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Mercy, Band 4: Befreit

Mercy, Band 4: Befreit

Titel: Mercy, Band 4: Befreit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Rothfuss
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will, seit er gefallen ist. Verstehst du, Ryan, diese Dämonen, die ich … getötet habe, kannten mich alle … Wir waren mal auf derselben Seite. Und ich habe in meiner Naivität gar nicht gemerkt, dass sich zwei feindliche Lager gebildet haben.“ Ich blicke vorsichtig zu ihm auf. „Sie kannten alle meinen Namen. Und sie hätten ihn auch ausgesprochen.“
    „Na und?“, sagt Ryan scharf. „Was ist dabei, wenn sie deinen Namen kennen?“
    „Es ist nicht nur der lästige Gedächtnisverlust, der mir das Leben so schwer macht“, murmle ich kleinlaut. „Die Acht haben mir noch mehr angetan, auch wenn sie es gut meinten. Raphael hat meinen Namen so tief in mir versteckt, dass ich den Verstand verliere, wenn ich ihn höre. Alle hundert Engelwesen, die mit Luc gefallen sind, müssten nur meinen Namen aussprechen, dann würde ich wieder ihm gehören. So einfach wäre das. Luc würde seine Fesseln hier sprengen, der Heilige Krieg würde ausbrechen und das Universum würde jahrtausendelang zu einem umkämpften Territorium werden, so wie die Erde. Wenn ich bleibe, steht alles auf der Kippe.“
    „Ich kann’s nicht fassen“, zischt Ryan wütend. „Kaum lass ich dich mal ein paar Minuten allein, um eine bescheuerte Dusche zu nehmen, kommst du mit so einem Schwachsinn daher! Hast du dich nicht schon genug geopfert? Warum springen die Acht nicht für dich ein? Wir sind weiß Gott oft genug getrennt worden, und jetzt bist du mal dran. Wann darfst du endlich machen, was du willst? Oder ich?“ Die Bitterkeit in seiner Stimme erschreckt mich. „Oder willst du mich nur auf die sanfte Tour abservieren und ich kapier’s einfach nicht? Vielleicht hab ich ja alles falsch verstanden, was du gesagt hast, deine Signale falsch interpretiert …“
    „Ich verdanke ihnen mein Leben, Ryan“, sage ich flehentlich. „Und wenn ich nicht da bin, können die Acht Luc im Zaum halten, so wie bisher immer. Solange er nicht wusste, wo ich mich aufhalte, war er gefesselt … Und das wird auch wieder so sein. Seine Pläne werden durchkreuzt, wenn ich nicht da bin und seinen Ehrgeiz anstachle. Ich kann dich letztendlich nicht mitnehmen, Ryan“, füge ich mit erstickter Stimme hinzu, „und ich kann auch nicht dableiben. Das ist vollkommen ausgeschlossen.“
    Ryans Augen werden so dunkel vor Enttäuschung, dass sie fast schwarz aussehen.
    „Aber ich hab doch schon zu Hause von dir erzählt“, sagt er und lässt das Display seines Telefons aufleuchten. „Ich hab’s endlich geschafft. Sie wollten wissen, wann ich nach Hause komme, und ich hab ihnen gesagt, dass ich es noch nicht weiß. Dass es davon abhängt, was du vorhast, weil ich mit dir zusammen bin. Und natürlich haben sie gefragt, warum ich das alles mache. Warum ich wegen eines Mädchens bis nach Australien fliege, dann nach Mailand, Paris, Tokio und weiß der Himmel wohin, und so viel Geld und Zeit dafür verschwende, obwohl ich mich doch aufs College konzentrieren müsse. Also hab ich ihnen erklärt, was du mir bedeutest und warum ich jederzeit alles stehen und liegen lassen würde, um bei dir zu sein. Und dass wir alle tief in deiner Schuld stehen. Dass wir dir nie zurückzahlen können, was du für uns getan hast. Zuerst haben sie mir nicht geglaubt. Sie dachten, ich sei von einer gefährlichen Sekte entführt worden, die mir eine Gehirnwäsche verpasst hat – bis Lauren es ihnen erklärt hat.
    Bis dahin hat sie kein Wort darüber verloren, verstehst du? Weil sie nicht über die schrecklichen Dinge sprechen konnte, die sie durchgemacht hat. Aber plötzlich hat sie sich geöffnet und hat nur noch von dir geredet. Und jetzt möchten meine Eltern dich kennenlernen und sich persönlich bei dir bedanken. Ich bin so ein Blödmann, ehrlich. Ich dachte allen Ernstes, ich könnte dich endlich mit nach Hause nehmen, zu meiner Familie, die mir das Wichtigste auf der Welt ist.“
    Er stützt sich auf einen Ellbogen und fährt mit dem Finger über die glatte Oberfläche des Telefons, als ob er zeichnen würde. Dann blinkt dort ein Wort auf – Lauren – und ich höre einen Wahlton. Meine Augen weiten sich, als Laurens Gesicht auf dem Display erscheint. Sie lächelt, dass ihre weißen Zähne blitzen, und ich staune, wie sehr sie sich verändert hat. Wie gut die Wunden an der Oberfläche verheilt sind. Sie ist immer noch dünn und traumatisiert, aber sie hat sich – so wie ich – sorgfältig mit den nötigen Requisiten gewappnet, um wie ein normales Mädchen zu wirken. Unter der

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