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Mercy, Band 4: Befreit

Mercy, Band 4: Befreit

Titel: Mercy, Band 4: Befreit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Rothfuss
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angetan?
    „Mir gefällt es“, verkündet Gia energisch. „Sieht trendy aus, finde ich, richtig heiß. Und ganz ohne Blutvergießen diesmal, Tommy, klasse! Und du hier …“, sie zeigt kurz auf Ryan, und ich spüre wieder den Anflug von Traurigkeit in ihr, „… du haust jetzt erst mal ordentlich rein.“
    Tommy legt die Haarschneidemaschine weg und rollt die Zeitung zusammen, die er um Ryans Stuhl ausgelegt hat.
    „Ist es so schlimm?“, fragt Ryan und kommt auf mich zu.
    Ich antworte nicht, bin immer noch sprachlos über seine Verwandlung.
    Ryan fragt nicht nach einem Spiegel, und das ist typisch für ihn. Ihm ist es völlig egal, wie er aussieht oder wie er auf andere wirkt.
    Ich schaue ihn an, und er hält meinem Blick stand und sagt: „Ich bin immer noch der Alte, okay?“
    Ja , denke ich, und immer noch so schön, dass es mir fast das Herz zerreißt, auch wenn ich keines habe . Laut sage ich nur: „Iss.“
    Während Ryan Unmengen von Essen und Trinken in sich hineinschaufelt, reicht Gia mir einen schwarz-grauen Rucksack mit grünem Neongekritzel darauf. Wir gehen zusammen den Inhalt durch: der hochwichtige Empfehlungsbrief, die Strickmütze, die Basecap, die Brille, die Sonnenbrille, ein Feuerzeug, eine silberne Stablampe, ein paar Schokoriegel, eine Wasserflasche, ein Taschenmesser, ein Einwegrasierer, ein kleines Deo, ein Fläschchen Whisky, ein kleines Fensterleder, eine Seife, ein Fünferpack Boxershorts mit dem Giovanni-Re-Logo in Größe M, zwei Paar Wandersocken und 1370 Euro.
    „Mehr hab ich nicht bei mir“, sagt Gia schulterzuckend, als ich sie verblüfft ansehe.
    „Das ist doch viel zu viel“, erwidere ich und blicke auf die Geldscheine in meiner Hand – ein Stapel von Zehnern, Zwanzigern, Fünfzigern, Hundertern, alle in Bonbonfarben.
    „Nimm es einfach“, zischt sie mir beschwörend zu. „Du kannst vielleicht durch Wände gehen, aber Ryan muss von irgendwas leben, wie jeder Normalsterbliche, und dazu braucht er Geld. Kannst mich ja zum Essen einladen, wenn du irgendwann nach London kommst, dann sind wir quitt. Obwohl ich nicht weiß, ob Essen in deinen Kreisen so besonders angesagt ist.“
    Spielerisch lässt sie einen ihrer lila Fingernägel über den Inhalt des Rucksacks gleiten. „Und das restliche Zeug hier – ich hab alles reingepackt, was man als Pfadfinder so braucht. Vielleicht könnt ihr was damit anfangen, vielleicht auch nicht. Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung. Zelten ist nicht mein Ding, ich bin eine eingefleischte Old-Fashionista, verstehst du?“
    Irgendwann steht Ryan vom Tisch auf. Er sieht aus, als ob ihm gleich schlecht würde vom vielen Essen. Tommy führt ihn in Gias Schlafzimmer zurück und überredet ihn dazu, seine schmuddeligen alten Sachen auszuziehen. Gia und ich grinsen uns an.
    „Das hier ist Fair-Trade-Biobaumwolle“, murmelt Tommy und streift Ryan zwei langärmlige T-Shirts – ein cremefarbenes und ein schwarzes – über den Kopf und den nackten Oberkörper. Dann drückt er ihm ein schwarzes Kapuzensweatshirt in die Hand. „Cashmere-Angora-Gemisch. Fühl mal. Superleicht, aber unglaublich warm. Aus der diesjährigen Kollektion.“
    Ryan weiß nicht, wie ihm geschieht. Verständnislos starrt er auf das Kapuzenshirt, bevor er es anzieht. „Ähm, danke“, sagt er und wirft mir einen flehenden Blick zu. „Passt super.“
    Tommy reicht ihm noch eine enge dunkelblaue Jeans. „Auch Bio, handgebürstet. Ein echtes Unikat.“
    „Ähm … die ist … cool“, brummt Ryan, schlüpft hastig hinein, wobei er sich halb von uns abwendet, um den Reißverschluss zuzuziehen und den obersten Knopf zu schließen. Die Jeans passt wie angegossen.
    „Im Gegensatz zu der hier“, schnaubt Tommy abfällig und hält Ryans abgewetzte dunkelbraune Lederjacke hoch. „Die ist alles andere als cool. Und Risse hat sie auch noch. Du kannst meine haben. War mir sowieso zu groß und ich hab genug davon. Ich krieg jedes Jahr ’ne neue.“
    „Nein, danke, ich behalte lieber meine, wenn’s dir nichts ausmacht“, sagt Ryan energisch.
    „Aber die sieht doch unmöglich aus“, beharrt Tommy. „Und außerdem hat sie nur zwei Taschen“, fügt er hinzu, als sei das ein Verbrechen.
    Die beiden Männer – Ryan überragt den zierlichen Tommy – mustern sich herausfordernd.
    „Ich häng an der Jacke“, sagt Ryan schließlich. „Und außerdem stimmt es nicht, sie hat sogar drei.“
    Er nimmt die Jacke an sich und schlägt die rechte Seite zurück, sodass die

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