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Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok

Titel: Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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im Geringsten bewegte, würde der Vogel mich vernichten – obwohl er keine Anzeichen von Aggression an den Tag legte.
    Ich vertraue meinen Instinkten, also blieb ich reglos stehen.
    Der Rabe öffnete den Schnabel und stieß einen krächzenden Schrei aus – es klang so, als ob man einen Holzkasten voller alter Knochen fest schüttelte. Dann entließ er mich aus seiner Aufmerksamkeit. Er ging in die Ecke und stieß den Stab, der dort stand, zu Boden. Dann packte er das alte Ding mit dem Schnabel, und ohne auch nur noch einmal über die Schulter zu blicken, flog er durch die Wand.

    Eine Viertelstunde später war ich auf dem Rückweg nach Hause – in Menschengestalt und am Steuer meines Autos.
    Da ich selbst nicht wirklich menschlich war und Werwölfe mich aufgezogen hatten, glaubte ich, so ziemlich alles gesehen zu haben: Hexen, Vampire, Geister und ein halbes Dutzend anderer Dinge, die es angeblich nicht gibt. Aber dieser Vogel war echt gewesen, so substanziell wie ich – ich hatte gesehen, wie seine Rippen sich hoben und senkten, als er atmete, und diesen Stab hatte ich selbst angefasst.
    Ich hatte allerdings noch nie gesehen, wie ein solider Gegenstand durch einen anderen soliden Gegenstand ging – nicht ohne ziemlich beeindruckende Computergrafik oder David Copperfield.
    So funktioniert Magie einfach nicht, trotz allem, was wir in Verliebt in eine Hexe und Bezaubernde Jeannie gesehen haben. Wenn der Vogel verblasst wäre, irgendwie immateriell geworden wäre, bevor er mit der Wand zusammentraf, hätte ich das als Magie akzeptiert.
    Aber vielleicht, nur vielleicht, war ich ja wirklich wie der Rest der Welt gewesen und hatte das Feenvolk einfach als das akzeptiert, was es behauptete zu sein. Sie betrachtet, als wären sie etwas Vertrautes, als würden sie von Regeln geleitet, die ich verstehen konnte und mit denen ich umgehen konnte.
    Ich hätte es wirklich besser wissen sollen. Immerhin wusste ich genau, dass das, was die Öffentlichkeit über Werwölfe erfahren hatte, nur die polierte Spitze eines gewaltigen Eisbergs war. Mir war bereits klar, dass sich das Feenvolk in Bezug auf Geheimhaltung eher noch schlimmer
anstellte als die Wölfe. Obwohl Zee seit zehn Jahren mein Freund war, wusste ich sehr wenig über diese Seite seines Lebens. Ich wusste, dass er ein Fan der Steelers war, dass seine menschliche Frau kurz bevor wir uns kennen gelernt hatten an Krebs gestorben war, und dass er Remoulade auf seinen Fritten aß – aber ich wusste nicht, wie er unterhalb des Schutzzaubers aussah.
    In meinem Trailer brannte Licht, als ich den Golf in die Einfahrt fuhr und ihn neben Samuels Mercedes und einem fremden Ford Explorer parkte. Ich hatte gehofft, Samuel zu Hause und noch wach anzutreffen, damit ich mich mit ihm über meine Ideen unterhalten konnte – aber der Geländewagen machte diese Idee zunichte.
    Stirnrunzelnd betrachtete ich das fremde Auto. Es war zwei Uhr morgens, eine seltsame Zeit für Besucher. Jedenfalls für die meisten von ihnen.
    Ich atmete tief durch die Nase ein, konnte aber keinen Vampir riechen – und auch nichts anderes. Selbst die Nachtluft roch langweiliger als sonst. Wahrscheinlich ein Überbleibsel der Veränderung vom Kojoten zum Menschen. Meine Menschennase war besser als die der meisten Leute, aber ein bisschen weniger empfindsam als die der Kojotin, also war die Rückverwandlung immer ein bisschen so, als würde man das Hörgerät abnehmen. Dennoch …
    Vampire konnten ihren Geruch vor mir verbergen, wenn sie das wollten.
    Ich schauderte in der warmen Nachtluft. Ich denke, ich wäre vielleicht die ganze Nacht draußen geblieben, aber ich hörte das Murmeln einer Gitarre. Und ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, dass Samuel Marsilia, der Herrin
der Vampir-Siedhe, etwas vorspielte, also ging ich die Treppe hinauf und ins Haus.
    Onkel Mike saß auf dem dick gepolsterten Sessel, durch den Samuel einen alten Flohmarktfund von mir ersetzt hatte. Samuel hatte sich wie ein Puma halb auf der Couch ausgestreckt. Er spielte einzelne Akkorde auf seiner Gitarre. Nach außen hin mochte er entspannt wirken, aber ich kannte ihn zu gut. Die Katze, die auf der Rückenlehne der Couch schnurrte, direkt hinter Samuels Kopf, war das einzige entspannte Wesen im Raum.
    »Wir haben heißes Wasser für Kakao«, sagte Samuel, ohne den Blick von Onkel Mike zu wenden. »Warum holst du dir nicht welchen und erzählst uns dann von Zee, der dich auf die Witterung des Mörders angesetzt hat, damit sie ihn

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