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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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abholen und dass das alles hier dann nur noch ein Alptraum sein würde, aus dem ich als kleines Mädchen aufwachen konnte.
    »Es tut mir leid.« Als sie mich am Unterarm berührte, zuckte ich zusammen.
    »Du bist der Grund, warum wir hier sind. Wir wollen dir helfen. Es gibt da nämlich Menschen, böse Menschen, die vorhaben, dir zu schaden …«
    »Noch mehr?« Ich drehte mich um und ließ meiner Wut freien Lauf. »Noch mehr böse Menschen? Habt ihr überhaupt eine Vorstellung davon, wie mein Leben aussieht? Was ich seit zehn Jahren aushalten muss? Es kann nicht noch mehr von ihnen geben. Es gibt nicht noch mehr böse Menschen, die mir schaden wollen. Sie haben mir alles weggenommen, und jetzt stehst du da und nimmst mir auch noch den Rest.«
    »Ich versuche nur, dir die Wahrheit zu sagen. Ich will dir nichts wegnehmen. Bitte hör mir einfach zu. Du hast nicht am 10. Februar Geburtstag, sondern am 21. März.«
    »Ach, mit meinem Geburtstag stimmt also auch etwas nicht? Heiße ich überhaupt Juliet? Willst du mir weismachen, dass ich eigentlich jemand ganz anderes bin? Dass das hier nicht mein Leben ist?«
    »Komm bitte mit und lass es uns dir erklären.«
    »Bist du bekifft? Warum sollte ich mit dir irgendwo hingehen?«, schrie ich sie an.
    »Du bist in Gefahr. Dein Leben ist …«
    »Was? Vorbei? Wann hat es denn überhaupt je angefangen? Was ist denn noch übrig, was aufhören könnte? Ich mache nichts anderes, als Kinder und alte Leute zu versorgen. Ich habe kein Leben.« Ich dachte an Kirian. An die Träume, die ich einmal gehabt hatte. An die Zukunft, die mir inzwischen so entfernt und unwichtig erschien.
    »Wir wollen dir helfen, wieder eins zu bekommen. Du musst uns vertrauen.« Tens trat vor. Er legte Meridian die Hand auf die Schulter, als wollte er sie stützen.
    Ich wurde von Eifersucht ergriffen. Mich unterstützte niemand. Niemand legte mir die Hand auf die Schulter, um mich zu trösten oder mir Kraft zu geben. Stattdessen war ich diese Hand für so viele andere. »Kapiert ihr denn nicht? Ich kann nicht weg. Ich darf sie nicht alle zurücklassen, damit diese schreckliche Frau sie kaputt machen kann. Sie schlägt sie. Sie gibt ihnen nichts zu essen. Außer mir haben sie niemanden. Versteht ihr das nicht?«
    »Aber du bist nicht nur ein Pflegekind.«
    »Doch. Ich bin nichts als ein Kind, das niemand gewollt hat.«
    »Genau das ist es, was wir die ganze Zeit sagen. Es stimmt nicht. Du bist eine Fenestra und …«
    »Beweise es.«
    Sie zuckte zusammen, als hätte ich sie geschlagen. »Das kann ich nicht. Noch nicht. Du musst mir glauben.«
    »Ach, muss ich das?« Ich lachte höhnisch auf. »Nein, muss ich nicht. Du bist nur auf der Durchreise. Bald bist du wieder weg, und dann?«
    »Ohne dich verlassen wir diese Stadt nicht. Um dich herum sterben Menschen, richtig? Und Tiere? Insekten?«
    »Ich lebe in einem Heim, wo die Leute zum Sterben hinkommen. Natürlich wird um mich herum gestorben.«
    »Du weißt Dinge über sie. Siehst Bilder. Du wirst ohnmächtig oder kippst um und …« Sie rückte immer näher an mich heran, bis ich mich bedrängt fühlte.
    »Meridian, hör auf«, versuchte Tens sie zu beruhigen. »So bringt das nichts.«
    »Wenn du sechzehn wirst, wirst du meine Hilfe brauchen. Oder sie drehen dich um, und dann hast du keine Wahl mehr. Bitte …« Meridians Tonfall war verzweifelt.
    »Lasst mich einfach in Ruhe.« Ich setzte mich in Bewegung. »Ich hatte nie eine Wahl!«, rief ich noch über die Schulter gewandt. Dann rannte ich einfach in die Menschenmenge hinein, ohne nach links und rechts zu schauen.
    »Warte!«, schrien Tens und Meridian im Chor. Ich hörte, dass sie mir nachliefen.
    Ich machte einen Satz hinter die Wäscheleine eines Kleiderhändlers, griff nach einem dicken schwarzen Umhang aus Wollstoff, legte ihn mir um die Schultern, wickelte mich hinein und versteckte mich in der Dunkelheit, bis mein Herzschlag langsamer wurde und ich wusste, dass ich ihnen entwischt war.
    Ich hielt mich am Rand des Festplatzes und verlor mich zwischen den Feiernden. Einerseits hatte ich noch keine Lust, ins DG zurückzukehren, andererseits wollte ich mich nicht mehr diesem verrückten Gequatsche aussetzen. Etwas Besonderes? Himmel? Es gab keinen Himmel und keinen Gott. Und an mir war auch nichts Besonderes. Das konnte gar nicht sein.
    Beim Anblick einer Gruppe schwarzgekleideter Menschen gerieten meine Schritte ins Stocken. Ich blieb stehen. Sie hatten etwas an sich, das dafür sorgte, dass ich

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