Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
Treppe, und das Schild mit der Aufschrift HERREN fiel klappernd ab, als ich die erste Tür aufstieß. Straßenlicht drang durch Glasbausteine
und ließ mich erkennen, dass der Raum leer war, wenn man von einem zerbrochenen Urinal absah, dass schief an einer Wand hing.
Ich ließ die Tür wieder zufallen. Andre hatte sich die andere Toilette angesehen und ging bereits an einem Garderobenraum vorbei zu einem kurzen Flur, ein Ebenbild des Flurs oben, inklusive der Türen.
Ich ließ ihn tun, was er wollte, und wandte mich der anderen Seite der Treppe zu. Das erste Zimmer, das ich betrat, war eine große Küche, wo es allerdings statt des Kühlschranks und des Herds nur noch leere, verfärbte Stellen an der Wand gab. Die Schränke standen offen und waren wohl schon lange ausgeräumt worden. Oberhalb der Theke befand sich eine Durchreiche mit Klappe. Wenn sie offen war, konnten die Angehörigen der Kirche Essen zu dem Raum auf der anderen Seite ausgeben, ohne den Umweg über den Flur nehmen zu müssen.
Etwas huschte hinter mir her, und ich fuhr herum, aber es war nur eine Maus. Wir starrten einander einen Moment an, dann verschwand sie wieder. Mein Herz schlug wie eine Trommel in meinen Ohren – dumme Maus!
Als ich herauskam, stand Andre bei der Doppeltür neben der Küche. Die Tür war mit einer Kette und einem glänzenden neuen Vorhängeschloss gesichert.
Er legte die Hand an die Tür, und etwas dahinter knurrte leise – ein Werwolf.
»Er kann sie da drinnen unmöglich freigelassen haben«, sagte Andre, versuchte aber nicht, die Kette zu zerbrechen. »Diese Tür würde niemals einen Werwolf aufhalten, der hinaus will.«
»Andre?«, rief Stefan. »Bist du das? Wer ist da bei dir?«
»Stefan?«, flüsterte Andre, der vollkommen erstarrt war.
»Machen Sie die Tür auf.« Ich gab ihm ungeduldig einen Stoß. Stefan war am Leben. Wenn ich selbst Türen aus den Angeln hätte reißen können, wäre das schon lang geschehen. Stefan und zumindest einer der Wölfe waren noch am Leben.
Andre nahm vorsichtig die Kette in die Hände und zog daran, bis eines der Glieder brach.
Ich fasste mit an, riss die Kette heraus, ließ sie auf den Boden fallen und schob eine der schweren Türflügel auf. Ich drängte mich an Andre vorbei in eine Sporthalle von der Größe des Altarraums oben. Die kleinen Fenster an der Seite waren mit schwarzem Papier überklebt und die Ritzen mit Klebeband abgedichtet worden, aber es gab einen Deckenfluter mit einer schwachen Birne, der an eine Autobatterie angeschlossen war und genug Licht lieferte, so dass man etwas sehen konnte.
Mitten im Zimmer saß Stefan im Schneidersitz in einer großen Hundebox, wie man sie in jeder Tierhandlung kaufen kann. Etwa zehn Fuß entfernt befanden sich noch mehr solcher Boxen nebeneinander. Anspannung und Zorn entluden sich in mir, als ich einen langbeinigen roten Wolf entdeckte, und gleich darauf einen muskulösen silbernen, einen schwarzen Wolf und einen riesigen weißen Wolf mit kristallhellen Augen: Ben, Adam und Samuel.
Andre eilte an mir vorbei und kniete sich vor Stefans Käfig. Er berührte das Schloss, und die trübe Glühbirne flackerte. Magie hat manchmal einen seltsamen Einfluss auf Elektrizität – ich hörte ein Summen, und Andre zog die Hand zurück und schüttelte sie.
»Die Käfige sind mit einem Bann belegt«, sagte Stefan trocken. »Glaubst du nicht, dass meine Freunde da drüben sie sonst längst zerstört hätten?«
Ich bemerkte, dass er sehr sorgfältig darauf achtete, die Käfigstangen nicht zu berühren. Er wirkte abgehärmter und war blasser als je zuvor. Sein übliches T-Shirt wurde von alten Blutflecken geziert, aber davon einmal abgesehen sah er wie er selbst aus.
»Viele Leute halten dich für tot«, sagte Andre.
»Ah«, sagte Stefan und wandte mir einen nachdenklichen Blick zu. »Sie irren sich.«
Stefan lebte noch, aber ich war mir nicht so sicher, was die anderen anging.
Ich machte einen Schritt auf die Wölfe zu, und der rote Wolf in dem nächsten Käfig warf sich in meine Richtung gegen seine Käfigtür. Das Licht verlosch für einen Moment vollkommen, und als es wieder anging, hockte Ben in der Mitte seines Käfigs, gab ein heiseres Grollen von sich und starrte mich gierig an. Trotz seines wilden Sprungs und entgegen den Gesetzen der Physik hatte sein Käfig sich nicht von der Stelle gerührt. Magie.
Ben hatte nicht hinausgewollt. Er hatte mich fressen wollen. Onkel Mike hatte recht gehabt. Dämonen wirkten sich auf
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