Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Titel: Merkels Tochter. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
Vom Netzwerk:
keine Opern», unterbrach Merkel ihn grob.
«Ihr Mann war den ganzen Tag in der Bank. Du warst scharf auf sie. Meinst du, das weiß ich nicht?»
«Nein», beteuerte Ohloff keuchend. «Wirklich nicht, Hein. Sie war eine Klassefrau, aber nur zum Reden. Ich hätt mir gar nicht vorstellen können, mit ihr …»
«Und wie war das mit dem Kaffee, an den du dich gewöhnen musst, weil’s Leute gibt, die ohne das Zeug nicht leben können. Und weil die Leute vielleicht noch mehr von dir wollen als nur einen Gefallen?», unterbrach Merkel ihn.
«Hab ich doch nur so gesagt, Hein», keuchte Ohloff. «Du kennst mich doch.»
«Ja», sagte Merkel, «allerdings», und ritzte ihm eine Kerbe nach der anderen in den Oberschenkel. Ohloffs rechtes Hosenbein wurde zusehends dunkler. Er trug eine helle Leinenhose, sodass Merkel trotz des schlechten Lichts in der Fabrikhalle genug erkennen konnte. Vier Schnitte, fünf, sechs, sieben. Keiner davon ging allzu tief in das darunter liegende Fleisch, davon war Merkel überzeugt, weil er beim Schneiden kaum Druck ausübte.
Nach dem achten legte er eine kleine Pause ein und zog seine Jacke aus, ihm war sehr warm geworden. Dann griff er in Ohloffs Hemdtasche, zog eine Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug heraus, zündete eine Zigarette an und steckte sie Ohloff zwischen die zitternden Lippen. Ohloffs Gesicht war schweißnass.
«Jetzt haben wir fast das erste Dutzend voll», sagte Merkel kalt. «Was meinst du, wie viele ich auf dem Bein noch unterbringe? Ich hätte sie dichter beieinander setzen müssen. Aber wir haben ja noch ein Bein.»
Er nahm die Zigarette wieder weg, hielt sie zwischen zwei Fingern der linken Hand. Ohloff warf den Kopf hin und her. Es sollte vermutlich ein Kopfschütteln sein, aber dafür war es viel zu heftig.
«Du hältst nicht viel aus, was?», stellte Merkel fest.
«Wenn du meinst, es geht nicht mehr, denk einfach an Irene. Ist komisch, aber jeder Arzt wird dir das bestätigen, eine Frau hält mehr aus, bedeutend mehr. Sie hätte es beinahe überlebt, weißt du das? Wenn Ziriak, dieser Volltrottel, gleich etwas unternommen hätte, könnte sie vielleicht noch leben.»
«Ich war’s nicht, Hein.»
«Nicht immer die gleiche Leier, Junge», tadelte Merkel.
«Fangen wir nochmal von vorne an. Du warst bei ihr.»
Ohloff nickte nur, ebenso heftig, wie er zuvor den Kopf geschüttelt hatte.
«Und du wolltest was von ihr», fuhr Merkel fort. «Sie wäre um Längen besser gewesen als deine kleine Nutte.»
Er bekam ein Kopfschütteln zur Antwort, begleitet von einem pfeifenden Atemzug, als er den Dolch anhob. Er ließ die Klinge nur kurz über den Stoff gleiten. Dann schob er noch einmal die Zigarette zwischen Ohloffs Lippen, drückte sie anschließend im Aschenbecher unter dem Armaturenbrett aus.
«Fünf bringe ich bestimmt noch unter», sagte er und setzte die Klinge an, diesmal richtig.
Ohloff schrie mit sich überschlagender Stimme: «Hein! Hör doch auf, Hein. Ich halt das nicht aus. Ich war doch nur da, um …»
Als er abbrach, fragte Merkel sanft: «Um was? Um sie dir mal so richtig vorzunehmen? Und sie wollte nicht.»
«Nein!» Im Gegensatz zu dem, was Ohloff bisher von sich gegeben hatte, klang dieses Nein erstaunlich fest.
«Was nein?», fragte Merkel. «Nein, sie wollte nicht? Oder: Nein, du wolltest nichts von ihr?»
«Sie hat mich am Montag angerufen», erklärte Ohloff nach einer Pause, in der er mehrmals pfeifend durchgeatmet hatte.
«Das hast du aber sicher nur geträumt», meinte Merkel.
«Wo hätte sie dich denn anrufen sollen?»
«Bei Natascha», murmelte Ohloff. «Da war ich jeden Nachmittag in den letzten Wochen. Nachmittags arbeitet sie nicht mehr.»
«Und warum hast du abends in der Kneipe nichts von einem Anruf erzählt?», fragte Merkel und beobachtete einen dicken Schweißtropfen, der über Ohloffs Schläfe zur Wange hin lief. «Ich meine, ich bin Irenes Vater. Da hättest du doch sagen können, deine Tochter hat mich heute angerufen, Hein.»
«Das wollte sie nicht», murmelte Ohloff so leise, dass Merkel ihn kaum verstand. «Mein Vater muss das vorerst nicht wissen, hat sie gesagt. Sie war sich ziemlich sicher, dass ihr Mann fremdgeht, schon seit längerer Zeit.»
Ohloff erzählte mit kaum noch verständlicher Stimme, dass Irene vermutet hatte, ihr Mann betrüge sie seit ihrer Schwangerschaft. Zu Anfang vielleicht nur aus Rache, weil er kein Kind gewollt und sie ihren Kopf durchgesetzt habe. Das hätte sie ihm noch verzeihen können. Aber dass er ihr

Weitere Kostenlose Bücher