Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok
trafen und ich jaulte scharf auf. Er hatte die nächste Patrone eingelegt, noch bevor ich mit meiner Beschwerde fertig war.
»Ruf ihn«, sagte Bernard.
Gut. So schwer konnte es nicht sein, oder Stefan hätte mir genauer erklärt, wie es funktionierte. Das hoffte ich zumindest.
Stefan?, dachte ich so intensiv wie möglich. Stefan!
Wenn ich geglaubt hätte, dass ich ihn damit in irgendeine Gefahr brachte, hätte ich es nie versucht, aber ich war mir ziemlich sicher, dass Bernard, wie Estelle, versuchen würde, Stefan für seine Seite des Bürgerkrieges zu gewinnen, der in der Siedhe gerade hochkochte. Er würde im Moment nichts versuchen, und wenn ich an die Art und Weise dachte, wie Stefan mit Estelle fertiggeworden war, machte ich mir wegen Bernard keine Sorgen, solange es kein Überraschungselement gab.
Bernard trug Jeans, Laufschuhe und ein halblegeres
Knöpfhemd – und er sah trotzdem aus wie ein Geschäftsmann aus dem neunzehnten Jahrhundert. Obwohl seine Schuhe sogar Leuchtstreifen hatten, war er niemand, der in einer Menschenmenge untertauchen konnte.
»Ich bedauere, dass du so starrköpfig bist«, sagte er. Aber bevor er das Gewehr für einen letzten, schmerzhaften – wenn nicht tödlichen – Schuss heben konnte, erschien Stefan von … irgendwo und riss ihm die Flinte aus den Händen. Er schlug das Rohr gegen einen Stein, dann gab er die nicht mehr brauchbaren Überreste an Bernard zurück.
Ich watete aus dem Wasser und schüttelte mich, sodass Wasser über beide spritzte – aber keiner reagierte darauf.
»Was willst du?«, fragte Stefan kühl. Ich tapste zu ihm und setzte mich zu seinen Füßen. Er schaute zu mir herunter, und noch bevor Bernard seine erste Frage beantworten konnte, sagte er: »Ich rieche Blut. Hat er dich verletzt?«
Ich öffnete mein Maul und warf ihm einen lachenden Blick zu. Ich wusste aus Erfahrung, dass das bisschen Vogelschrot in meinem Hintern nicht tief genug steckte, als dass ich es hätte herausholen müssen – ein Fell hat ziemliche Vorteile. Ich war nicht allzu glücklich darüber, aber Stefan verstand Körpersprache nicht so gut wie ein Wolf. Also zeigte ich ihm auf eine Weise, die er nicht missverstehen konnte, dass ich in Ordnung war – und mein Hintern tat ziemlich weh, als ich mit dem Schwanz wedelte.
Er warf mir einen Blick zu, der unter anderen Umständen als zweifelnd bezeichnet worden wäre. »Okay«, sagte er, dann schaute er wieder zu Bernard, der die zerbrochene Flinte durch die Luft wirbeln ließ.
»Oh«, meinte Bernard. »Bin ich dran? Bist du fertig damit, deine hübsche neue Sklavin zu verhätscheln? Marsilia
war sich sicher, dass du deine letzte Herde so sehr gemocht hast, dass du keine Lust haben würdest, sie so schnell zu ersetzen.«
Stefan war sehr ruhig. So wütend, dass er sogar aufgehört hatte zu atmen.
Bernard stellte die Schrotflinte mit einem Ende auf den Boden und lehnte sich darauf, als wäre sie einer dieser Stöcke, mit denen Fred Astaire immer tanzte.
»Du hättest hören sollen, wie sie deinen Namen geschrien haben. Oh, ich habe ganz vergessen, das hast du ja.«
Er wappnete sich für einen Angriff, der niemals kam. Stattdessen verschränkte Stefan die Arme und entspannte sich. Er fing sogar wieder an zu atmen, wofür ich dankbar war. Habt ihr jemals in der Nähe von jemandem gesessen, der die Luft anhielt? Für eine Weile ist es einem egal, aber irgendwann hält man mit ihm die Luft an, während man sich wünscht, er würde wieder atmen. Das ist einer von diesen automatischen Reflexen. Glücklicherweise redet der einzige Vampir, mit dem ich öfter verkehre, gern – also atmet er.
Ich setzte mich neben ihn und bemühte mich, harmlos und gutgelaunt auszusehen – aber gleichzeitig hielt ich Ausschau nach anderen Vampiren. Einer versteckte sich in den Bäumen; er hatte den Fehler gemacht, kurz seine Silhouette vor dem Himmel erscheinen zu lassen. Es gab keine Möglichkeit, Stefan mitzuteilen, was ich gesehen hatte, wie es bei Adam möglich gewesen wäre. Er hätte das Schräglegen meines Kopfes und das Pfotenkratzen deuten können.
Bernards verbaler Angriff hatte nicht ganz den Effekt gehabt, den er erwartet hatte … oder auf den er zumindest
vorbereitet gewesen war. Aber das schien ihn nicht zu beunruhigen. Er lächelte und zeigte dabei seine Reißzähne. »Sie hatte nur noch dich«, erklärte er Stefan. »Wulfe gehört uns schon seit Monaten und Andre ebenso. Aber er hatte Angst vor dir, also hat er uns nichts tun
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