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Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Heeger
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herum?« Erstaunlicherweise verändern sich Menschen wenig.
    »Lass gut sein«, hatte Lea versöhnlich erwidert, »erzähle mir lieber etwas über eure Vorträge. Die Veranstaltung hast du organisiert, oder?«
    »Ja, klar.« Cleo war stolz auf ihr Programm gewesen, hatte zufrieden gestrahlt. »Wir haben die Leiterin der Selbsthilfegruppe für misshandelte Frauen in Frankfurt hier, sie hält den nächsten Vortrag. Danach Naomi Bellec, die Heilerin, die über Blockaden im Mentalkörper und deren Auswirkungen auf die Gesundheit referiert.« Sie hatte sich ihren blasslila Seidenschal über die wenig filigranen Schultern geworfen und diese gestrafft. »Dann spricht noch Sandy Bishop über Schamanen und heilkundige Frauen verschiedener Indianerstämme Nordamerikas. Du, die hat drei Jahre in einem Indianerdorf in der Wüste von Arizona verbracht und dort mit den Frauen in Zelten gelebt.« Cleos Augen hatten geleuchtet.
    »Ah ja«, konnte sich Lea damals nicht zurückhalten, »soweit ich weiß, sind Indianer ausgeprägte Machos, rauchen Pfeife und lassen sich Feuerwasser durch die Kehle rinnen, während ihre Squaws sich abrackern und ihre edlen Krieger auch noch bedienen.«
    »Ach, du hast wieder mal keine Ahnung, ihre Naturverbundenheit bringt diese Gemeinschaften zu einem natürlichen und unverkrampften Miteinander.«
    Lea hatte sich eigentlich fest vorgenommen, kein konfrontatives Gespräch mit ideologisch festgelegten Gesprächspartnern zu führen, aber sie hatte diese Äußerungen nicht einfach ignorieren wollen. »Also wirklich, Cleo, mit eurer Vorstellung vom großmütigen und naturverbundenen Indianer befindet ihr euch zwar in bester Gesellschaft, denn bereits Rousseau hatte vor 250 Jahren eine idealisierte Vorstellung vom ›Edlen Wilden‹, aber schon damals gab es genügend Wissen über die sehr verschiedenartigen Gemeinschaften, die eben teils auch brutal und menschenverachtend waren und sich überaus repressiv gegenüber den weiblichen Stammesmitgliedern verhielten.«
    »Mensch, Lea, immer diese akademischen Diskussionen, du verdirbst einem jedes Feeling. Immer noch die alte Kritikerin! Hör dir erst mal alle Vorträge an.«
    Cleo hatte Lea in den Vortragssaal gezogen, der schon fast gefüllt war. Um sie herum waren überwiegend Frauen versammelt gewesen, einige mit Säuglingen in Tragetüchern, die entweder schliefen oder gerade gestillt wurden. Männer gab es vereinzelt, wobei sie es verstanden, sich im Hintergrund zu halten.
    »Du, ich muss weiter, da drüben ist Christiane, die wollte auch noch unbedingt einen Kurs buchen.« Cleo hatte in überraschender Innigkeit Leas Unterarm ergriffen, ihn zum Abschied gedrückt und sich zu der Frau namens Christiane in Bewegung gesetzt. Diese war eine hagere Vierzigjährige mit zwei Zöpfen, die unschlüssig am Rand der Sitzreihen stand. Das blasslilafarbene Tuch war hinter Cleo hergeweht.
    Die Vorträge, die eine andächtig lauschende Zuhörerschaft über exotische Kraftzentren, Engelwesen, Feuerrituale der Naturvölker, dämonenähnliche Geister und die Bedeutung des eigenen Totems aufklärten, hatten bei Lea zu einer gewissen Ermattung geführt, obwohl der Begriff Energie sicher in jedem zweiten Satz vorgekommen war. Daran konnte auch das vegetarisch-ökologische Büfett nichts ändern, das neben den ausliegenden Kurslisten aufgebaut worden war. Über die horrenden Kursgebühren sowie die volle Anmeldungsliste für »Begegnung mit Lichtwesen« konnte Lea nur staunen.
    Irgendwie war Lea das alles zu viel geworden, und sie hatte beschlossen, nach Mainz zurückzufahren. Körperlich und seelisch erschöpft war sie zu Hause angekommen, aber auch einigermaßen erleichtert über die Entfernung zwischen ihrem Alltag und den anstrengenden und kostspieligen Wegen der Selbstfindung.

    Lea schaute zu Sören hinüber. Er war eingeschlafen. Diesmal deckte Lea ihn mit einer Decke zu und löschte die Lichter.
    Als sie allein im Ehebett lag, konnte sie nicht einschlafen. Genau wie ihr Mann mochte sie es, wenn man sich vor dem Schlafen an etwas kuscheln konnte. Es entspannte, die Gedanken konnten sich nach und nach verabschieden und Platz schaffen für Schlaf und Traum. Außerdem hatte sie chronisch kalte Füße und wärmte diese gerne bei Sören auf.
    Leas Füße wollten nicht wärmer werden, und ihre Gedanken machten keinerlei Anstalten, sich allmählich zurückzuziehen.
    Vor gut einem Jahr hatte sie Cleo zuletzt getroffen, und kurze Zeit darauf hatte Susanna van der Neer den ersten

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