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Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Titel: Merkels Tochter. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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pflichtschuldig, zahlte das Bier und den Underberg und ging. Alles war anders geworden innerhalb der letzten Minuten. Das hohle Gefühl im Innern war verschwunden, als ob sich das Loch mit etwas gefüllt hätte, etwas Großem. Liebe vielleicht.
Er hatte sie doch geliebt, auch wenn er sich bis zuletzt verbissen dagegen gewehrt, vor einer halben Stunde noch versucht hatte, sich einzureden, sie sei es nicht wert gewesen, geliebt zu werden. Vielleicht hatte er nur nach Entschuldigungen gesucht für seine Versäumnisse, nach etwas, das ihm sein Versagen erträglicher machte. Nun konnte er den Schutzwall nicht länger aufrecht halten, sich nicht mehr dahinter verkriechen, weil es mit Ohloff so verdammt persönlich geworden war.
Zuerst Ohloff, dachte er, als er hinaus auf die nächtliche Straße trat. Und danach kauf ich mir den Schnösel von Bankkaufmann. Wenn der sich ein bisschen mehr um sie gekümmert hätte, wäre es nie so weit gekommen.

29. Kapitel
    Er ging nicht heim, nicht einmal, um sein Rad zu holen. Für Ohloff mit dem Auto ging das schnell, quer durch die Stadt von seiner Wohnung zur Kneipe. Mit dem alten Rad hätte es viel zu lange gedauert. Genauso lange wie hinaus zum Rosenweg. So viel Zeit hatte Merkel nicht mehr.
    Der Gedanke, Kurt Seifert anzurufen, kam ihm nicht. Wenn alles vorbei war, wollte er das tun, erklären, wo sie den Mörder seiner Tochter finden könnten. In der alten Gießerei, entweder in einer Ecke der ausgeräumten Fabrikhalle oder irgendwo unter einem Häufchen Schutt. Ein ideales Gelände, Merkel kannte es wie seine Westentasche, immerhin hatte er dort fast ein Jahr lang seinen Nachtdienst versehen. Abgelegen, weit und breit keine Menschenseele, die etwas hören konnte.
    Ohloff dahin zu locken, konnte schwierig werden. Wenn er sich nicht völlig unter Kontrolle hatte und dieser Sauhund Wind von seiner Absicht bekam. Ganz ruhig musste er sein, die Beherrschung in Person. Das war er jetzt, so ruhig und kalt, als hätte er nur noch Eis im Leib.
    Er ging pfeifend zur nächsten Straßenbahnhaltestelle. «Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein Fuß, hat ein Zettel im Schnabel, von der Mutter einen Gruß.»
Gute zehn Minuten musste er auf die richtige Bahn warten. Es machte ihm nichts aus, er pfiff einfach weiter. «Lieber Vogel, flieg weiter, nimm ein Gruß mit und ein KUSS.»
Aber es hätte ihm sehr viel ausgemacht, wenn Heinen oder sonst einer von Kurts guten Männern ihm zuvorgekommen wäre. Jetzt war es seine Sache. Immerhin war Ohloff ein Bekannter von ihm. Und sie war seine Tochter gewesen, ein wundervoller Mensch, großzügig, zuverlässig, hilfsbereit, immer ein offenes Ohr für die Nöte anderer.
Für jedes Problemchen, das Ohloff ihr hineingeflüstert hatte, sollte er teuer bezahlen, für jede Stunde ihrer Zeit, die er in Anspruch genommen hatte, musste er bluten. Und für jeden Stich in ihren Rücken, ganz langsam verbluten – so wie sie. Durch sein Blut kriechen sollte er, um Gnade winseln und genau wissen, dass es für ihn keine gab, wie es für sie keine gegeben hatte.
Das konnte Kurt mit all seinen guten Männern und dem gesamten Polizeiapparat nicht vollbringen. Es gab eine Menge Kleinigkeiten, die man von einem Körper abschneiden konnte, vorausgesetzt, man war ungestört dabei. Merkel wusste nun, dass er sich die ganze Zeit etwas Falsches vorgestellt hatte. Keine Pistole, es musste ein Messer sein, ein schönes, großes, scharfes Messer.
Mit der Straßenbahn brauchte er nur knappe zwanzig Minuten, noch einmal drei Minuten Fußweg, dann stand er vor dem Wohnblock, in dem Ohloff sich eingemietet hatte. Einmal war Merkel in seiner Wohnung gewesen, eine richtige Wohnung, nicht bloß ein möbliertes Zimmer mit einer Dusche so schmal, dass man sich beim Zähneputzen den Ellbogen an der Tür stieß.
Ohloffs Wohnung lag im dritten Stock, zwei Fenster zeigten nach vorne zur Straße. Dahinter war es dunkel. Der Opel Kadett war nirgendwo zu sehen. Das musste noch nichts bedeuten. Man bekam nicht immer einen Parkplatz vor der Haustür. Ohloff hatte mal gemeckert, dass er oft ein paar hundert Meter weit laufen müsse. Laufen und nach dem Auto suchen wollte Merkel jetzt nicht. Hinter den beiden dunklen Fenstern waren die Küche und das Schlafzimmer, das wusste er. Das Wohnzimmer lag zur Hofseite hin. Wenn Ohloff daheim war, hielt er sich wohl dort auf, saß vermutlich vor dem Fernseher, er hatte nämlich einen, sogar einen mit einem sehr großen Bildschirm. Er hatte auch ein

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