Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Getränkekästen, fiel ihr ein, dass sie am Nachmittag mit Frederike nach Wiesbaden fahren wollte, um Karten für »Schwanensee« zu besorgen, was im dortigen Staatstheater aufgeführt werden sollte. Aber Frederike war noch nicht aus der Schule zurück, und so beschoss sie, mit Lilly noch eine kleine Runde zu machen.
»Hi, Mama«, begrüßte sie Jonas, der gerade von der Schule kam, »die letzten zwei Stunden sind ausgefallen. Was gibt’s zu essen?«
»Mach dir bitte mal eine Pizza im Backofen, ich fahre gleich nach Wiesbaden wegen der Karten für die Aufführung im Staatstheater.«
»Alles klar … ich muss aber nicht mit?« Jonas fragte sicherheitshalber nach, denn er traute seiner Mutter in Sachen kulturelle Erziehung so einiges zu. Man konnte nicht ausschließen, dass sie klassisches Ballett als wichtigen pädagogischen Baustein in der Erziehung eines Achtzehnjährigen ansah.
»Nein, musst du nicht«, kam der beruhigende mütterliche Dispens.
»Ich bin nachher bei Tommy, wir üben für unseren Auftritt nächste Woche.«
Lea dachte an die meterhohen Verstärker, an die E-Gitarre, Keyboard und die anderen Instrumente angeschlossen wurden.
»Was sagt eigentlich Tommys Mutter über die dauernde Beschallung ihrer Wohnung?«
»Die ist cool«, erklärte Jonas.
»Oder taub«, konterte Lea.
Nach der kurzen Runde mit Lilly, die etwas lustlos hinter ihr her getrottet war, öffnete Frederike Lea unaufgefordert die Haustür. »Mama, für dich«, und hielt ihr das Telefon hin.
»Johannsen«, meldete sich Lea.
»Bender hier, Frau Johannsen. Nur so viel: Frau Kurz hat ein Fax der Kollegen aus Belgien mit der Schriftprobe von Madeleine Desault erhalten. Unser Graphologe hat diese mit der Schrift auf dem Zettel aus Frau van der Neers Hose verglichen und eine vollkommene Übereinstimmung festgestellt. Die Nachricht stammt von Madeleine Desault, irgendwie muss er in die Hände von Frau van der Neer gelangt sein. Wir schließen eine persönliche Warnung nicht aus, jedoch ist es durchaus möglich, dass der Zettel ursprünglich für jemand anderen bestimmt war und Frau van der Neer ihn sozusagen als unbeteiligte Dritte erhalten oder vielleicht sogar gefunden hat.« Kommissar Bender wollte sich offenbar nicht zu früh auf eine Interpretation festlegen.
Er fuhr fort: »Aber, wir haben gestern Morgen Herrn Schäfer im ISG aufgesucht und ihn mit dem Inhalt der Datei auf dem USB-Stick konfrontiert.«
»Haben Sie ihm den Stick gezeigt?«
»Nein, ich hielt es für klüger, nicht preiszugeben, woher wir die Informationen haben. Aber dieser Marcion ist abgebrüht. Er ist mit keiner Silbe auf die Todesfälle eingegangen. Immerhin zwei hintereinander, die Kursteilnehmerinnen des ISG betreffen und deren Erbschaft das Institut angetreten hat!«
»Hat er überhaupt etwas dazu gesagt?«, wollte Lea wissen.
»Sicher, er hat von tragischen Unglücksfällen gesprochen, welche die Gemeinschaft schwer getroffen hätten, und noch etwas wie ›die Wege des Schicksals sind schwer zu ergründen‹, etwas in der Art.«
Lea ging mit dem tragbaren Telefon in die Küche und nahm die Pizza, die Jonas vor 20 Minuten bei höchster Stufe hineingeschoben hatte, aus dem Backofen. Ein Kollege von Kommissar Bender sagte etwas im Hintergrund, das Lea nicht verstehen konnte. Dann redete Bender wieder mit ihr.
»Schließlich wollten wir Herrn Schäfer noch ein wenig aus der Reserve locken und haben beiläufig etwas von Ihrer Erinnerung an den Anruf bei Frau Hollmann anklingen lassen.«
»Und, wie hat er reagiert?«
»Überhaupt nicht, jedenfalls hat er nichts dazu gesagt. Aber Frau Kurz und ich sind der Meinung, dass es ihm überhaupt nicht gefallen hat. Ansonsten blieb er jedoch weiterhin aalglatt und behielt seine Guru-Masche bei.«
»Hm, und was jetzt?« Lea war so ratlos wie ihr Gesprächspartner.
»Wir werden abwarten müssen. Wichtig für Sie, Frau Johannsen, ist jetzt eine erhöhte Aufmerksamkeit!«
»Weshalb das?«
»Durch unseren Hinweis wird den Beteiligten sicher klar sein, dass Sie weiterhin mit uns zusammenarbeiten, und das könnte unter Umständen eine Gefahr darstellen.«
»In welcher Hinsicht? Die werden mich sicher nicht kidnappen und in ein Verlies sperren?«
Franz Bender wurde deutlicher: »Nehmen Sie das bitte ernst, zumal wir nicht sicher wissen, in welcher Weise Sie manipuliert worden sind.«
Da musste Lea ihm zustimmen, aber sie wollte sich nicht wie ein verschüchtertes Mäuschen in ihr Loch verkriechen.
»Nun, bis
Weitere Kostenlose Bücher