Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
eingeschweißten Speisekarten
zurückkam und verschiedene Tagesgerichte herunterratterte. Gerade, als sie
sich wieder entfernen wollte, fragte Bentz: »Haben Sie noch das T-Bone-Steak
mit Kartoffelspalten?«
Ohne einen Funken Begeisterung antwortete sie:
»Steht schon seit Ewigkeiten auf der Karte.«
»Dachte ich mir. Das nehme ich. Medium. Den
Salat mit Blaukäse-Dressing, bitte.«
Sie machte sich nicht die Mühe, die Bestellung
zu notieren, und blickte Hayes an, der die Speisekarte überflog, zuklappte und
eins der Tagesgerichte bestellte - Schweinekotelett vom Grill.
Als die Bedienung gegangen war, richtete er
seine dunklen Augen auf Bentz. »Also, was gibt's? Was für einen
>Gefallen< soll ich dir tun?«
»Ich möchte, dass du dich noch einmal mit
Jennifers Tod befasst.«
»Jennifer? Du meinst deine Frau?«
»Ex-Frau, ja.« Bentz lehnte sich in die Polster
zurück und nahm einen Schluck Bier.
»Das ist zwölf Jahre her, Mann. Sie ist bei
einem Autounfall gestorben. Vermutlich Selbstmord.« Wieder glitten Hayes'
dunkle Augen prüfend über Bentz' Gesicht. Polizistenaugen.
»Davon sind wir die ganze Zeit ausgegangen, aber
es ist eine höllische Art und Weise, sich umzubringen. Schmutzig. Manchmal
gelingt es einem nicht richtig, und man endet als Kleingemüse, oder man reißt
jemand anderen mit in den Tod, oder man überlebt und verbringt den Rest seines
Lebens im Rollstuhl. Nicht gerade eine gängige Form von Selbstmord. Warum nicht
einfach Auspuffgase oder Tabletten? Sich in der Badewanne die Pulsadern
aufschneiden oder sich in der Abstellkammer erhängen?«
»Sie war deine Frau. Sag du es mir.«
Bentz schüttelte den Kopf. »Sie hätte sich
niemals so zugerichtet. Zu eitel.«
»Sie hat sich umgebracht, Bentz! War auf Alkohol
und Tabletten. Hat nicht mehr klar denken können und einen Scheiß drauf
gegeben, wie sie aussah. Den Wagen hat sie genommen, weil sie nicht wollte,
dass eure Tochter sie beim Nachhausekommen sieht. Es ist nicht gerade gut für
ein Kind, die eigene Mutter tot aufzufinden.«
»Sie hätte es ja nicht zu Hause machen müssen.
Es gibt andere Möglichkeiten, Motels zum Beispiel.« Er dachte an das schäbige
So-Cal Inn - ein idealer Ort, um Selbstmord zu begehen. Billig. Abgeschieden. Auf
Wunsch mit Poolblick.
Hayes drehte das Glas zwischen den Handflächen.
»Okay, Schluss mit dem Gequatsche. Was ist los?« Bentz nahm einen weiteren
Schluck, dann griff er in seine Jackentasche, zog eine Kopie von der mit einem
roten Fragezeichen versehenen Sterbeurkunde hervor und setzte Hayes ins Bild.
»Na und?«, fragte sein ehemaliger Kollege.
»Jemand spielt dir einen üblen Streich.«
Bentz nickte. »Da ist noch mehr.« Er legte die
Fotos von Jennifer auf den Tisch. »Ich glaube, jemand versucht mir weiszumachen,
ich wäre übergeschnappt.«
»Oh, zum Teufel, das ist Jennifer, stimmt's?
Vermutlich erst in letzter Zeit aufgenommen?«
»Das möchte mich zumindest der, der mir die
Fotos geschickt hat, glauben machen.« Hayes blickte ihn an. »Eine
Doppelgängerin?«
»Ganz genau.«
»Aber ... eine Doppelgängerin von vor zwölf
Jahren? Kein Extrakilo, keine Fältchen.«
»Du sagst es.«
»Verdammte Scheiße.« Hayes starrte auf die
Fotos, dann nahm er sich mit zusammengekniffenen Augen die Sterbeurkunde vor.
Zumindest hörte er Bentz jetzt zu. »Jemand gibt vor, Jennifer zu sein.«
»Aber warum?«, fragte Hayes.
»Keine Ahnung, aber sie zieht das nicht allein
durch, schließlich muss jemand die Fotos machen.«
»Dann handelt es sich also um eine Verschwörung?
Um dich in den Wahnsinn zu treiben?«, fragte Hayes skeptisch. Bentz nickte.
»Das ist doch an den Haaren herbeigezogen.«
Hayes' Blick glitt allerdings erneut über die Fotos. »Mannomann. Du und JFK?
Okay, du hast mich geködert. Erzähl von Anfang an.«
Bentz erzählte Hayes, wie er im Krankenhaus
aufgewacht war und Jennifer in seinem Zimmer gesehen, gerochen und gespürt
hatte und wie sie ihm später in seinem Garten erschienen war. Die Frau an der
Bushaltestelle ließ er aus, besorgt, dass das zu vage war, dass sie gut und
gern jemand anders hätte sein können.
Als er zum Ende kam, sagte Hayes: »Und du
glaubst, diese Person ist bei dir in New Orleans gewesen. Sie hat gewusst, wann
du aus dem Koma erwachst ... und ist dann zurück nach L.A. gedüst, um in der
Stadt Fotos schießen zu lassen?«
»Nein. Wenn die Datumsangaben auf den Fotos
stimmen, ist sie zwischen L.A. und New Orleans gependelt.«
»Dann muss es
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