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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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jemandem kämpfen? Egal. Ich würde diesen Krieger finden, diesen Kindermörder,
     wo immer er war. Und seinen brutalen Anschlägen ein Ende machen. Für immer.
    Als ich einen knorrigen Apfelbaum sah, so alt, dass mehrereseiner schneebedeckten Äste bis zum Boden hingen, beschloss ich einen Augenblick Deckung vor dem Wind zu suchen. Beim Näherkommen
     bemerkte ich einen kleinen rostroten Fleck auf einem höheren Zweig – ein Apfel, verschrumpelt und trocken, aber möglicherweise
     essbar. Ich zwängte mich unter die Zweige, schlug ihn mit meinem Stock herunter, setzte mich und biss ein Stückchen ab.
    Er war hart und von Würmern durchbohrt. Aber ein herber Apfelgeschmack entfaltete sich in meinem Mund und erinnerte mich an
     den duftenden Frühling, der jetzt so weit entfernt schien. Apfelblüten, neue grüne Blätter, frischer blauer Enzian, winzige
     Erdbeeren voller Süßigkeit . . . wie lange war das her? Ich saß mit gekreuzten Beinen da, kaute an der Frucht und überlegte,
     ob der Frühling je wieder in diese Landschaft käme.
    Jetzt füllte sich die Welt mit Schnee. Als ich den kärglichen Apfel verzehrt hatte, warf ich das Kerngehäuse weg. Es landete
     auf dem Kopf meines Schattens, der durch die Schatten der verschlungenen Zweige auf dem Boden kaum sichtbar war. Leicht beleidigt
     wie stets raffte er sich auf und warf das Kerngehäuse zurück, wobei er knapp meine Nase verfehlte.
    »Oh, benimm dich!«, schalt ich. »Meine Nase ist zwar groß, aber kein Ziel.«
    Der Schatten stemmte die Hände auf die Hüften und bewegte den Kopf hin und her, als würde er mich ebenfalls ausschimpfen.
    »Na gut, ich bitte um Entschuldigung.« Ich schüttelte den Kopf. »Irgendwie frage ich mich allerdings, wie ich dich ertrage!
     Wirklich. Du kannst so reizbar sein wie, nun, wie . . .« Ich hielt inne und grinste schuldbewusst. »Wie ich.«
    Während der Schatten sich vor verständlichem Vergnügen bog, griff ich nach meinem Lederbeutel und holte die Flügelfeder von
     Verdruss heraus. Langsam drehte ich sie zwischen Daumen und Zeigefinger und versuchte mir vorzustellen, wie sein Leben in
     der Anderswelt der Geister war. Bestimmt schwebte, stieg und sank er stundenlang in dieser Nebelwelt, wie er es einst so gern
     in dieser Welt getan hatte. Ob er an Dagdas Seite dahinflog oder dorthin, wohin ihn die Winde zufällig trugen? Und wen schrie
     er bei seinen regelmäßigen Anfällen von Zorn oder Leidenschaft an, jetzt, wo ich nicht mehr an seiner Seite war?
    Kerbel und Knochen, wie er mir fehlte.
    Wehmütig legte ich die Feder zurück in den Beutel. Dann duckte ich mich unter die Zweige und trat trotz des heulenden Windes
     hinaus in den Schnee. Dankbarer als je für die Jacke meiner Mutter kämpfte ich mich durch eine wachsende Verwehung. Einen
     kurzen Augenblick blieb ich stehen und schaute zurück zum Baum, den jemand vor langer Zeit gepflanzt haben musste. Das war
     ein Werk des Glaubens gewesen: an die Zukunft, an die Kinder, die eines Tages die Früchte ernten würden. Grimmig schob ich
     meinen Stock unter den Gürtel und zog los.
    Ich schob die Hände in die Achselhöhlen, um sie zu wärmen, und stapfte durch den steigenden Schnee. Am besten würde ich das
     Dorf finden, wenn ich auf irgendwelche Anzeichen von Wasser achtete – einen Bach, einen kleinen See oder einen Arm des unaufhörlichen
     Flusses. Es war nicht einfach, die Stellung der Sonne hinter den Wolken zu erraten, aber ich tat mein Bestes, um mich nach
     Norden zu orientieren. Sonst könnte ich in diesem Wirbelsturm den Rest des Tages leicht damit verbringen, in Kreisen zu gehen.
    Schnee bedeckte mein Haar und rutschte mir im Nackenin die Tunika, aber ich achtete nicht darauf. Jetzt kam es darauf an, Schwertarm zu finden. Nach kurzer Zeit waren meine Zehen
     steif und gefühllos vor Kälte. Dünne Eiszapfen baumelten vom Haar über die Ohren. Immer noch wanderte ich weiter.
    Plötzlich trat ich in ein hüfttiefes Loch. Mit dem Gesicht voran stürzte ich und hatte den Mund voller Schnee. Ich schlug
     mit den Armen um mich, damit ich herauskam, und bemerkte plötzlich eine schwache Vertiefung am Rande des tieferen Schnees.
     Ein Bach! Ich war ahnungslos direkt vom Ufer heruntergetreten.
    Ich stieg wieder hinauf, wischte mir den Schnee vom Gesicht und folgte dem Bach. Nach einer Weile wurde er merklich breiter,
     so dass der Schnee nicht mehr den ganzen Wasserweg füllte. Zugleich ließ der Sturm nach. Die Flocken wurden spärlicher und
     der Wind blies

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