Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
diese Frauen
umzubringen, bevor sie zwei und zwei zusammenzählten und alles
zunichtemachten. Außerdem ist dein Mann auf diese Weise als möglicher Täter ins
Visier der Polizei geraten.«
»Dann haben Sie sechs Menschen auf dem Gewissen:
Jennifer, ihre drei Freundinnen und diese Zwillinge.«
»Bitte!« Die Frau drehte sich um, ihr Gesicht
war gerötet. »Damit habe ich nichts zu tun. Dieser dämliche Einundzwanziger-Killer
hat die Mädchen getötet, genau wie die Caldwell-Zwillinge - eine
Wiederholungstat, nach all den Jahren. Dieser kranke Scheißkerl hat sich nur
einen denkbar schlechten Zeitpunkt ausgesucht, um wieder auf der Bildfläche zu
erscheinen.« Sie bebte nun sichtlich. »Ich kann es nicht fassen, dass du auch
nur in Erwägung ziehst, ich hätte was damit zu tun! Der Kerl ist ein
Serienmörder; der holt sich doch einen runter, wenn er Unschuldige abmurkst.«
»Nicht wie Sie«, sagte Olivia, darum bemüht,
ihre Stimme kühl und ruhig klingen zu lassen.
»Bei mir ist alles Teil des Plans. Damit Bentz
es endlich kapiert.«
»Aber Sie haben doch ebenfalls Unschuldige
ermordet.«
»Shana Mclntyre unschuldig? Niemals. Jennifers
Freundinnen mussten sterben. Das ist etwas anderes.«
»Tot ist tot.«
»Hier handelt es sich um Vergeltung. Der
Einundzwanziger-Killer dagegen ist bloß ein Psychopath. Er hätte es verdient, zu
sterben.«
»Sie sind genauso krank wie er.«
Für diese Bemerkung fing sich Olivia einen
bösartigen Blick ein. »Du blöde Schlampe. Du hast doch keine Ahnung, wovon du
sprichst. Du begreifst es einfach nicht, oder?« Die Frau atmete tief ein, um
sich zu beruhigen, ballte ihre Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder, als
würde sie jede Sekunde explodieren.
Was Olivia gefallen hätte. Sie wäre lieber das
Risiko eines direkten Kampfes eingegangen, als in diesem elenden, stinkenden
Loch eingesperrt zu sein.
»Es geht hier nicht um den
Einundzwanziger-Killer, du dämliches Miststück! Nicht heute Abend. Hier geht es
um dich« - ihre Peinigerin blickte in die Kamera - »und um dich, RJ. Das hier«
- sie machte eine ausladende Geste -, »das hier ist das Finale. Die ganze
Farce, die ganze Heuchelei, all die Jahre des Wartens haben damit ein Ende. Die
ewige Zeit des Alleinseins.« Ihre Stimme zitterte leicht. »Endlich wird all das
vorbei sein.« Sie blickte hämisch in die Kamera. »Und ich erzähle dir auch,
wieso.« Ihr Lächeln wurde breiter. »Ich werde das Boot versenken. Noch heute
Abend.«
»Wie bitte?« Olivia schnappte nach Luft. Das
neuerliche Entsetzen presste ihr die Luft aus den Lungen. Du lieber Gott, das
konnte sie doch nicht ernst meinen! Doch tief im Innern wusste sie, dass diese
Frau, diese Mörderin mit ihrem Hass auf Bentz, verrückt genug war, die Sache
durchzuziehen. »Nein«, flüsterte sie. Ihre Eingeweide verflüssigten sich.
»Bitte, bitte nicht.«
»O doch. Die Merry Anne tritt ihre letzte Fahrt
an. Mit dir an Bord.« Die Frau drehte sich wieder zum Stativ um und fügte an
Bentz gewandt hinzu: »Ich werde dafür sorgen, dass das Boot langsam untergeht.
Die Kamera wird auf deine Frau gerichtet sein, so dass du mitverfolgen kannst,
wie der Verschlag langsam, aber sicher vollläuft, wie das Wasser höher und
höher steigt. Olivia wird zunächst vor Kälte bibbern, wohlwissend, dass es
keinen Ausweg gibt. Trotzdem wird sie nach einer Fluchtmöglichkeit suchen, wird
sich verzweifelt in Sicherheit bringen wollen. Du wirst sehen, wie sie in Panik
gerät, wie sie schreit und weint, wirst jedes Detail ihres qualvollen,
jämmerlichen Todeskampfes miterleben: wie sie nach Luft schnappt und würgt,
wie sie strampelt, um den Kopf über Wasser zu halten, und wie sie schließlich
ihren letzten Atemzug tut und sich in ihr Schicksal fügt. Du wirst das
Entsetzen in ihren Augen sehen, Bentz, und du wirst wissen, dass ihr Schicksal
in deinen Händen gelegen hat.«
»Nein! Bitte nicht«, flehte Olivia verzweifelt.
Sie musste diese Frau aufhalten. »Das können Sie nicht tun«, sagte sie, ohne
nachzudenken. »Ich ... ich bin schwanger.« Diese Irre würde doch wohl nicht
wissentlich ein ungeborenes Kind ermorden!
»Unmöglich.« Irritiert sah die Frau Olivia an.
»Bentz ist steril.«
»Im Ernst! Ich erwarte ein Baby! Noch ein
unschuldiges Leben. Das wollen Sie doch nicht verantworten!« Olivia musste ihre
ganze Kraft zusammennehmen, um sich nicht anmerken zu lassen, dass sie
innerlich zusammenbrach. »Sie wollen keine Serienmörderin sein, hab ich recht?
Eine
Weitere Kostenlose Bücher