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Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Titel: Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah Kostenlos Bücher Online Lesen
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sich der Mann, in den sie sich verliebt hatte, und sie war entschlossen,
ihn wiederzufinden.
    Was er brauchte, war das, was ihre Großmutter
»ein ordentliches Kantholz neben der Hintertür« genannt hatte. »Manchmal
dringt man nur so zu ihnen durch«, hatte sie gesagt. Olivias Wissen nach hatte
Großmutter Gin nie ein solches Holzstück auf ihrer verglasten Veranda verwahrt.
Es war einfach ihre Art, »einen kräftigen Tritt in den Hintern« zu umschreiben
- oder eine gehörige Portion Wahrheit. Und genau damit wollte Olivia Rick
konfrontieren. Mit der Wahrheit.
    Sie stellte ihren zerbeulten Ford Ranger auf dem
Parkplatz ab und machte sich auf den Weg zum Third Eye. Sie kam an einem Laden
mit Babyausstattung vorbei und blieb stehen, um ins Schaufenster zu blicken.
Es gab ein riesiges Sortiment an Babysachen, niedliche kleine Strampler und
Lätzchen mit allerhand Tieren darauf. Ein Lätzchen, ganz im New-Orleans-Stil,
war mit einem grinsenden Baby-Alligator bestickt, der eine Schleife um den Hals
trug. Wie süß!
    In der Fensterscheibe war ihr verschwommenes
Spiegelbild zu erkennen. Sie würde Mutter werden! Ihr Mann musste das wissen.
Worauf zum Teufel wartete sie? Warum um alles in der Welt hatte sie eine
solche Angst? Sie legte die Hand auf ihren flachen Bauch, ging ins Geschäft
und erstand aus einer Laune heraus das Alligatorlätzchen.
    Es war das Erste, das sie für den kleinen Bentz
gekauft hatte - abgesehen von den verschiedenen Schwangerschaftstests. Der
Termin bei ihrem Gynäkologen war erst in ein paar Wochen, doch das machte
nichts. Sie würde nicht länger feige sein und Bentz sagen, dass er noch einmal
Vater wurde.
    Und er täte gut daran, sich darüber zu freuen.
     
    Anders als ihrem italienischen Namensvetter
waren der eingemeindeten Stadt Venice in Kalifornien nur wenige ihrer
ursprünglichen Kanäle geblieben. Die meisten Wasserwege waren 1905 zubetoniert
worden, als die Stadt Los Angeles entschied, dass sie mehr Autostraßen
benötigte. Trotzdem genügten die verbliebenen Kanäle und Sandstrände, um
Venice den typischen Charakter einer Küstengemeinde zu verleihen, was an diesem
warmen sonnigen Tag deutlich wurde. Das milde Wetter hatte die Radfahrer und
Skater hervorgelockt und mit ihnen eine Vielzahl von Straßenkünstlern, die
Bentz an die Musiker erinnerten, die auf den Plätzen von New Orleans ihr
musikalisches Talent unter Beweis stellten. Wie New Orleans verströmte auch diese
Stadt eine übermütige Karnevalsatmosphäre. Die Kunstgalerie, in der Fortuna
Esperanzo arbeitete, lag nur ein paar Blocks vom Strand entfernt zwischen einem
Touristenladen mit einem Sortiment von T-Shirts bis Kameras und einem
»authentischen« mexikanischen Restaurant mit ein paar Tischen vor der Tür. Das
Panorama war weitgehend das gleiche wie vor zwölf Jahren. Bentz stellte seinen
Mietwagen ab, beschloss, den Stock auf dem Rücksitz liegen zu lassen, und
überquerte bei Rot die breite Straße. Der salzige Geruch des Ozeans wehte zu
ihm herüber und erinnerte ihn an sein gestriges Bad in der Bucht von Santa
Monica. Als er Jennifer verloren hatte. Wieder einmal.
    Er trat unter ein Vordach und durch die
geöffnete Eingangstür einer Galerie mit abstrakten, modernen Skulpturen. Die
Galerie schien leer zu sein. Bentz ging eine breite Holztreppe hinauf, die auf
eine offene Empore führte, wo Gemälde, Mosaikarbeiten und Wandteppiche einheimischer
Künstler ausgestellt waren.
    In einer Ecke auf einer Leiter stand Fortuna
Esperanzo und ersetzte die Glühbirne in einem Strahler, der auf eine riesige,
ungerahmte Leinwand gerichtet war. Planlose schwarze Striche auf einer Fläche
aus Orange und Rot. Das Gemälde hieß schlicht Rausch. »Hübsch«, bemerkte Bentz
sarkastisch. Erschrocken ließ Fortuna die Glühbirne fallen. »O Mist!« Sie
blickte auf die Scherben hinunter, dann betrachtete sie ihn über die Leiter
hinweg mit ihren schmalen dunklen Augen, über denen sich perfekt gezupfte,
bleistiftdünne Augenbrauen wölbten. Ihre glänzenden, rosafarbenen Lippen
verzogen sich ablehnend. »Ich dachte, du hättest den Wink verstanden, als ich
dich nicht zurückgerufen habe, Bentz.« Langsam kletterte sie die Sprossen
hinab, sorgfältig darauf bedacht, nicht auf die feinen Glassplitter zu treten.
»Was zum Teufel machst du hier?«
    »Ich will nur mit dir reden.«
    »O ja, natürlich.« Sie blickte ihn ungläubig an.
Fortuna Esperanzo war mager, fast knochig, ihr taupefarbener Rock in Größe XXS
und der dazu passende

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