eindruck gut angepasster Menschen geben. Dieses Bild ändert sich aber oft drastisch, wenn man die Betreffenden zusammen mit ihren «Komplementen» sieht. Die Pathologie ihrer Beziehung wird dann offensichtlich.

    Die vielleicht bedeutendste Studie über Störungen in komplementären Beziehungen ist das berühmte Referat «La folie ä
deux», das zwei französische Psychiater vor fast hundert Jahren
verfassten. Wie gering unser Anspruch auf die Originalität unserer Orientierung ist, geht z. B. aus dem folgenden Zitat hervor. Die Verfasser beschreiben zuerst den Patienten und führen dann
weiter aus:

    Die obige Beschreibung ist die des Geisteskranken, des Agenten, der die
Situation des delire ä deux hervorruft. Sein Partner ist viel schwieriger zu
definieren, und doch werden sorgfältige Forschungen uns die Regeln zu
erkennen lehren, denen dieser zweite Teilnehmer im kommunizierten
Irresein folgt ... Wenn einmal die beide Irren bindende, stillschweigende
Übereinkunft fast erzielt ist, besteht das Problem nicht nur darin, den
Einfluss des kranken auf den angeblich normalen Partner zu untersuchen, sondern auch das Gegenteil, nämlich den Einfluss des vernünftigen
auf den gestörten Partner, und nachzuweisen, wie der Unterschied zwischen ihnen durch gegenseitiges Nachgeben verwischt wird [91, S. 4].
    3.63 Wie bereits erwähnt, können sich symmetrische und komplementäre Beziehungsformen gegenseitig stabilisieren, und
Wechsel von der einen in die andere Struktur sind daher wichtige
homöostatische Mechanismen. Dieser Umstand ist für die Therapie von Bedeutung, da während der Behandlung solcher Fälle
zumindest theoretisch Änderungen durch die Einführung von
Symmetrie in Komplementarität oder umgekehrt erzielt werden
können. Wir betonen: «zumindest theoretisch» - denn es ist nur
zu gut bekannt, wie schwer in der Praxis irgendeine Änderung in
einem starr festgelegten Beziehungssystem zu erzielen ist, in dem
wir Menschen anscheinend alle «die Übel, die wir haben, lieber
tragen, als zu unbekannten fliehen».
    3.64 Zur Erläuterung des bisher Gesagten folgen nun drei Auszüge aus sogenannten standardisierten Familieninterviews [154]
mit Kommentaren. Alle drei sind Antworten von Ehepartnern
auf die genormte Frage: «Wie kam es, dass unter den Millionen
von Menschen gerade Sie beide sich trafen?» Zweck dieser Frage
ist nicht, tatsächliches anamnestisches Material zu erhalten, obwohl diese Angaben rein inhaltlich ziemlich verlässlich sein
können und damit Schlüsse auf die symmetrische oder komplementäre Natur der damaligen Beziehungsform erlauben. Von
Interesse ist hier vielmehr die Art und Weise, wie die Partner sich in der Interview-Situation aufeinander beziehen. Die Geschichte
ihres Zusammentreffens ist sozusagen nur das Rohmaterial, das
sie in Übereinstimmung mit den Regeln manipulieren, die sich im
Laufe ihrer Beziehung herausgebildet haben. Für uns ist es nicht
wichtig, was damals stattfand, sondern, wer jetzt das Recht hat,
was zum (und über den) anderen zu sagen. Genauer ausgedrückt:
Von Interesse ist hier nicht der Inhalts-, sondern der Beziehungsaspekt ihrer Kommunikationen.

    1. Das erste Beispiel ist das einer typisch symmetrischen Interaktion:"

    Diese Ehepartner waren in Behandlung gekommen, weil sie
fürchteten, ihr dauerndes Zanken könne ihren Kindern schaden.
Wie sich aus dem oben zitierten Protokoll fast erraten lässt,
erwähnten sie auch Schwierigkeiten in ihrer Geschlechtsbeziehung, wo sich ihre allgemeine Unfähigkeit, sich aufeinander komplementär einzustellen, natürlich besonders bemerkbar machte.
    2. Das Ehepaar in dem folgenden Beispiel nahm freiwillig an
einem Forschungsprojekt teil, das sich mit Kommunikationsstrukturen

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