Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
und fand einen Eintrag für eine Kirche in Pasco, was mir aber nicht weiterhalf. Mrs. Hannas Weg führte sie nicht über den Fluss.
Ich holte das Handy heraus und rief Gabriel an. Eine seiner kleinen Schwestern hatte ein Faible für Geister. Wenn ihre Mutter nicht dabei war, und man sie darauf ansprach, erzählte sie ununterbrochen Geistergeschichten, zum Beispiel die ganze Zeit über, in der sie das Büro putzte.
»Hallo, Mercy«, antwortete Gabriel. »Was ist denn los?«
»Ich muss mit Rosalinda über ein paar Geistergeschichten aus der Stadt sprechen«, sagte ich. »Ist sie da?«
Er schwieg einen Moment.
»Hast du Ärger mit Geistern?«
»Nein, aber ich muss einen finden.«
Er wandte sich vom Telefon ab. »Rosalinda, komm her.«
»Ich sehe gerade fern. Was immer es ist – kann Tia es nicht erledigen? Sie hat heute noch überhaupt nichts getan.«
»Es geht nicht um Hausarbeit. Mercy will dir ein paar Fragen stellen.«
Es gab ein paar leise Geräusche, bis Gabriel ihr schließlich das Telefon überließ.
»Hallo?« Sie klang erheblich zurückhaltender als zuvor ihrem großen Bruder gegenüber.
»Hast du mir nicht erzählt, dass du letztes Jahr in der Schule einen Aufsatz über hiesige Geister geschrieben hast?«
»Ja«, antwortete sie ein wenig munterer. »Ich habe dafür eine Eins bekommen.«
»Ich muss wissen, ob du schon einmal etwas über den Geist eines Hausmeisters namens Joe gehört hast, der in einer Kirche gearbeitet hat.« Er musste nicht einmal ein Geist sein, dachte ich. Immerhin redete ich ebenfalls mit Mrs. Hanna, und ich war kein Geist. Und selbst wenn er ein Geist war, musste das nicht bedeuten, dass es Geschichten über ihn gab.
»O ja. Ja.« Gabriel hatte überhaupt keinen Akzent, aber die klaren spanischen Vokale seiner Schwester verliehen ihrer Stimme Farbe, als ihre Begeisterung wuchs. »Joe ist sehr berühmt. Er arbeitete sein Leben lang in dieser Kirche, bis er vierundsechzig war, glaube ich. Eines Sonntags, als der Priester … nein, sie gaben ihm einen anderen Namen. Pastor, denke ich, oder Pfarrer. Jedenfalls, als er kam, um die Kirche aufzuschließen, fand er Joe dort tot vor. Aber sein Geist blieb dort. Ich habe mit Leuten gesprochen, die in diese Kirche gingen. Sie erzählten, manchmal brannten dort nachts Lichter, obwohl niemand da war. Einer sagte, er habe ihn auf der Treppe gesehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das glaube. Dieser Jemand erzählt einfach zu gern Geschichten.«
»Wo ist diese Kirche?«, fragte ich.
»Nicht weit entfernt von unserer Wohnung«, antwortete sie. Unten an der Second oder Third, nur ein paar Blocks entfernt von der Washington.« Und damit auch nicht weit von der Polizeiwache. »Ich bin hingegangen, um dort Fotos zu machen. Das Gebäude ist jetzt keine Kirche mehr. Die Leute von der Gemeinde haben eine neue Kirche gebaut und die
alte vor etwa zwanzig Jahren einer anderen Glaubensgemeinschaft verkauft. Die haben sie dann wieder an einen Mann und eine Frau verkauft, die versucht haben, dort eine Privatschule zu betreiben. Sie sind pleite gegangen, und einer von ihnen, ich kann mich nicht erinnern, ob es der Mann oder die Frau war, hat sich deshalb umgebracht. Als ich das letzte Mal dort vorbeigekommen bin, stand die Kirche leer.
»Danke, Rosalinda«, sagte ich. »Das war genau, was ich wissen musste.«
»Glaubst du an Geister?«, fragte sie. »Meine Mutter sagt, es gibt keine.«
»Vielleicht hat sie Recht«, sagte ich, denn ich wollte ihrer Mutter nicht widersprechen. »Aber es gibt viele Leute, die alle Arten von Dingen glauben. Pass auf dich auf.«
Sie lachte. »Du auch. Auf Wiederhören, Mercy.«
Ich klappte mein Handy zu und schaute zum dunkler werdenden Himmel empor. Es gab eine einfache Möglichkeit, um festzustellen, ob die Vampire schon wach waren. Ich nahm Andres Karte aus der Hosentasche und rief ihn an.
»Hallo, Mercy«, sagte er, als er abnahm. »Was machen wir heute Nacht?«
Sobald Andre ans Telefon ging, wusste ich, dass ich keine Chance mehr haben würde, den Zauberer vom Tageslicht gelähmt vorzufinden. Ich konnte natürlich bis zum nächsten Morgen warten. Dann konnten wir zusammen mit Bran zu ihm gehen. Ich ging davon aus, dass selbst der Dämon keine Auswirkung auf Bran haben würde. Nach meiner Ansicht konnte nichts und niemand Brans eisige Ruhe stören.
Aber wenn wir auf Hilfe warteten, wenn wir auf den Morgen warteten, würden sowohl Adam als auch Samuel beinahe mit Sicherheit tot sein.
»Ich weiß, wo
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