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Mercy, Band 4: Befreit

Mercy, Band 4: Befreit

Titel: Mercy, Band 4: Befreit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Rothfuss
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Seite, um mir Platz zu machen. Ich schüttle meinen wilden dunklen Lockenkopf und lege mich auf die Decke. Dann drehen wir uns zueinander um. Ryan hat immer noch dunkle Ringe unter den Augen, aber er ist nicht mehr so erschöpft, das spüre ich. Er streckt die Hand aus, streicht mir über den Nasenrücken, und als ich lächle, berührt er die Grübchen neben meinem Mund, meine Lachgrübchen, und zeichnet sie ebenfalls nach.
    „Daran könnte ich mich gewöhnen“, murmelt er und spielt mit meinen Locken. Dann fügt er zögernd hinzu: „Weißt du, wovor ich mich am meisten gefürchtet habe? Es klingt vielleicht blöd, aber … Ich hatte Angst, dass …“
    Er schluckt, setzt wieder neu an. „Ich hatte Angst, dass ich nicht mit ihm konkurrieren kann. Dass deine Gefühle für mich nur ein schwacher Abklatsch von dem sind, was du für ihn empfunden hast …“
    „Konkurrieren?“, wiederhole ich verständnislos.
    „Ja, konkurrieren.“ Ryan lacht über sich selbst. „Als ob man in einem Showdown mit dem Teufel siegen könnte.“ Er lacht wieder, leise diesmal.
    „Brenda war meine erste richtige Freundin“, sprudelt er mit einer seltsamen Hast drauflos. „Und bevor wir nach Paradise gezogen sind, war ich bis über beide Ohren in ein Mädchen namens Edie Nolan verknallt. Aber sie hat mich abserviert, weil sie mich auf einer Party dabei erwischt hat, wie ich ihrer besten Freundin aus dem T-Shirt geholfen habe. Ich war total betrunken, sonst hätte ich das nie gemacht, aber ich durfte Edie nie wieder anfassen und bin fast gestorben. Du hast ja keine Ahnung, wie das ist. Danach war ich froh, dass wir weggezogen sind. Mein erster Kuss, das war mit sieben in der dunklen Turnhalle, auf einem Stapel alter Gymnastikmatten. Das Mädchen hieß Nikki und ihr Dad hatte eine Bar. Wir sind beim Küssen dauernd mit den Zähnen zusammengeknallt. Und außerdem hatte sie ein Käsebrot gegessen. Küssen ist total überschätzt, hab ich mir damals gedacht.“ Ryan redet so schnell, dass sich seine Worte geradezu überschlagen.
    Ich sehe das Mädchen vor mir, lasse mich dazu hinreißen, es durch Ryans Haut zu betrachten, dann ziehe ich mich schnell zurück. Wozu soll ich mich unnötig quälen? Aber es ist bereits zu spät. Edie spukt durch meine Gedanken, ein sanftes rotblondes Geschöpf. Dann die beste Freundin, eine Braunhaarige, die zu allem bereit ist. Und schließlich Nikki, ein toughes kleines Mädchen mit einem glatten dunkelblonden Pony.
    „Und Brenda … also vielleicht haben wir nie wirklich zusammengepasst“, redet Ryan weiter. „Aber nach Edie kam mir das mit Bren … so … also das war wie eine 1000-Watt-Liebe. Wenn Lauren nicht entführt worden wäre, wären wir vielleicht immer noch zusammen.“
    „Warum erzählst du mir das eigentlich?“, wispere ich.
    „Weil du alles über mich wissen sollst“, erwidert Ryan leise. „Damit du weißt, wer ich bin. Ich hab nur gerade das blöde Gefühl, dass du das alles falsch verstehen könntest.“
    Ich spüre die zunehmende Hitze unter seiner Haut, bin aber trotzdem überrumpelt, als er sich sanft zu mir vorbeugt, seine Lippen auf meine legt, mein Gesicht mit einer Hand umfasst und seine Finger in meinem Haar vergräbt. Der Kuss wird tiefer, leidenschaftlicher, bis meine ganze Welt, mein ganzer Horizont nur noch aus Ryan besteht, und alle meine Sinne von ihm überflutet werden.
    Eine dunkle Erinnerung regt sich in mir: wie ich in unzähligen früheren Leben geküsst wurde oder selbst geküsst habe. Aber ich glaube nicht, dass ich je so berauscht, so beflügelt davon war. Sonst war es eher etwas Mechanisches, das mich – mein wahres Ich – nie wirklich berührt hat. Nicht so wie jetzt mit Ryan.
    „Du wirfst mich völlig aus der Bahn“, murmle ich, schaue in seine Augen, deren Pupillen ganz dunkel sind, ganz groß. Und es stimmt. Ich spüre, wie diese besondere Energie, seine Lebensenergie, gegen mich anbrandet, an meiner Haut summt. Sie klingt wie wilde Musik in meinem Kopf, geht mir durch und durch. Jetzt zieht er mich noch enger an sich, küsst mich heftiger, und dennoch ganz sanft, seine Küsse haben nichts Ungeübtes. Er ist Hitze und Samt in einem, das salzig-süße wogende Meer.
    Dann wälzt er mich auf den Rücken, stützt sich ab, sodass er halb über mir liegt und wir uns hoffnungslos in den Laken verheddern. Es ist eine neue Art der Gefangenschaft. Eine, die weder Wut noch Abscheu in mir auslöst. Nur Staunen.
    Liebe ist so anders unter uns Elohim. Wir

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