Merlin und die Feuerproben
denken fuhr ich herum. »Cairpré!« Ich warf ihm die Arme um den Hals.
»Gut pariert!«, erklärte der Dichter und warf die schwarze Kapuze zurück.
Hallia stieß einen kleinen Schrei aus. »Du kennst diesen … Grobian?«
Die graue Mähne schwang auf und ab, als Cairpré nickte. »Gut genug, um zu wissen, dass ich einen Degen nicht gern für etwas
Gefährlicheres als Brotschneiden gebrauche.«Er steckte die Klinge in die Scheide. »Ich hoffe, ich habe euch nicht erschreckt.«
»Oh nein«, zischte Hallia, ihre Blicke schossen durch den schattigen Unterstand. Zu meinem Kummer wich sie von mir zurück.
»Ich hatte nur einen Augenblick die Hinterlist der Menschen vergessen.«
Cairprés Augen, tiefer als Teiche, waren nachdenklich auf sie gerichtet. »Ich sehe, du bist eine Hirschfrau. Von der Sippe
Mellwyn-bri-Meath, wenn ich mich nicht irre.«
Sie schnaubte böse, sagte aber nichts.
»Ich bin Cairpré, ein einfacher Barde.« Er neigte leicht den Kopf. »Ich freue mich dich kennen zu lernen. Und mein Herz ist
bekümmert, weil ich sehen kann, dass mein Volk Leid über das deine gebracht hat.«
Ihre Hirschaugen wurden schmal. »Mehr, als du dir vorstellen kannst.«
»Es tut mir leid.« Cairpré sah sie einen Augenblick an, dann wandte er sich an mich. »Meine Maskerade war nötig, genau wie
diese kleine Szene in der Schänke, als ich fürchtete, du könntest mir so nahe kommen, dass du mich erkennst. Bachod, der alte
Kellner, ist …«
»Ein Narr«, erklärte ich.
»Vielleicht.« Er wischte sich einen Regentropfen von der Nase, die scharf war wie ein Adlerschnabel. »Doch er weiß mehr, als
er verrät, der gute Alte. Obwohl sein Wissen nicht aus Büchern kommt, ist er eigentlich im Herzen ein Barde, glaube ich.
Auch wenn’s ihm an Sprache gebricht, die Weisheit hat Gewicht
.«
Er schaute hinauf zu den schwarzen Klippen. »Er hat mir schon mehr geholfen, als er weiß, indem er mir ein paar alte Geschichten
über dieses Land erzählt hat. Aberum keinen Verdacht zu erregen, habe ich meine Identität geheim gehalten. Bachod hält mich deshalb einfach für einen wandernden
Barden. Er hat keine Ahnung, wer ich wirklich bin oder was mich hierher führt.«
Der kalte Wind wurde stärker und mit ihm der Regen. Donner hallte zwischen den zerklüfteten Klippen hin und her. Während Hallia
und ich uns tiefer in den Unterstand zurückzogen und versuchten den nassen Böen auszuweichen, wollte ich ihren Blick auffangen.
Doch sie wich mir aus.
Cairpré hielt schützend die Hand über die Stirn und spähte hinaus zu den dicken Wolken, die sich über dem Tal zusammengezogen
hatten. »Ich fürchte, das Unwetter wird schlimmer. Wir sitzen hier vielleicht eine Zeit lang fest.«
Ich konnte immer noch kaum glauben, dass wir wieder zusammen waren, und schüttelte den Kopf. »Was führt dich hierher? Suchst
auch du den Galator?«
Sein Gesicht verfinsterte sich. Er wich einem neuen Wasserrinnsal von der Steinplatte über uns aus. »Nein, mein Junge. Nicht
den Galator.«
»Was dann?«
»Ich suche die Person, die für die Rückkehr der Kreelixe verantwortlich ist.«
Hallia schrak zusammen, genau wie ich. »Der Kreelixe? Was hast du herausgefunden?«
»Sehr wenig, fürchte ich.« Der Barde schlug den Umhang um sich, setzte sich auf die nassen Steine und winkte uns zu ihm zu
kommen. Ich gehorchte, während Hallia etwas entfernt stehen blieb. »Es genügt, wenn ich sage, dass ich kurz nach deinem und
Rhias Weggang loszog – um zu erfahren, was ich nur konnte. Kreelixe waren seitlanger, langer Zeit verschwunden! Ihre Rückkehr bedroht das Leben – nicht nur deines, mein Junge, obwohl mir das schwer auf
der Seele liegt –, sondern das aller magischen Geschöpfe. Und das der ganzen Insel.«
Er zog die buschigen Brauen zusammen. »Hagelschlag und Hexenschuss, es war schwer, Elen zu verlassen! Und ich wusste, dass
mein Weg gefährlich sein könnte, fast so gefährlich wie der deine. Trotzdem wollte sie unbedingt mit mir gehen. Wenn sie nicht
schon versprochen hätte im Wald auf Rhia zu warten, hätte ich sie nicht davon abhalten können.«
Ich lächelte traurig. »Rhia ist auch nur deshalb nicht bei mir geblieben, weil sie versprochen hatte zurückzukommen.«
»Daran zweifle ich nicht. Ihr beide, Bruder und Schwester, könntet euch gar nicht näher sein.
So eng euer Band wie von Meer und Strand.«
Hallia bewegte sich im Schatten. Und sie schien ein wenig näher zu kommen, auch wenn
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