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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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ausgebreiteten Arme und Beine meiner schlafenden Gefährten zu umgehen. Aber wie stand es mit
     Anfeuermaterial? Ohne das würden die Zweige nicht brennen.
    Trotzdem versuchte ich es. Ich nahm Cairprés Eisensteine vom Boden neben der Feuerstelle und bemühte mich so leise wie möglich
     ein paar Funken zu schlagen. Das gelang mir, aber die Zweige fingen kein Feuer. Nach mehreren Minuten ergebnisloser Anstrengung
     fror ich noch mehr als beim Aufwachen. Meine Finger wurden gefühllos. Enttäuscht gab ich auf und fand mich damit ab, den Rest
     der Nacht zitternd vor Kälte zu verbringen.
    Da stupste mich jemand von hinten. Ich fuhr herum und sah Lleu, der mir die Hand entgegenstreckte. In den kleinen Fingern
     hielt er trockene Rindenstücke. Den Zunder, den ich brauchte!
    Ich betrachtete diesen jungen Burschen, der so unabhängig und zugleich so großzügig war, und tat etwas, das ich mir zuvor
     nicht erlaubt hatte. Ich lächelte ihm zu.
    Zaghaft kräuselten sich seine Mundwinkel ein wenig. Gleich war es damit vorbei. Aber ich wusste, dass er zurückgelächelt hatte.
    Dann kroch er wortlos näher, seine nackten Füße scharrten auf dem Boden. Er legte den Zunder in die Mitte der verkohlten Steine
     und baute schnell einen Holzstapel, der genug Raum für Luft ließ. Ich schlug die Steine zusammen, ein einzelner Funke flog
     auf und landete am Fuß der Rindenstücke. Gemeinsam bliesen wir ganz behutsam auf den Funken und brachten ihn dazu, überzuspringen.
    Pulsierende Glut und ein dünner Rauchfaden entstanden. Wieder bliesen wir. Plötzlich erschien eine Flamme und leckte an der
     Rinde. Wir legten die Zweige darüber und nach kurzer Zeit fingen sie an zu knacken und zu zischen und eigene Funken zu sprühen.
    Schweigend wärmten wir die Hände an der größer werdenden Flamme. Dann, nach einiger Zeit, schauten wir einanderan. Ich nickte zustimmend, Lleu ebenfalls. Um uns leuchtete die Hütte im Feuerschein, während orange Wellen über die Wände
     fluteten. Und wir spürten beide eine neue Wärme.
    Schließlich krochen wir zurück auf unsere Plätze am Boden. Während er sich auf dem Lehm ausstreckte, tat ich das Gleiche.
     Eine Zeit lang betrachtete ich die neue Rauchsäule. Weil die Luft noch kalt war, griff ich nach dem Schal neben mir. Als ich
     die dicke Wolle berührte, kam mir eine Idee.
    Ich setzte mich auf und beugte mich über Lleu. Er beobachtete mich unsicher. Im Feuerschein sah ich das getrocknete Blut im
     Haar um das verletzte Ohr. Freundlich hielt ich ihm den Schal hin, ich wusste, dass Cairpré genauso erfreut sein würde wie
     ich, wenn der Junge ihn trug.
    Er zögerte einen Moment. Schließlich nahm er den Schal, auf seinem Gesicht zeigte sich die Andeutung eines weiteren scheuen
     Lächelns. Dann tat er etwas, das ich nicht erwartet hatte. Statt sich den Schal um den Hals oder über die Brust zu legen,
     wickelte er sich ihn um die Füße und bedeckte damit die nackten Zehen.
    Mit einem letzten Dankesnicken rollte er sich zusammen. Bald darauf schlief er ein. Und ich auch.

TEIL ZWEI
    X
AUFWECKEN
    A ls das erste graue Licht den Himmel berührte und die Nacht eher verdünnte als ausradierte, brachen Rhia und ich auf. Wir passierten
     die krummen Posten des Dorftors und unser Atem stieg wie der unserer Pferde als eisige Wolken in die Nachtluft. Die Kälte
     schlug mir ins Gesicht und betäubte meine Glieder; meine Finger fühlten sich so steif und leblos an wie der Boden. Inzwischen
     drängten sich die Sorgen in meinem Kopf. Nur wenn ich an Lleu dachte und an das Feuer, das wir gemeinsam angezündet hatten,
     lächelte ich insgeheim.
    Rhia schien wie ich in Gedanken verloren. Sie hatte sich in Mutters Jacke gehüllt und saß rittlings auf der Stute Coella,
     die aufmerksam die Ohren spitzte. Ich ritt inzwischen Ionn und horchte, wie seine Hufe auf den Boden schlugen und die Eisplatten
     spalteten, aus denen vielleicht später am Tag Pfützen wurden. Ich schaute zu Rhia hinüber und war froh, dass sie die Jacke
     anbehalten wollte. Im schwachen Morgengrauen leuchteten daran die gelben Töne der Sternblumen. Und die grünen Augen von Scullyrumpus,
     der sich tief in die Falten verkrochen hatte.
    Während wir durch ein kleines Gehölz aus Eiche, Esche und Weißdorn ritten, ging die Sonne auf und berührte die Wipfel der
     kahlen Bäume mit goldenen Strahlen. Rhia wandte mir das Gesicht zu, es war ungewohnt streng. Ich sah, dass ihr das Zuhause
     im Drumawald fehlte, wo derWinter das Land so zaghaft

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