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Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Titel: Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah Kostenlos Bücher Online Lesen
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die ganze Nacht lang auf die Uhr
geschaut habe, stehe ich nur eine halbe Stunde früher auf als sonst und mache
einen schnellen Power-Shake für mich und ein Sandwich für sie. Am liebsten würde ich
sie umbringen und fertig, aber das geht nicht, noch nicht. Es gelingt mir
sogar, zum Fitnessclub zu fahren und ein schnelles Workout zu machen, inklusive
Kraftmaschinen und ein paar Bahnen im Schwimmbecken. Die Leute, mit denen ich
im Wasser meine Runden drehe, nicken mir zu. Das erinnert mich daran, wie
wichtig es ist, sich an den normalen Tagesablauf zu halten. Routine ist alles.
Bislang habe ich nichts getan, was verdächtig wirken könnte. Ich winke zurück
und plaudere mit ein paar Frühaufstehern, die ich kenne, dann steige ich auf
die Waage und stöhne laut auf. Doch natürlich ist mein Gewicht perfekt, mein
Fettanteil niedriger als bei den meisten anderen Sportlerinnen.
    Obwohl ich darauf brenne zu sehen, wie es Bentz'
jämmerlichem Frauchen geht, dusche ich und ziehe mich an, als hätte ich es
keineswegs eilig. Trotzdem kann ich mich kaum bremsen, zum Auto zu rennen. Mit
fünf Meilen über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit fahre ich zu meinem Versteck,
wo ich ein paar Sachen abhole. Ich blicke auf die Uhr, kehre zum Auto zurück
und fahre so schnell es der Verkehr erlaubt zum Hafen.
    Viele Leute sind schon auf den Beinen,
überwiegend Hafenarbeiter und Fischer, doch keiner von ihnen beachtet mich.
    Warum sollten sie auch? Schließlich gehört mir
das Schiff, und ich bin schon Tausende Male an Bord gegangen. Ich lasse mir
Zeit, obwohl ich es kaum erwarten kann zu sehen, was die kleine »Liwie« so
macht. Ich habe den Elektroschocker bei mir, nur für den Fall, dass sie
Anstalten macht, gewalttätig zu werden. Aber mal ehrlich: Sie hat nicht die
geringste Chance.
    Was perfekt ist. Ich liebe es, die Macht über
das Leben von Bentz' Frau zu haben.
    Meine Sporttasche über der Schulter, gehe ich in
die Kajüte und vergewissere mich, dass ich allein bin. Dann steige ich die
Treppe hinunter, meine Schuhe hallen dumpf auf den Metallstufen.
    Sie sitzt auf dem Fußboden und wartet auf mich,
natürlich. Ihrem Aussehen nach zu urteilen hat sie genauso eine schlaflose
Nacht hinter sich wie ich. Unter ihren Augen liegen dunkle Ringe. Ihre Frisur
ist ein verfilztes Durcheinander. Die Haut um ihren Mund herum ist aufgerissen
und gerötet. Ihre Kleidung ist zerknittert und schmutzig. Kurz gesagt: Sie
sieht schrecklich aus.
    Was mein Herz erfreut. Wenn doch nur ihr treuer
Ehemann sie jetzt sehen könnte!
    Trotz allem schreit sie nicht. Sie bettelt
nicht, sie weint nicht, was mehr als enttäuschend ist. Ich würde ihren Mut gern
brechen. Würde gern sehen, wie sie kriecht und fleht - eine meiner
Lieblingsfantasien. Offenbar ist das heute nicht angesagt, doch ihre Zeit
läuft ab. Nicht mehr lange, dann wird sie um ihr Leben betteln. Im Moment ist
es dafür noch zu früh. Sie weiß
noch nicht, worauf sie sich
gefasst machen muss. »Guten Morgen«, sage ich freundlich. »Wer sind Sie?« Ihr
Ton ist herausfordernd. Sogar streitlustig.
    »Ich dachte, du möchtest vielleicht Frühstück.«
    »Warum haben Sie mich hierhergebracht?«
    »Ich habe ein Erdnussbutter-Sandwich dabei.
Nicht gerade ein traditionelles Frühstück, aber was anderes hab ich nicht
auftreiben können.« Ich greife in meine Tasche und merke, dass sie sich in
ihrem Käfig hochrappelt. »Lassen Sie mich gehen.« Sie ist tatsächlich
aufgestanden und starrt mich durch die Gitterstäbe an, blickt mir direkt in die
Augen. Sie ist ruhiger, als ich erwartet oder gehofft habe. Ich hebe das Kinn.
»Nein, das werde ich nicht tun.« Für wie idiotisch hält sie mich? »Ich werde
Sie nicht anzeigen.«
    Sie ist ernst. Verzweifelt. Gut. Das gefällt mir
schon besser. »Ja, klar«, höhne ich. »So blöd kannst du doch nicht sein: Nach
all der Mühe, die es mich gekostet hat, dich hierherzubringen, lasse ich dich
doch nicht einfach frei!«
    »Warum tun Sie das? Wer sind Sie? Doch nicht Sherry
Petrocelli.«
    »Bingo!«, sage ich und drücke auf einen
unsichtbaren Knopf. »Erster Treffer für die Blondine im Käfig!«
    »Was wollen Sie von mir?«, beharrt sie.
Unbeirrbar. Genau wie Bentz.
    »Nichts«, antworte ich ehrlich. »Von dir nichts.«
    »Es geht also um meinen Mann.«
    »Bingo. Schon zwei Treffer. Noch einer und du
bist in der Bonusrunde.«
    »Halten Sie das für einen Spaß? Für ein Spiel?«,
fragt sie und stiert mich an, als wäre ich verrückt. »Ein Spaß? Nein.«

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