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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Schrecken anzusehen, der ihnen in die Knochen gefahren war.
    »Seid Ihr in Ordnung, Kaiserliche Hoheit?«, fragte Kipan.
    »Wenn ich wieder richtig wach bin, verwandle ich dich in einen Frosch. Dann kannst du auf deinem Achterdeck so viel Kaiserliche Hoheit quaken, wie es dir gefällt.« Merani richtete sich auf und stieg aus dem Bett.
    Careedhal schob sich nach vorne. »War es wieder wie damals, als du die beiden Mädchen unter dem Meer entdeckt hast?«
    Merani schüttelte den Kopf. »Es war eher ein Albtraum. Ich habe Gurrländer gesehen, die während eines weißmagischen Orkans im Meer versunken sind. Außerdem …« Sie versuchte sich zu erinnern, doch in ihrem Kopf war nur das letzte Bild hängen geblieben. Dabei war sie überzeugt davon, mehr gesehen zu haben als nur die Ertrinkenden.
    »Nach dieser Vision werdet Ihr Durst haben.« Qulka reichte ihr einen Becher mit Wasser, das Merani gierig trank.
    »Hast du noch mehr?«, fragte sie.
    »Ich hole gleich welches. Herr Careedhal, könnt Ihr Euch um die Prinzessin kümmern? Sie ist noch sehr schwach.« Nach diesen Worten drehte Qulka sich um und verließ die Kabine.
    Merani schob Careedhals Arm jedoch beiseite. »Ich kann auf meinen eigenen Beinen stehen. Kommt, lasst uns an Deck gehen. Hier habe ich das Gefühl zu ersticken.«
    Careedhal konzentrierte sich für einen Augenblick. »Ich nehme an, das liegt an den Spuren von Weiß, die plötzlich hier sind. Anscheinend hat dein Geist doch einen Ausflug gemacht, und dabei hat sich etwas an ihn geheftet.«
    »Hoffentlich kein anderer Geist«, rief Argeela erschrocken.
    Ihr Bruder schloss die Augen und setzte seine Spürfähigkeiten gründlicher ein. »Nein! Es scheint nur schlichte weiße Magie zu sein, wie sie in magischen Stürmen vorkommt. Aber ganz sicher bin ich mir nicht. Wir sollten vorsichtig sein. Die magischen Stürme wühlen das Meer bis in große Tiefen auf, und da kann so manches erwachen, das lange Zeit geschlafen hat.«
    »Heute bist du ja ungeheuer aufbauend! Wenn ich daran denke, dass hier irgendetwas Weißes lauern könnte, läuft es mir kalt den Rücken hinunter.« Merani schüttelte sich, während Careedhal beschwichtigend die Hände hob.
    »Weiß muss nicht gleichbedeutend mit feindlich sein. Denk nur an die weißen Runi von Runia! Die sind unsere Freunde.«
    Obwohl Careedhal recht hatte, war Merani die ganze Sachenicht geheuer. Sie schlüpfte in ihren Morgenmantel und ging zur Tür. »Ich gehe nach oben. Kommt ihr mit?«
    »Natürlich!«, rief Argeela und schloss sich ihr an. Auch Careedhal folgte ihr, während Kipan den Kopf schüttelte.
    »Ich lege mich wieder hin.« Er nahm es Merani übel, dass sie gedroht hatte, ihn in einen Frosch zu verwandeln.
    Merani ließ ihn mit einem Achselzucken ziehen und wandte sich selbst der Treppe zu, die an Deck führte. Oben atmete sie erst einmal die Nachtluft ein und spürte, wie ihre Verkrampfung wich. Trotzdem dachte sie an die Gurrländer, die ins Wasser gefallen waren, und hätte gerne gewusst, ob sie gerettet werden konnten. Ganz sicher aber war sie, dass die aufwendigen Symbole und Rangabzeichen auf den Uniformen der Männer nicht von Gurrland stammten.
    »Glaubt ihr, dass es noch andere Inseln gibt, auf denen Gurrländer leben?«, fragte sie Careedhal.
    Dieser versuchte gerade, anhand der Sterne ihre derzeitige Position zu bestimmen, gab es aber auf, um Meranis Frage zu beantworten. »Erinnerst du dich an den Treiberfisch? Er sagte, dass es noch sehr viele Inseln geben soll. Da sind gewiss auch Gurrländer zu finden. Irgendwo muss doch der Ort sein, auf dem sie gelebt haben, bevor sie vor gut tausend Jahren auf unserem Archipel gelandet sind.«
    Mit einem Mal fröstelte Merani. Die Worte ihres Freundes ließen nur einen einzigen Schluss zu: Die Gurrländer, die sie in ihrer Traumvision gesehen hatte, waren wahrscheinlich Feinde. Sie versetzte sich so weit in Trance, dass sie die Szene noch einmal durchlebte, und diesmal entdeckte sie den großen schwarzen Schatten, der ihr bis dahin entgangen war. Dabei konnte es sich nur um ein Schiff handeln, und sie hätte ihren Nachtisch für die nächsten zehn Jahre darauf verwettet, dass sein Rumpf nicht aus Holz, sondern aus Eisen bestand.
    Nun begriff sie, dass ihr kurz aufgeflammter Hass auf die weißmagische Farbe nicht aus ihr selbst gekommen war, sondern vonder Stimmung der Leute auf jenem Schiff beeinflusst wurde. Schnell versenkte sie sich in eine Übung, die ihren Geist von allen fremden Einflüssen

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