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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Watzlawick
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klarer, wenn man die oben beschriebene Situation mit
einem anderen Spiel ohne Ende vergleicht, in dem, der Natur der
Situation entsprechend, kein Vermittler existiert, dessen Intervention angerufen werden könnte.
    Die Verfassung eines imaginären Landes verbürgt das Recht
unbeschränkter parlamentarischer Debatte. Dieses Gesetz erweist
sich aber bald als unpraktisch, denn die politischen Parteien können jede Entscheidung durch endlose Reden vereiteln. Eine Verfassungsänderung ist also offensichtlich notwendig, die Annahme
dieser Änderung jedoch unterliegt demselben Recht unbeschränkter Debatte, auf deren Beschränkung sie abzielt, und kann
daher ebenfalls durch endlose Debatten unbegrenzt hinausgezögert werden. Die Regierungsmaschinerie dieses Landes ist also
gelähmt und unfähig, eine Abänderung ihrer eigenen Regeln zu
bewirken, denn sie ist in ein Spiel ohne Ende verstrickt.
    In diesem Fall gibt es keinen Vermittler, der außerhalb des
Rahmens der durch die Verfassung festgelegten Ordnung stünde.
Die einzig mögliche Änderung ist daher eine gewaltsame, z. B.
eine Revolution, durch die eine Partei die Macht über die anderen
an sich reißt und dem Land eine neue Verfassung aufzwingt. Das Gegenstück zu einer solchen gewaltsamen Änderung im zwischenmenschlichen Bereich, d. h. zwischen Individuen, die in einem Spiel ohne Ende gefangen sind, ist Trennung, Selbstmord oder Mord. Wie wir im 5. Kapitel sahen, ist eine weniger gewaltsame Variation dieses Themas die Tötung des imaginären Sohns durch George, womit die bisherigen Regeln seiner Ehebeziehung mit Martha über den Haufen geworfen werden.'

    7.22 Unserer Ansicht nach ist die dritte oben erwähnte Möglichkeit (die der Einwirkung von außen) ein Modell psychotherapeutischer Intervention zur Lösung zwischenpersönlicher Spiele
ohne Ende. Mit anderen Worten, der Therapeut kann als Außenstehender das beitragen, was das System aus sich selbst nicht hervorzubringen imstande ist: eine Änderung seiner Regeln. So war
z. B. das in Abschnitt 6.445 beschriebene Ehepaar in ein Spiel
ohne Ende verstrickt, dessen Grundregel im Anspruch des Mannes auf absolute Vertrauenswürdigkeit und in der absoluten
Bereitschaft seiner Frau bestand, diese Selbstdefinition anzuneh men. In dieser Beziehung ergab sich eine für die beiden Partner unlösbare Paradoxie in dem Augenblick, da der Mann vertrauensunwürdig (untreu) zu sein versprach. Die Ausweglosigkeit der Situation lag darin, dass dieses Spiel ohne Ende, genau wie jedes andere, bestimmten Regeln unterworfen war, doch keine Metaregeln für die Änderung dieser Regeln besaß. Das Wesen psychotherapeutischer Intervention in einem solchen Fall besteht also in der Herstellung eines neuen, erweiterten Systems (bestehend aus Mann, Frau und Therapeuten), in dem es nicht nur möglich ist, von außen her an das alte System (die eheliche Dyas) heranzugehen, sondern in dem der Therapeut sich selbst gewisser Paradoxien für seine Aufgabe bedienen kann, indem er neue Regeln in das System einführt.4

    7.3 Die Technik der «Symptomverschreibung»
    7.31 Therapeutische Kommunikationen gehen also notwendigerweise über solche Ratschläge hinaus, die gewöhnlich, aber zweckloserweise die Betroffenen sich selbst geben bzw. die ihnen von
ihren Verwandten und Freunden gegeben werden. Solche Aufforderungen beruhen auf der Meinung, dass man «mit etwas Willensstärke» seine Lage verbessern kann und dass es daher von einem selbst abhängt, zwischen Normalität und Elend zu wählen.
Diese Annahme ist aber nichts anderes als eine Illusion von Alternativen. Bona-fide-Patienten - womit wir einfach Personen meinen, die nicht absichtlich simulieren - haben meist alle möglichen
Arten von Selbstdisziplin und Willensakten vergeblich anzuwenden versucht, bevor sie ihren Zustand anderen mitteilten und den
Rat erhielten, sich zusammenzunehmen. Es liegt im Wesen jedes
Symptoms, dass es etwas Ungewolltes und daher Autonomes ist.
Oder anders ausgedrückt: Ein Symptom ist eine spontane Verhaltensform, so spontan, dass selbst der Patient es als etwas Unbeherrschbares empfindet. Dieses Schillern zwischen Spontaneität
und Zwang ist es, das ein Symptom paradox macht, und zwar
sowohl im subjektiven Erleben des Patienten als auch in seinen
Wirkungen auf andere.

    Wenn man das Verhalten einer anderen Person beeinflussen will, bestehen dafür grundsätzlich nur zwei Möglichkeiten. Die eine ist der Versuch, sie zu anderem Verhalten zu

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