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Mephisto

Mephisto

Titel: Mephisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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Mann Einfluß hatte. Bei repräsentativen Gelegenheiten zeigte sie sich an seiner Seite. Klirrend im Panzer ihrer metallenen Abendtoilette begleitete sie ihn zum Presseball. Was für ein Paar : Hendrik und Nicoletta – beide von einem etwas gräßlichen Liebreiz, zwei gefährliche und schauerlich charmante Gottheiten der Unterwelt. Der Dichter Benjamin Pelz war es, der den Einfall hatte, sie als ›Oberon und Titania‹ zu bezeichnen. »Ihr führt den Tanz, ihr unterirdischen Majestäten!« schwärmte der Lyriker, für den die Diktatur des rassistischen Faschismus eine Art von blutig-phantastischem Sommernachtstraum bedeutete. »Ihr verzaubert uns mit eurem Lächeln und mit euren wundersamen Blicken. Ach, wie gerne vertrauen wir uns euch an! Ihr geleitet uns unter die Erde, in die tiefste Schicht, in die magische Höhle, wo das Blut von den Wänden rauscht, wo die Kämpfenden sich begatten, die Liebenden sich töten, wo Liebe, Tod und Blut in orgiastischer Kommunion sich vermischen …« Dieses war das neudeutsche Ballgeflüster in seiner feinsten, anspruchsvollsten Form. Der Dichter Benjamin Pelz beherrschte den Stil. Einst war er ein wenig weltfremd gewesen, nun aber wurde er immer gesellschaftsfähiger und gewandter. Er gewöhnte sich rasch an die große Welt, in deren exklusive Zirkel seine hochmoderne Vorliebe für die tiefsten Schichten, die magische Höhle und das süße Parfüm der Verwesung ihm Eintritt verschaffte. Er leitete als Vizepräsident die Geschäfte der Dichterakademie, deren Erster Präsident, Cäsar von Muck, seinem Seelsorgerberuf augenblicklich im Ausland nachging. In Hendrik-Hall war Benjamin ein gern gesehener Gast. Zusammen mit den Herren Müller-Andreä, Doktor Ihrig und Pierre Larue gehörte er zu den regelmäßigen Besuchern der Grunewald-Villa. Alle Kavaliere machten sich eine Ehre und ein Vergnügen daraus, der distinguierten Frau Bella die Hand zu küssen und dem Fräulein Josy zu versichern, wie reizend sie aussehe. Pierre Larue flirtete ein bißchen mit dem kleinen Böck, was wohlwollend geduldet wurde. Besonders lustige Stunden hatte man, wenn Charakterspieler Joachim mit seiner amüsanten Gattin vorfuhr, sehr viel Bier kommen ließ, sein fleischiges Gesicht in die ausdrucksvollsten Falten legte, und nicht müde ward, zu betonen, daß es ›Kinder, sagt was ihr wollt!‹ – eben doch nirgends auf der Welt so schön sei wie im Grunewald. Manchmal zog Joachim jemanden in eine Ecke, um ihm zu versichern, daß bei ihm – ›Hand aufs Herz!‹ – alles in Ordnung sei. ›Vor ein paar Tagen habe ich erst wieder einen einsperren lassen müssen, der das Gegenteil behauptet hatte‹, erklärte der Charakterspieler und bekam kleine tückische Augen.
    Manchmal erschien Angelika Siebert, die jetzt einen anderen Namen führte; denn sie hatte ihren Filmregisseur geheiratet. Der junge Gatte war ein schöner Mensch; zu üppigem, kastanienbraunem Haar hatte er tiefblaue, ernste und große Augen. Er, als der einzige in dieser etwas degenerierten Gesellschaft, sah so aus, wie ein einfaches Herz sich den deutschen Helden, den Jünglings-Ritter ohne Furcht und Tadel vorstellen mag. Gerade er aber zeigte, überraschenderweise, oppositionelle Neigungen. Sein kindlich-grüblerischer Sinn war längst nicht mit allem einverstanden, was in Deutschland geschah. Ursprünglich war er begeistert für die Nazis gewesen; um so größer war nun seine Enttäuschung. Mit ernsten, dringlichen Fragen wandte er sich an Höfgen, für dessen Talent und künstlerisches Können er eine echte Bewunderung empfand. »Sie haben doch einen gewissen Einfluß auf die höchsten Stellen«, sagte der junge Mann. »Ist es Ihnen denn nicht möglich, manche gar zu krassen Furchtbarkeiten zu verhindern? Es ist Ihre Pflicht, den Herrn Ministerpräsidenten auf die Zustände in den Konzentrationslagern hinzuweisen …« Das helle und brave Gesicht des jungen Ritters ohne Furcht und Tadel rötete sich vor Eifer, während er sprach.
    Hendrik aber bewegte enerviert den Kopf. »Was wollen Sie, junger Freund?« machte er ungeduldig. »Was verlangen Sie denn von mir? Soll ich den Niagarafall mit einem Regenschirm aufhalten? Halten Sie das für ein aussichtsreiches Unternehmen? – Na also!« schloß er keck und in einem Ton, als hätte er nun den anderen definitiv widerlegt und für sich gewonnen. »Na also!« Dabei lächelte er aasig.
    Zuweilen beliebte es dem Intendanten, seine Taktik völlig zu ändern. Mit einem zynischen Übermut

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