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Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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eigenen, begrüßten mich. Ionn!
    Er senkte den großen, schon wieder zum Stoß bereiten Huf auf den Kristallboden, schüttelte die Mähne und wieherte. Noch halb
     betäubt setzte ich mich auf. Ionn stupste mich mit der Nase und drängte mich aufzustehen. Ich warf einen Arm um seinen mächtigen
     Nacken, richtete mich auf und zog mich auf seinen Rücken. Im nächsten Moment jagten wir durch den Gang.
    Steinwände zerbarsten und schmolzen in Lava, während wir durchritten. Der ganze Gang leuchtete jetzt strahlend orange – die
     Farbe der tiefsten Bergfeuer. Ich beugte mich auf dem Rücken des Hengstes vor, krallte die Finger in seinen Nacken und hielt
     mich so fest, wie ich nur konnte. Kristalle flammten auf und zischten. Dampf spritzte und verfehlte uns knapp. Doch Ionn zauderte
     keinen Moment. Seine Hufe stampften auf den bebenden Boden.
    Gleich darauf stürmten wir aus dem Gang ans Tageslicht. Die Sonne – nicht Lava – warf ihr Licht auf mich. Ionn suchte sich
     seinen Weg hinunter über die tückische Wand der eingeschneiten Klippen. Hinter uns hörte ich ein Krachen, das sich zu donnerndem
     Gebrüll steigerte. Als ich mich umdrehte, sah ich einen Strahl geschmolzenen Steins aus dem glühenden Gang schießen.
    Oben stürzten die Klippen ein. Während Lava über sie strömte, zerstoben große Steinbrocken zu Asche oder schmolzen einfach
     weg. Schneewehen lösten sich in Dampf auf. Tiefe Risse öffneten sich und spalteten die Felsspitzen. Höhlen, ob von Geistern
     bewohnt oder nicht, brachen brennend ein. Dunkle Rauchwolken quollen zum Himmel, während heftige Beben den Berg bis in die
     Tiefen erschütterten.
    Ionn arbeitete sich weiter hinunter, er war der strömenden Lava nur knapp voraus. Vereiste Steine, die seine Hufe losgetreten
     hatten, rasselten die Wand hinunter. Über die bebenden Platten und Vorsprünge folgte der Hengst seinem eigenen Pfad. Er schaffte
     es, die breite Spalte zu umgehen, die wir beim Aufstieg überquert hatten, indem er eine Zeit lang ihrem Rand folgte, bis sie
     schmäler wurde und schließlich endete. Oft bog er plötzlich ab, um einem glühenden Lavaklumpen auszuweichen, der auf den Steinen
     zischte, oder sprang zur Seite, um besseren Halt zu finden. Doch er kam allmählich voran, immer weiter den Berg hinunter.
    Schließlich wurde der Hang weniger abschüssig. Der Boden unter uns zitterte nicht mehr so heftig. Moos und Gräser wuchsen
     in den Spalten; ein paar dürre Kiefern klammerten sich an den Berg. Obwohl ich wusste, dass siebald von geschmolzenem Fels bedeckt sein würden, gab mir das bisschen Grün ein wenig Hoffnung, dass wir doch noch entkommen
     könnten.
    Wohin? In die Täler und Felder, die ich unten sehen konnte, von den goldenen Strahlen der Sonne gewärmt? Ich wusste es besser.
     Mein Ziel lag weit entfernt im Land der Zwerge. Und das Spätnachmittagslicht bedeutete, dass ich kaum noch zwei Tage hatte,
     um dorthin zu kommen.
    Bei dem Gedanken krümmte ich mich. Was bedeutete jetzt überhaupt noch die Zeit? Ich hatte keinen Galator – und keine eigenen
     Kräfte. Nur die Aussicht, allein dem zornigen Drachen gegenüberzutreten. Und doch war ich zu meiner eigenen Überraschung immer
     noch davon überzeugt, dass ich es versuchen musste.
    Über dem ständigen Dröhnen hörte ich einen Schrei. Ich drehte mich um, sah aber nur den schmalen überstehenden Rand einer
     Spalte mit zwei verkrüppelten Kiefern. Wieder der Schrei. Da bemerkte ich direkt hinter den Kiefern zwei Hände und einen Kopf
     mit struppigem grauem Haar. Cairpré!
    »Ionn!«, rief ich. »Halt!«
    Der Hengst blieb abrupt stehen, obwohl er zu den näher kommenden Lavaströmen zurückschaute und aufgeregt wieherte. Ich rutschte
     von seinem Rücken. So schnell ich konnte, lief ich an den Kiefern vorbei zu dem überstehenden Rand. Da hing Cairpré und hielt
     sich mit letzter Anstrengung fest. Ich umklammerte mit beiden Händen seine Handgelenke und zog, so fest ich konnte. Das Dröhnen
     um uns wurde lauter. Endlich hob er ein Bein über den Fels, dann das andere.
    Der Dichter sah mich erschöpft an, sein Gesicht war weiß vor Entkräftung. »Kann nicht   … aufstehen.«
    »Du musst«, drängte ich und zog ihn auf die Füße. Er fiel gegen mich, unfähig sich gerade zu halten.
    Unverhofft traf ein fliegender Lavaklumpen den Stamm der einen Kiefer. Das harzige Holz ging in Flammen auf, die ganze obere
     Hälfte des Baums brach ab und fiel auf den überstehenden Spaltenrand. Eine Feuerwand

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