Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
wenn er sich nicht bald
blicken lässt«, sagte die Frau kopfschüttelnd, lud Eis auf die kleine Schaufel
und füllte die Würfel in die Gläser, die auf der Arbeitsfläche unter der Theke
standen. »Er ist ein Spieler. Ein Aufreißer. Das gefällt Acacia gar nicht. Sie
will, dass er ein solideres Leben führt.«
»Mit ihr?«
Die Bartenderin warf ihm einen Blick zu, der
deutlich sagte, wie dämlich seine Frage war. »Natürlich mit ihr. Er ist der
Vater ihres Kindes.«
»Tatsächlich? Er hat mir gar nichts von einem
Kind erzählt.«
»Typisch. Er hat sie auf einer Party
abgeschleppt, und sie ist schwanger geworden.« Sie sah Montoya an. »Der Kleine
sieht aus wie er. Fernando bestreitet das zwar nicht, aber das war's auch
schon.«
Sieh mal einer an, dachte Montoya. Eine leicht
nervöse Kellnerin kam an die Bar geeilt und ratterte ihre Bestellung herunter.
»Kannst du das schnell machen? Ich hab's vergessen, und die Frauen an Tisch
sechs werden langsam sauer.«
»Na klar.« Die Bartenderin nickte und fing an,
Drinks zu mixen, zuerst für die Kellnerin, dann für vier Gäste am anderen Ende
der Bar.
Mehr würde er nicht aus ihr herausholen können,
ohne sie misstrauisch zu machen, dachte Montoya. Die gestresste Kellnerin
drückte die Schwingtür auf, und Montoya sah, wie Acacia durch eine Hintertür
trat.
Schnell bezahlte er seinen Drink, gab ein
großzügiges Trinkgeld und schritt hinaus in die kühle Nacht. Ein frischer Wind
wehte über den Parkplatz. Montoya wartete, dass sich der Verkehr lichtete, dann
lief er zu einem Mini-Markt auf der anderen Straßenseite. Er kaufte eine Schachtel
Camel und kehrte zum Restaurant zurück. In der Hoffnung, Acacia während ihrer
Pause zu erwischen, ging er zur Rückseite des Gebäudes, wo sich ein Grüppchen
Köche und Kellnerinnen unter ein Vordach in der Nähe des Lieferanteneingangs
drängte. Montoya öffnete die Zigarettenschachtel und steckte sich eine Camel
Filters zwischen die Lippen. Er klopfte seine Taschen ab und tat so, als suche
er nach einem Feuerzeug, während er sich den rauchenden und schwatzenden
Angestellten des Blue Burro näherte.
Acacia war auch darunter und nahm gerade
stirnrunzelnd einen letzten Zug. Im Licht der
Außenbeleuchtung wirkte sie
noch zorniger als vorhin.
Als er näher kam, verstummte das Gelächter.
»Haben Sie Feuer für mich?«, fragte Montoya auf
Spanisch.
Einer der Köche, ein großer Kerl mit einem
dünnen Schnurrbart und schmutziger Schürze, nickte und warf ein Feuerzeug, das
Montoya in der Luft fing.
»Danke, Mann.«
Acacia trat ihre Kippe aus und machte Anstalten,
wieder hineinzugehen.
Montoya ließ das Feuerzeug aufflammen und fragte:
»Hat jemand Fernando gesehen?«
Totenstille.
»Nicht?« Montoya legte die Stirn in Falten. »Ich
habe gehört, dass er hier arbeitet. Er schuldet mir Geld. Dachte, ich könnt's
mir hier abholen.«
Zunächst sagte niemand ein Wort - offenbar
wussten alle, dass die Polizei nach ihm suchte. Der große Koch mit der
schmutzigen Schürze sah aus, als wollte er sich schnellstmöglich verdrücken.
Er drückte seine Kippe in den überquellenden Aschenbecher. »Stimmt was nicht?«
Immer noch sagte keiner etwas, bis Acacia, die ihre
Wut auf Fernando nicht in Schach halten konnte, den Kopf schüttelte. »Er
schuldet Ihnen Geld? Willkommen im Club.« Montoya warf dem Koch das Feuerzeug
zu, dann wandte er sich an Acacia. »Dann schuldet er Ihnen auch was?« Der Riese
verschwand durch die Fliegengittertür in die Küche, dicht gefolgt von einem
kleineren Kellner. »Sie würden es nicht glauben.«
»Vielleicht doch.« Er bot ihr eine Zigarette an.
Sie zuckte die Achseln, nahm eine aus der Schachtel und zündete sie an. Eine
verwahrloste Katze schlich durch die Dunkelheit und verschwand unter dem
Müllcontainer in der Hintergasse.
»Er schuldet mir ein ganzes Leben, verstehen
Sie? Mir und seinem Sohn. Er schuldet seinem Sohn ein Leben.« Sie zog heftig an
ihrer Zigarette und ließ den Rauch seitlich aus dem Mundwinkel strömen. »Sie
haben einen gemeinsamen Sohn?«
»Hm. Roberto ... wir nennen ihn Bobby. Aber
glauben Sie, Fernando würde sich um ihn kümmern? Seinen Sohn besuchen? Mir
Unterhalt zahlen?« Sie seufzte. »Stattdessen treibt er sich mit dieser Frau
herum.« Montoya sagte nichts, nahm nur einen langen Zug von seiner Zigarette
und hörte zu.
»Sie hat ihn aufgestachelt. Fährt seinen Wagen,
trifft sich mit ihm an der Schule. Am College. Er wollte dorthin, weil er sich ein besseres Leben
Weitere Kostenlose Bücher