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Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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so mächtiger Baum wie dieser hier hätte kein Geschöpf
     festhalten können, das sich mit Magie wehrt. Warum hat das also das Kreelix nicht getan? Bestimmt besaß es eigene Zauberkräfte,
     wenn es von denen anderer lebte.«
    »Zauberkräfte?« Cairpré rieb sich nachdenklich das Kinn. »Nicht das, was wir normalerweise darunter verstehen. Aber etwas
     besaß es. Die Alten nannten es
negatus mysterium,
die seltsame Fähigkeit, die Zauberkräfte anderer aufzuheben oder zu verschlingen. Das war der scharlachrote Blitz –
negatus mysterium
war ausgelöst worden. Wenn es auf dich gerichtet ist, kann es einige deiner magischen Fähigkeiten betäuben, zumindest vorübergehend.
     Aber es kann dich nicht töten. Das bleibt den Fängen überlassen.« Er hob eine Hand voll Laub auf, dann ließ er es wieder zu
     Boden gleiten. »Doch da endeten die eigenen Kräfte des Kreelix. Das Springen, Verändern, Verbinden – all die Fähigkeiten,
     die du zu entwickeln versucht hast – könnte das Ungeheuer nicht beherrschen. Deshalb hatte es keine Kraft, zurückzuschlagen,
     sobald es vom Baum gefesselt wurde.«
    Ich deutete auf die Leiche. »Oder dich daran zu hindern, es mit meinem Schwert zu töten.«
    »Nein.« Rhias Gesicht hatte sich verfinstert. »Bevor einer von uns nach dem Schwert greifen konnte, richtete es die Klinge
     gegen sich selbst.«
    Cairpré nickte. »Vielleicht fürchtete es uns so sehr, dass es sich lieber selbst die Kehle durchschnitt, bevor wir estun konnten. Oder vielleicht«, fügte er dunkel hinzu, »fürchtete es auch, wir könnten etwas Wichtiges lernen, wenn es weiterlebte.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, wer es all diese Jahre am Leben und verborgen hielt.«
    Ich schaute ihn fragend an. Das Gesicht des Dichters wurde noch ernster. Er griff in die Luft, als würde er in einem Buch
     blättern, das nur er sehen konnte. »In alten Zeiten«, er flüsterte beinah, »gab es Leute, die alles Magische fürchteten –
     von der einfachsten Leuchtfliege bis zum mächtigsten Zauberer. Für sie war alle Zauberei böse. Und zu oft geschah es auch,
     dass Zauberer und Magierinnen ihre Kräfte missbrauchten und solche Ängste rechtfertigten. Diese Leute bildeten eine Vereinigung   – Klan der Rechtschaffenen nannten sie sich   –, sie trafen sich heimlich und planten Magie zu zerstören, wo sie sie fanden. Sie trugen ein Abzeichen, meistens versteckt,
     mit einer Faust, die einen Blitz zerquetscht.«
    Cairpré schlug sich die Faust in die Handfläche. »Schließlich fingen sie an Kreelixe zu züchten, Bestien, die so unnatürlich
     waren wie ihr Appetit. Und sie auch zu dressieren – damit sie magische Geschöpfe ohne Warnung angriffen und alle Zauberkräfte
     völlig zerstörten. Selbst wenn die Kreelixe beim Kampf umkamen, starben ihre Opfer meist ebenfalls.«
    Voller Mitgefühl schaute er mich an. »Ihre Lieblingsopfer, ich sage es ungern, waren junge Zauberer wie du. Magier, deren
     Kräfte erst reiften. Ein Kreelix wurde beauftragt, je einen von ihnen zu beobachten und sich zu verbergen, bis diese Kräfte
     sich zeigten. Das geschah vielleichtbei der ersten Verwandlung des jungen Magiers, bei seinem ersten Erfolg im Kampf – oder seinem ersten Musikinstrument. In
     diesem Augenblick stürzte das Ungeheuer vom Himmel herab in der Hoffnung, den jungen Zauberer oder die Magierin daran zu hindern,
     jemals erwachsen zu werden.«
    Als Cairpré Elens besorgtes Gesicht sah, nickte er niedergeschlagen. »Das ist wirklich Fincayras dunkelster Tag.«
    Ich duckte mich, als wäre der Schatten des Kreelix wieder über mich geflogen. Ich wusste jetzt, dass es zu einem bestimmten
     Zweck geschickt worden war: um mich zu zerstören. Mich daran zu hindern, die Kräfte zu nutzen, die ich besaß. Oder – war so
     etwas möglich? – mich daran zu hindern, Valdearg jemals gegenüberzutreten.

VI
ZWEI HÄLFTEN DER ZEIT
    I ch konnte nicht schlafen und wälzte mich auf dem Lager aus Tannennadeln von einer Seite zur anderen. Ich versuchte alles Mögliche,
     legte einen Arm unter den Kopf, schob die zusammengeknüllte Tunika unter die Kniekehlen oder starrte auf das dichte Netz aus
     Ästen über mir. Ich dachte an den Abendnebel, der bei Sonnenuntergang durch die Baumgruppen zieht; oder an das Meer unterm
     Sternenhimmel, der mit Tausenden von Augen über den Wassern funkelt.
    Nichts half.
    Wieder wälzte ich mich herum. Uh! Ein stachliger Tannenzapfen stach mich in den Nacken. Ich schob ihn zur Seite, kuschelte
     die

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