Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok
O’Donnell getötet?«, fragte ich.
»Ich hatte gehofft, der Jäger würde das übernehmen. O’Donnell war eine Schwachstelle. Er wollte den Ring behalten – und er begann, mich zu erpressen. Ich sagte ›sicher‹ und ließ ihn noch ein paar Dinge stehlen. Sobald ich genug hatte, dass ich selbst ohne große Gefahr weitermachen konnte, schickte ich ihn zu dem Jäger. Als das nicht funktionierte … na ja.« Er zuckte die Achseln.
Ich betrachtete den Silberring. »Ein Politiker kann es sich nicht leisten, sich mit dummen Leuten zu umgeben, die zu viel wissen.« BLUBB.
»Trink noch einen Schluck, Mercy.«
Der Kelch war wieder voll, obwohl er nur halbvoll gewesen war, als ich ihn abgesetzt hatte. Ich trank. Es wurde immer schwieriger, klar zu denken, beinahe so, als ob ich betrunken wäre.
Tim konnte sich nicht leisten, mich am Leben zu lassen.
»Gehörst du ebenfalls zum Feenvolk?«
»O nein.« Ich schüttelte den Kopf.
»Stimmt«, sagte er. »Du bist indianischer Herkunft, nicht wahr? Es gibt kein indianisches Feenvolk.«
»Stimmt.« Ich würde unter Indianern nicht nach Feenvolk suchen; das Feenvolk mit seinen Schutzzaubern war ein durch und durch europäisches Phänomen. Die amerikanischen Ureinwohner hatten ihre eigenen magischen Geschöpfe. Aber Tim hatte nicht gefragt, also brauchte ich ihm das nicht zu sagen. Ich glaubte nicht, dass es mich retten würde, wenn er mich für einen harmlosen Menschen hielt statt für einen harmlosen Walker. Aber ich würde versuchen, jeden Vorteil, den ich noch verbuchen konnte, zu behalten.
Er hob seine Gabel auf und spielte damit. »Wie bist du zu dem Wanderstab gekommen? Ich habe überall danach gesucht und konnte das verdammte Ding nicht finden. Wo war er?«
»In O’Donnells Wohnzimmer«, berichtete ich. »Onkel Mike und Zee haben ihn ebenfalls übersehen.« Es musste der zusätzliche Schluck gewesen sein, aber ich konnte nicht aufhören, bevor ich gesagt hatte: »Einige dieser alten Dinge haben ihren eigenen Willen.«
»Wie bist du in O’Donnells Wohnzimmer gekommen? Hast du Freunde bei der Polizei? Ich dachte, du wärst nur eine Mechanikerin.«
Ich dachte über den Wortlaut seiner Frage nach und antwortete dann vollkommen wahrheitsgemäß, wie jemand vom Feenvolk es getan hätte. Ich hob einen Finger für die erste Frage. »Ich bin hineingegangen.« Zwei Finger. »Ja, ich habe tatsächlich einen Freund bei der Polizei.« Dritter Finger. »Ich bin eine verdammt gute Mechanikerin – wenn auch nicht so gut wie Zee.«
»Ich dachte, Zee gehörte zum Feenvolk; wie kann er da Mechaniker sein?«
»Er ist eisengeküsst.« Wenn er Informationen wollte, konnte ich vielleicht weiterschwatzen und damit Zeit schinden. »Dieser Begriff gefällt mir besser als Gremlin, denn er kann kein Gremlin sein, wenn sie das Wort erst im letzten Jahrhundert erfunden haben, oder? Er ist erheblich älter als das. Tatsächlich habe ich eine Geschichte gefunden –«
»Hör auf«, sagte er.
Ich hörte auf.
Er sah mich stirnrunzelnd an. »Trink. Den ganzen Kelch.«
Verdammt. Als ich den Kelch wieder abstellte, kribbelten meine Hände von der Magie, und meine Lippen waren taub.
»Wo ist der Wanderstab?«, fragte er.
Ich seufzte. Das dumme Ding folgte mir, selbst wenn es gerade nicht in diesem Raum war. »Wo immer er sein möchte.«
»Was?«
»Wahrscheinlich in meinem Büro«, sagte ich. Der Stab tauchte auf, wo ich ihn nicht erwartete. Aber das Bedürfnis zu antworten zwang mich, ihm weitere Informationen zu geben. »Vorher war er in meinem Auto. Aber da ist er nicht mehr. Und Onkel Mike hat ihn nicht genommen.«
»Mercy«, sagte er. »Was ist das, was du mir am Wenigsten sagen wolltest, als du hierherkamst?«
Ich grübelte. Ich hatte mir gestern solche Sorgen gemacht, ihm wehzutun, und selbst als ich auf seiner Schwelle gestanden hatte, hatte ich immer noch darüber nachgedacht.
Ich beugte mich vor und sagte leise: »Ich finde dich überhaupt nicht anziehend. Ich finde dich nicht attraktiv oder gut aussehend. Du siehst aus wie ein launischer reicher Junge ohne die Intelligenz, die vielleicht etwas daran ändern könnte.«
Er sprang auf und wurde erst blass, dann rot vor Zorn.
Aber er hatte gefragt, also fuhr ich fort: »Dein Haus ist langweilig und hat überhaupt keine Persönlichkeit. Vielleicht solltest du es mit nackten Statuen –«
»Hör sofort auf!«
Ich lehnte mich zurück und sah ihn an. Er war immer noch ein Junge, der sich für schlauer hielt, als er in
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