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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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sie wandte sich rasch derKönigin zu. An ihrem Knicks hatte diesmal auch Qulka nichts auszusetzen, und die blumigen Begrüßungsformeln, die hier erwartet wurden, kamen so fein gedrechselt aus ihrem Mund, als würde sie immer so sprechen.
    Königin Ilna stand ächzend auf und stieg die Stufen des Thrones herab. »Ich freue mich, dich zu sehen, Kind«, sagte sie nicht ganz protokollgemäß und schloss Merani in die Arme. Danach umarmte sie auch Argeela und Careedhal und winkte anschließend Meranda heran. »Du willst unsere Gäste doch auch begrüßen. Große Ilyna, wie schnell die Zeit vergeht! Als Merani das letzte Mal hier war, reichte sie mir gerade bis zum Kinn, und jetzt ist sie schon ein Stück größer als ich.«
    Meranda, die noch sehr jung wirkte und mit ihrer leicht untersetzten Gestalt und dem rundlichen Gesicht ihrer Mutter Meraneh ähnlich sah, kam auf ihre Nichte zu, legte ihr die Hände auf die Schulter und blickte zu ihr auf. »Willkommen, Wildfang! Wie geht es deiner Mutter und Girdhan? Weshalb sind Torrix, Mama und Großmama nicht mit euch gekommen? Warum …«
    »Sind das nicht zu viele Fragen auf einmal? Wir werden sicher auf alles eine Antwort bekommen«, wies die Königin ihre Heilerin lächelnd zurecht.
    »Das werdet Ihr, Euer Majestät.« Graf Hemor wartete geduldig, bis Merani die Königin begrüßt hatte, und verbeugte sich dann ebenfalls vor Ilna V. Seine Miene verriet der Königin, dass er keine guten Nachrichten mitbrachte. Da es sie drängte, mit ihm zu reden, bat sie ihre Höflinge und die Gäste, sie zu entschuldigen.
    Sämtliche Anwesenden spürten, dass etwas im Schwange war. Dazu mussten sie nur Hemor ansehen, der trotz seines hohen Alters hastig hinter der Königin hereilte. Selbst die Diener und Dienerinnen starrten den beiden gespannt hinterher, und Prinz Wardil folgte ihnen unwillkürlich. Auf halbem Weg zur Tür blieb er stehen und drehte sich zu Meranda um. »Kann ich Euch die Betreuung der Gäste überlassen, Verehrteste?«
    »Natürlich! Ihre Majestät erwartet gewiss, dass Ihr Euch zu ihr begebt und ihr mit Eurem Rat zur Seite steht.« Merandas Lächeln wirkte höflich, doch Merani konnte den Hauch einer Belustigung in ihrer Miene lesen.
    Erleichtert, dass ihm die Entscheidung abgenommen worden war, verließ nun auch der Kronprinz den Saal. Meranda hakte sich bei ihrer Nichte ein und trat mit ihr durch die gegenüberliegende Tür, die in den Bankettsaal führte. »Gleich gibt es etwas zu trinken, und wenn ihr Hunger habt, kann ich eine Mahlzeit auftischen lassen.«
    Merani atmete sichtlich auf. »Giringar sei Dank redest du wie ein normaler Mensch. Aber der Prinz … nicht umsonst gibt es bei uns auf Gurrland den Spruch ›Er schwafelt wie ein Ilyndhirer‹.«
    »Manchmal übertreiben es die Leute bei uns wirklich«, antwortete Meranda lächelnd. »Aber komm jetzt mit und gib den guten Leuten Gelegenheit, dich zu sehen. Umso schneller bist du sie wieder los.«
    »Hoffentlich! Argeela, Careedhal und ich müssen so bald wie möglich in den Hexenwald, um dort etwas zu untersuchen. Alles andere erfährst du, wenn wir unter uns sind.«
    Zu Meranis Erleichterung stellte ihre Tante keine Fragen, sondern bat sie und ihre Freunde an dem Tisch, der die vordere Stirnseite des Raumes einnahm, Platz zu nehmen.
    Sofort erschienen Dienerinnen und gossen Blaubeersaft in Pokale, die aus Halbedelsteinen geschnitzt waren. Dann tischten sie ungefragt ein Essen auf, das sie eine kleine Zwischenmahlzeit nannten. Auf die drei wirkte die Menge an Schüsseln und Schalen jedoch eher wie ein Festmahl.
    Nach den hohen Gästen nahmen die anwesenden Höflinge und Damen ihre Plätze an der Tafel ein und beobachteten die jungen Leute verstohlen. Merani, Argeela und Careedhal boten ihnen jedoch keinen Anlass zu lästern. Zwar stammten sie von Inseln mit weitaus weniger steifem Zeremoniell, aber sie waren mit denSitten am Hof von Ilyndhir vertraut und wussten sich zu benehmen.
    Die Getränke und das Essen waren von bester Qualität, doch recht gewöhnungsbedürftig für jemanden, der nicht auf den blauen Inseln aufgewachsen war. Das galt besonders für die Goldgarnelen, die in fremdartigen Gewürzen gewälzt worden waren und lange nicht so gut schmeckten wie die auf Gurrland. Zudem wurden jedem nur drei Stück gereicht.
    Nach einer Stunde hielt Meranda es für angebracht, die Tafel aufzuheben und ihre Gäste zu deren Suite zu geleiten. Mehrere Mägde schlossen sich der Gruppe an, um bereitzustehen, falls

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