Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
den
Hund los. »Lass uns allein, Dirk. Geh!« Sie schnippte mit den Fingern und
deutete auf die Seite des Gartens, auf der ein Palmdickicht für Schatten
sorgte. Der Hund zögerte nur einen Augenblick, dann tappte er gehorsam zu
einem Fleckchen Gras, drehte sich rasch und legte sich hin, das Kinn auf den
Pfoten, die Augen fest auf Bentz gerichtet.
»Ziemlich großer Hund«, stellte Bentz fest und
betrachtete Dirks wuchtigen Kopf.
»Gehört meinem Mann. Er hält ihn als Wachhund.«
Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, aber was machte das schon? »In
Wirklichkeit tut er nichts anderes, als die kläffenden Chihuahuas vom Nachbarn
zu verbellen. Ich sollte dir etwas zu trinken anbieten. Etwas ... Nichtalkoholisches?«,
fragte sie, womit sie lächelnd auf seine ehemalige Neigung, zur Flasche zu
greifen, anspielte. »Ich brauche nichts, danke.«
Das bezweifelte sie. Warum war er dann hier?
»Also, was ist los?« Sie machte es sich auf einem der wetterfesten Korbstühle
bequem, die um einen großen Glastisch gruppiert waren, und bedeutete ihm,
ebenfalls Platz zu nehmen. »Was möchtest du über Jennifer wissen?«
Bentz setzte sich in den Schatten eines riesigen
Sonnenschirms. »Ich möchte Näheres über ihren Selbstmord erfahren«, sagte er.
Shana runzelte die Stirn und schürzte enttäuscht
die Lippen.
»Du warst eine ihrer besten Freundinnen. Ich
dachte, du könntest mir sagen, in welcher seelischen Verfassung sie sich vor
ihrem Tod befand - wollte sie wirklich allem ein Ende setzen?«
»Wow. Darum geht es also. Du willst wissen, was
ich darüber denke?«
»Ja.«
Shana ließ im Geiste die Vergangenheit an sich
vorbeiziehen und dachte an Jennifer - lustig, frech und unglaublich sexy. »Für
mich hat das nie einen Sinn ergeben. Sie war so voller Leben, so sehr in ihrem
Element, dazu passt kein Selbstmord.«
»Wir haben einen Abschiedsbrief gefunden.«
»Oh, puh!« Sie wedelte mit der Hand durch die
Luft, als würde ihr eine lästige Fliege um den Kopf kreisen. »Ich weiß nicht,
was dahintersteckte. Sicher, sie hat mir erzählt, sie würde manchmal gegen
Depressionen ankämpfen, aber ... Ich hab das nicht weiter ernst genommen.
Vielleicht täusche ich mich, aber ich könnte darauf wetten, dass sie mit dem
Abschiedsbrief nur Aufmerksamkeit erregen wollte. Darin war sie ganz groß. Ich
meine, wer bringt sich schon um, indem er gegen einen Baum fährt?« Rick hörte
zu, doch er hielt sich nicht damit auf, sich Notizen zu machen.
»Natürlich könnte es sich um einen Unfall
gehandelt haben, schließlich war sie dafür bekannt, dass sie gern etwas trank,
und dann waren da noch die Tabletten, aber ...« Sie blickte ihm direkt in die
Augen. »Wenn du mich fragst, ob Jennifer zu einem Selbstmord fähig gewesen
wäre, würde ich nein sagen - genau wie ich das damals, zum Zeitpunkt ihres
Todes, schon ziemlich laut getan habe.« Bentz nickte, als würde er sich daran
erinnern. »Ich habe mit Jennifer in Berkeley zusammengewohnt und anschließend,
als sie sich ... du weißt doch, dass sie sich mit Alan Gray getroffen hat?
Nein, nicht nur getroffen. Sie waren eine Zeitlang verlobt, stimmt's?«
Sie sah, wie er die Augen zusammenkniff, ein
stummes Ja hinter den getönten Brillengläsern.
»Aber sie hat ihn nicht geheiratet, vermutlich
weil sie dir begegnet ist. Ich habe sie damals für verrückt gehalten,
schließlich ist Alan ein superreicher Bauunternehmer. Mein Gott, er muss mehr
als zehn Millionen Dollar auf der Kante haben. Trotzdem hat sie sich in dich
verliebt. In einen Cop. Dem Millionär den Laufpass gegeben. Das muss man sich
mal vorstellen.« Shana seufzte theatralisch. »Doch wer konnte aus diesem
Mädchen schon schlau werden? Jennifer war ziemlich zwiegespalten.« Shana
dachte an Jennifer, die Kokette. Jennifer, die Extrovertierte. Jennifer, die
Wilde. Doch an Jennifer, die Mürrische, erinnerte sie sich nicht. »Wie dem
auch sei, ich habe Jennifer nie für jemanden gehalten, der sich etwas antut.
Nicht mit Absicht. Dazu wäre sie einfach nicht fähig gewesen. Sie hätte sicher
alles Mögliche angestellt, um Aufmerksamkeit zu erhalten, aber das nicht,
nichts Selbstzerstörerisches.« Shana fasste sich wieder und seufzte. »Nun, es
sei denn, du spielst auf die Affäre an. James war definitiv ihre
Achillesferse.« Sie blickte zum Pool, auf das Sonnenlicht, das auf dem klaren,
aquamarinblauen Wasser tanzte. »Es ist lange her, und ich weiß nicht, was
damals in ihrem Kopf vorgegangen ist. Ich bezweifle lediglich,
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