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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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einen Schritt auf mich zu und schien durchaus bereit, die Antwort aus mir herauszuprügeln. Das Problem war nur, dass ich nicht wusste, welche Antwort sie hören wollte. »Ich weiß es wirklich nicht.«
    Sie blies die Wangen auf und schlug mit der Hand gegen den Türrahmen. »Sie war hier. Da bin ich ganz sicher. Glaubt sie, ihre Nase in alles hineinstecken zu können? Das hier ist mein Haus. Heute Abend wird sie beim Festival sein. Dann werden wir ja sehen, wer hier das Sagen hat!«
    Ich stand stramm und bemühte mich, keine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Als sie an mir vorbeiwatschelte, dachte ich schon, sie hätte mich vergessen, doch dann fügte sie über die Schulter gewandt hinzu: »Ich komme heute erst spät zurück.«
    »Ja, Ma’am.«
    »Nütze meine Gastfreundschaft nicht aus.«
    »Nein, Ma’am.«
    Die Eingangstür fiel ins Schloss, und ich sackte erleichtert zusammen.
    »Ist sie weg?« Nicole kam die Treppe heruntergelaufen.
    Ich nickte. »Hast du mit Bodie geredet?«
    »Ja. Wichtige Nachricht. Hier.« Nicole reichte mir ein eingewickeltes Bündel.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Dein Kostüm.«
    »Wofür?«
    »Geh zum Festival, um die Antworten zu finden. Sie werden dort sein.«
    »Zum Festival. Die Heimleiterin bringt mich um.« Das war keine leere Drohung.
    »Sie ist nicht da, und du bist sowieso vor ihr zurück.«
    »Sie ist auch auf dem Festival, das weißt du genau.«
    »Vielleicht. Um Ärger zu machen.«
    »Soll ich Ms. Asura warnen?«, sagte ich. Beim bloßen Gedanken krampfte es mir den Magen zusammen.
    Nicole erbleichte. »Äh, nein. Hast du denn gar nichts von mir gelernt? Die kann auf sich selbst aufpassen. Geh zum Festival und suche Meridian und Tens. Bestimmt sind sie bei einem Glasbläser, der Rumi heißt. Das ist der Mann, dem du schon begegnet bist. Die Heimleiterin wird dich nicht erkennen. Deshalb das Kostüm.«
    »Wirklich? Woher weißt du das alles?«
    »Zauberei.« Nicole lächelte. »Habe nur geraten. Also los. Geh schon. Ich halte hier die Stellung.«
    »Aber …«
    »Juliet, du musst die Wahrheit herausfinden. Geh.«
    Ich zog das Kostüm aus der Pionierzeit an und betrachtete mich im Badezimmerspiegel. Ein anderes Mädchen, das ein anderes Leben führte, blickte mir entgegen. Ich musste mit Meridian sprechen.
    War meine Mutter wirklich irgendwo da draußen? Liebte sie mich?

[home]
    Kapitel 32
    Juliet
    A ls ich auf der Ladefläche eines Lasters eintraf, der Heu und Festgäste transportierte, war die Feier schon in vollem Gange. Niemand hatte sich über mein Kostüm gewundert. Ich winkte den anderen zum Dank zu und sprang am Rand des Festivalgeländes vom Wagen. Um mich zu tarnen und die Kälte abzuhalten, zog ich die Haube tief ins Gesicht.
    Das Fort war so hell erleuchtet, als hätte man alle Scheinwerfer der Welt hier aufgestellt, und außerdem schien der vollste Mond, den ich je gesehen hatte. Noch nie hatte ich eine solche Menschenmenge erlebt. Ich schloss mich dem Strom der Feiernden an, die auf die Lichter und die Musik der verschiedenen Bands zusteuerten.
    Die Luft war vom Duft von Grillfleisch und dem Knistern von Fett erfüllt. Mir knurrte der Magen. Leute nagten gewaltige Putenkeulen ab und verspeisten Sandwiches mit panierten Steaks. Ganze Schweine am Spieß brieten über offenen Feuern, und lange Grillgestelle waren mit bratfertigen Hühnerschwärmen bedeckt. Würziger Apfelmost wurde in gewaltigen gusseisernen Kesseln erwärmt. Überall um mich herum lachten, tanzten und feierten die Menschen.
    Während ich zwischen den Imbissbuden hindurchschlenderte, erinnerte mich mein Magen daran, dass ich heute noch nichts gegessen hatte. Aber ich hatte kein Geld. Als ich sah, wie jemand eine halb verzehrte Hühnerkeule und einen gegrillten Maiskolben in den Abfall warf, pirschte ich mich heran.
    Auf der Suche nach Tens schaute ich allen, insbesondere großen Männern, ins Gesicht, weil ich dachte, dass er leichter zu finden sein würde als Meridian, die kleiner war als ich. Ich ging weiter.
    Als ich in die Gasse mit den kunstgewerblichen Ständen einbog, stimmte eine Band ein Lied an, das dafür sorgte, dass alle mit den Füßen wippten oder tanzten.
    Eine Bude mit funkelnden und wirbelnden Glassternen lockte mich an. Der Hüne, der die bunten Zettel ins DG gebracht hatte, rief Kunden etwas zu, scherzte mit ihnen und führte Verkaufsgespräche. Rumi? Nicole hatte gesagt, er könnte vielleicht wissen, wo Meridian war. Als ich näher kam, wurde das Licht heller. Rasch blickte er

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