Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
Antrag
stellen«, gab Hayes zu bedenken und schenkte sich in der Küche des Departments
eine weitere Tasse Kaffee ein. Er verstand selbst nicht, warum er einen Mann in
Schutz nahm, der ihn vergangene Nacht die ganze Strecke nach Santa Monica hatte
zurücklegen lassen, nur damit er Bentz' Angelegenheiten mit der dortigen
Polizei regelte. Hatte er etwa masochistische Tendenzen?
»Ex-Familienangehöriger«, erinnerte Bledsoe ihn,
was Hayes noch mehr auf die Palme brachte.
Hayes war stets der Überzeugung gewesen, dass
Bentz damals ungerecht behandelt worden war, als man ihm die Schuld dafür
zugeschoben hatte, den Caldwell-Fall nicht aufgeklärt und einen Jungen
erschossen zu haben, weil er seinen Partner hatte schützen wollen. Ja, der Kerl
hatte es sich mit dem gesamten Department verscherzt, doch diese Fehler
rechtfertigten nicht, dass man ihn nun zum Sündenbock für alles machte, was
bei der Mordkommission in den letzten zwölf Jahren schiefgelaufen war.
Hayes starrte in seinen tiefschwarzen Kaffee.
»Wenn er feststellt, dass nicht seine Ex-Frau in dem Sarg liegt -«
»Sie liegt in dem Sarg! Er hat sie verdammt noch mal identifiziert!
Warum zum Teufel spielst du den Advocatus Diaboli?« Bledsoe hatte sich mit
aufgeschlagener L.A. Times an
an einen der Tische im angrenzenden Pausenraum gesetzt und deutete auf die
Kaffeekanne in Hayes' Hand. »Ist noch was drin?«
»Leer.«
»Mist.«
»Du könntest neuen machen«, schlug Martinez vor,
die gerade die Küche betrat und ihre Tasse ausspülte. »Na klar.« Bledsoe
schnaubte bei der Vorstellung. »Hast du jemals Kaffee gekocht?«, fragte sie.
»Ja, ich glaube schon ... neunzehnhundertsiebenundneunzig«, entgegnete Bledsoe
grienend.
Paula Sweet, die als Detective bei der K-9
Division, der Hundestaffel, arbeitete, kam in die Küche gefegt. »Daran erinnere
ich mich!« Sweet, die mit Mitte dreißig bereits zweimal geschieden war, schien
als Single zufrieden zu sein und war dafür bekannt, dass sie streunende Hunde
und Katzen bei sich aufnahm. Sie blickte Martinez an. »Glaub mir, du möchtest
nicht, dass Bledsoe auch nur in die Nähe der Kaffeemaschine kommt!«
»He! So schlecht war der Kaffee auch nicht!«
Sweet warf ihm einen Hör-auf-solchen-Unsinn-zu-reden-Blick zu. »Nein,
schlimmer. Hast du das Kreuzworträtsel?« Sie durchblätterte bereits suchend die
Seiten. »Muss irgendwo sein.« Bledsoe zuckte die Achseln und wandte sich wieder
Hayes zu. »Vielleicht ist eine Exhumierung gar keine so schlechte Idee. Wir
holen den Sarg aus der Erde, nehmen ein paar DNS-Proben und finden heraus, dass
der Leichnam tatsächlich seine Ex ist. Dann kann sich Bentz wieder in seine
Höhle verkriechen.«
» Wenn sie
es ist«, gab Hayes zu bedenken. »Erzähl mir nicht, dass du ihm diesen Unsinn
abkaufst.« Bledsoe schnaubte angewidert. »Natürlich ist sie es. Wie ich schon
sagte: Er hat sie identifiziert. Höchstpersönlich.« Mit einem lauten Scharren
schob er seinen Stuhl zurück und sagte: »Einmal ein böser Cop, immer ein böser
Cop.«
»Mann!« Sweet hatte die Seite mit dem
Kreuzworträtsel gefunden und riss sie von Bledsoes Tisch. »Du bist ja wieder
mal superfreundlich.«
Bledsoe zog ein mürrisches Gesicht, offenbar
verärgert, weil niemand auf seine
Lasst-uns-Bentz-die-Schuld-in-die-Schuhe-schieben-Schiene aufspringen wollte.
»Mach dir deswegen keine Gedanken.« Martinez nahm die leere Kaffeekanne und
begann, sie auszuspülen. »Er ist immer so.«
»Und du bist die ewige Zicke.«
Martinez unterdrückte ein Grinsen, erfreut, dass
sie ihn gereizt hatte. »Was das anbelangt, werde ich dich nie enttäuschen«,
zog sie ihn auf.
»Ich bin ja schon weg. Ich habe zu arbeiten.«
Der Senior-Detective ließ seine Sachen auf dem Tisch liegen und verdrückte
sich.
»Den wären wir los«, flüsterte Sweet und
zwinkerte Martinez verschwörerisch zu, die jetzt über das ganze Gesicht
grinste.
Hayes strich sich über den Nacken. Er konnte die
Anspannung zwischen den Kollegen nachvollziehen. Es war schon spät. Jeder bei
der Mordkommission hatte Überstunden geschoben. Die Nerven der Detectives waren
gespannt wie Flitzbogen, ihre Stimmung auf dem Nullpunkt, da sie im Grunde
keine Fortschritte bei der Lösung des Springer-Falls machten.
Natürlich, der Doppelmord lag noch nicht lange
zurück, aber es hatte sich nicht ein handfester Hinweis ergeben. Niemand hatte
etwas Außergewöhnliches gehört oder gesehen, niemand hatte bemerkt, dass etwas
nicht stimmte. Die Befragung von
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