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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Aber warum Waisen?«
    Ich schaute hinüber zu Lleu, zu einem Ball zusammengerollt, dessen Kopf auf einem dicken Mooskissen lag. Oranges Licht beschien
     sein Gesicht und die zerrissene Tunika. »Vielleicht . . . Rhia, ich hab’s! Als Lleu uns von diesen rennenden Kindern erzählte,
     die vor irgendwas flohen, nannte er sie nicht Waisen. Erinnerst du dich? Er nannte sie
Kinder

    Sie starrte mich verständnislos an.
    »Und als uns der Alte erzählte, wen der Krieger bedrohte, sagte er, noch mehr Kinder würden sterben. Nicht Waisen   – Kinder.«
    Rhia griff sich verwirrt in die Locken. »Worauf willst du hinaus?«
    Ich beugte mich näher und packte ihr Bein. »Verstehst du nicht? Waisen sind wirklich nur Kinder. Aber unbeschützte Kinder!
     Die man am leichtesten fangen kann. Oder verletzen.«
    Sie riss die Augen auf. »Du glaubst also, Schwertarm ist eigentlich hinter allen Kindern her, die er finden kann?«
    »Ja! Und wenn er nicht bald bekommt, was er will – die Möglichkeit, mit mir zu kämpfen   –, wird er seine Angriffe ausweiten. Er wird aufhören zu verstümmeln und sofort töten. Er wird jedes Kind zur Strecke bringen,
     das er bekommen kann.«
    »Aber warum, Merlin? Es macht keinen Sinn.«
    Ich wollte antworten, da drehte sich Lleu im Schlaf herum und wimmerte schmerzlich. Im flackernden Licht des Feuerballs sah
     sein verletztes Ohr grotesk aus, ein Klumpengeschwärztes Gewebe. Ich erinnerte mich, wie er mir tapfer gesagt hatte, er könne immer noch gut hören, das Schlimmste seien
     seine Träume. Er war viel zu jung, um solche Gräuel zu kennen!
    Während ich ihn beobachtete, wimmerte er wieder, diesmal schriller, wie ein gefangenes Tier. Ich schauderte, doch ich wusste,
     sein Schicksal hätte schlimmer sein können: das Schicksal von Ellyrianna. Oder anderen, die noch folgen würden.
    Ich ballte die Hände zu Fäusten, wandte mich wieder an Rhia und erklärte: »Ich habe eine Entscheidung getroffen.«
    »Du wirst . . . ihm gegenübertreten?«
    »Ich werde tun, was nötig ist, um die Kinder dieses Landes zu retten!«
    »Warte.« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Was ist mit der längsten Nacht? Mit allem, was du tun musst, um Rhita Gawr abzuwehren?«
    Ich packte den Griff meines Schwerts. »Ich muss zuerst diesem Mörder das Handwerk legen.«
    »Das ist verrückt, Merlin! So schlimm er auch ist, er ist nicht annähernd so schlimm wie Rhita Gawr! Einer tötet Kinder, ja.
     Aber der andere wird alles zerstören – jedes Geschöpf, das auf dieser Insel lebt. Da gibt es keinen Vergleich!«
    Sie nahm den Feuerball in die Hand und hob ihn an mein Gesicht. Ich konnte die Wärme an Hals und Kinn spüren. »Schau mich
     an«, befahl sie und sah mir scharf in die Augen. »Sag mir jetzt die Wahrheit. Warum willst du das tun? Nur weil du so viel
     für diese armen Waisen empfindest?«
    »Es geht um viel mehr als das!« Ich legte meine Hand auf die Kugel und schob sie zur Seite. Strahlen orangen Lichts schlüpften
     durch meine Finger, streiften unsere Gesichterund die gekerbte Rinde des Baums. »Es sind Kinder, Rhia. Sie leiden und sterben hier, gerade jetzt. Und der Wert jeden Kindes
     ist unermesslich – größer als jeder Edelstein, jeder Schatz. Jedes Kind könnte ein Dichter sein, ein Heiler . . . oder ein
     Zauberer.«
    Rhia schluckte. »Ich weiß, Merlin. Aber ich rede davon, unsere Heimat für immer zu verlieren.«
    »Ich auch!« Meine Stimme wurde tiefer und meine Worte hallten in der Nachtluft wider. »Wenn dieser Krieger Erfolg hat, könnte
     er Fincayra tief verletzen. Im Herzen.«
    Ich ließ den Feuerball los und griff nach ihrer Hand. »Wer die Kinder eines Landes ruiniert, ruiniert seine Zukunft. Was bedeutet
     es schon, am Steinkreis zu siegen, Rhita Gawr und sein Heer zurückzuwerfen – wenn so viele Kinder verstümmelt und getötet
     worden sind, dass unsere Zukunft für immer vergiftet ist? Wenn jeder Tag so quälend ist wie die Träume des kleinen Lleu?«
    Rhia schaute mich eine Zeit lang an, dann nickte sie grimmig. »Wenn man genug Kinder zerstört . . . ist es, als würde man
     einem Wald den Samen rauben.«
    »Stimmt. Deshalb muss ich dem Schwertarm nach. Ihm ein Ende machen. Und bestimmt kann ich es so rechtzeitig tun, dass ich
     in der längsten Nacht am Steinkreis bin.«
    »Aber wer wird den Alarm verbreiten?«, fragte sie. »Wer wird die Bewohner von Fincayra zusammenrufen?«
    Schweigend sah ich sie an.
    Sie fuhr zusammen. »Nein, Merlin. Du glaubst doch nicht . .

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